Der Zeppelin Konzern feiert in diesen Tagen seinen 70. Geburtstag. Aber auch für Sie gibt es etwas zu Feiern: Sie sind seit zehn Jahren Vorsitzender der Geschäftsführung und seit 20 Jahren im Konzern. Wie haben Sie Ihre Zeit bei der Zeppelin GmbH erlebt?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich vor zwanzig Jahren als kaufmännischer Leiter der Silo- und Apparatetechnik nach Friedrichshafen gekommen bin. Kaum war ich da, wurde klar, dass wir einen zweistelligen Millionenverlust machen würden. Das hatte ich mir natürlich anders vorgestellt, es war ein echter Alptraum. Wenig später wurde ich zum Geschäftsführer und ich habe diese Verantwortung an- und übernommen, das war eine spannende Zeit. Wir bauten dann das Unternehmen um und wurden von einem Silo Lieferanten zu einem integrierten Anlagenbauer. Ich hatte viel Glück und eine gute Mannschaft – so fing das alles im Jahr 2000 an. 2010 trat ich dann die Nachfolge von Ernst Susanek als Vorsitzender der Geschäftsführung des Zeppelin Konzerns an. Seitdem habe ich das Privileg, die Zeppelin GmbH führen zu dürfen. Wichtig war für mich, den Konzern neu aufzustellen. Damals gab es den Handels- und den Industriebereich – daraus wurden fünf Strategische Geschäftseinheiten mit eigenen Geschäftsmodellen, die wir dann jeweils weiterentwickelt haben.

Peter Gerstmann im Jahr 2014.
Peter Gerstmann im Jahr 2014. | Bild: SK-Archiv

Was war Ihnen damals besonders wichtig?

Wichtig war mir, dass wir die Unternehmenskultur noch einmal deutlicher definieren. So sind unsere „Grafensätze“ entstanden, die auf historischen Begebenheiten des Konzerns beruhen. Einer lautet zum Beispiel: „Grafen scheitern erfolgreich“ und beschreibt die Fehlerkultur und den Innovationswillen, basierend auf dem Unglück des Luftschiffes LZ4 1908 in Echterdingen. Wichtig war es mir auch, die Organisation zu ändern und den Zeppelin Konzern auf eine neue Basis zu stellen. Den Erfolg kann man heute sehen. Damals, 2009, hatten wir 1,7 Milliarden Euro Umsatz im Konzern. Heute, also im Geschäftsjahr 2019, konnten wir 3,1 Milliarden Umsatz verbuchen.

Zeppelin Baumaschinen für den Bergbau.
Zeppelin Baumaschinen für den Bergbau. | Bild: Oleg Frolov

Ihre Bilanz der letzten zehn Jahre fällt also gut aus?

Der Konzern bietet so viele Möglichkeiten der Diversifikation. Ich konnte eine Firma gestalten, das war und ist eine spannende und sehr schöne Aufgabe.

Warum war die Neuordnung in Strategische Geschäftseinheiten überhaupt so wichtig?

Es ging damals darum, den verschiedenen Geschäftsmodellen, die es ja schon gab, eine Entwicklungsmöglichkeit zu geben. Ein schönes Beispiel ist der Rental Bereich, der heute sehr erfolgreich ist. Damals war das eher ein Vertriebskanal der Baumaschinen. Wir stellten den Kunden vordergründig die Frage, ob sie eine Maschine kaufen oder mieten wollen. Das haben wir nach und nach weiterentwickelt hin zu der Frage, welche temporären Lösungen auf einer Baustelle benötigt werden. Und damit hatten wir ein erweitertes Geschäftsmodell entwickelt. So haben wir das nach und nach mit allen Bereichen gemacht, indem wir überlegt haben, wie wir die vorhandenen Stärken weiterentwickeln und von den anderen entkoppeln können. Ein anderes Beispiel dafür ist der Bereich Power Systems. Früher war der eher eine Komponentenabteilung in der Baumaschinenorganisation, heute bieten wir vollständige Antriebs- und Energielösungen vom Kraftwerk bis zum Schiffsantrieb an.

Warum gibt es unterschiedliche Geschäftseinheiten für Baumaschinen in Russland und in Westeuropa?

Diese Frage wird mir immer wieder gestellt. Das sind ganz andere Märkte mit anderen Ansprüchen. Die russische Seele tickt einfach ganz anders, als die mitteleuropäische. In Russland verkaufen wir riesige Maschinen wie Muldenkipper oder Minengeräte – da kostet allein eine Achse so viel wie hier ein 20-Tonnen-Bagger. Solche Maschinen würden wir hier niemals verkaufen. In Mitteleuropa haben wir dagegen andere Anforderungen an Ersatzteilverfügbarkeit und technische Ausrüstung der Maschinen. Deswegen brauchen wir eine an den Markt angepasste Strategie und auch andere Menschen, um in den jeweiligen Märkten erfolgreich zu sein.

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Eine große Erfolgsgeschichte ist die Zusammenarbeit mit Caterpillar. Wie kam diese Partnerschaft zustande und warum ist sie für die Zeppelin GmbH so wichtig?

Die Partnerschaft mit Caterpillar entstand aus einem glücklichen Zufall. Nach dem Krieg brauchte niemand mehr die Luftschiffe, daher wurde 1950 das Metallwerk Friedrichshafen gegründet, in welchem die technische Expertise der Zeppelin Mitarbeiter zur Metallbearbeitung und für Maschineninstandhaltung gebündelt wurde. Bei einem Messeauftritt in Genf traf man auf eine Gruppe amerikanischer Manager, die für ihr Unternehmen Caterpillar einen Vertriebs- und Servicepartner suchten.

1950 gründete sich die Metallwerk Friedrichshafen GmbH, die später zur Zeppelin GmbH wurde. Hier bei einem Messeauftritt.
1950 gründete sich die Metallwerk Friedrichshafen GmbH, die später zur Zeppelin GmbH wurde. Hier bei einem Messeauftritt. | Bild: Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH“

In Friedrichshafen waren die Verantwortlichen damals sehr skeptisch, keiner wollte das hier so richtig haben, deswegen ging dieser Unternehmensteil zunächst nach Worms und später nach München. Das Geschäft ist dann in den Nachkriegsjahren in Deutschland sehr schnell gewachsen, es gab eben viel wieder aufzubauen. Nach und nach kamen neue Territorien dazu, heute sind wir einer der erfolgreichsten und größten Partner von Caterpillar weltweit.

Caterpillar Radlader 944, 1959
Caterpillar Radlader 944, 1959 | Bild: Zeppelin Group

Es gibt eine schöne Anekdote rund um den BER – die Dauerbaustelle am Berliner Flughafen. Soviel ich weiß, gibt es da ein ganz einträgliches Geschäft mit Bauzäunen, die von Zeppelin Rental dort vermietet werden?

Ja, unser Bauzaun steht da nun schon seit 14 Jahren – keiner hat jemals geahnt, dass er da so lange stehen würde. Der Bauzaun ist zwar nicht der große Umsatzbringer, aber ein erster Schritt in unserem Lösungsspektrum für den Kunden.

Am Berliner Flughafen BER stehen schon seit nunmehr 14 Jahren Bauzäune der Zeppelin GmbH.
Am Berliner Flughafen BER stehen schon seit nunmehr 14 Jahren Bauzäune der Zeppelin GmbH. | Bild: Mommsen, Kerstin

So ist dieser Bauzaun am Flughafen Berlin BER ein Synonym für ein gut funktionierendes Geschäftsmodell im Rahmen unseres Slogans „Wir schaffen Lösungen“ oder „We Create Solutions“. Und das heißt: Welche Lösung brauchst du auf der Baustelle? Und Zeppelin bietet alles, was dazu gehört: Maschinen, Bauzäune, Beschilderung, Logistik und vieles mehr. Das bieten wir aus einer Hand an. Das zeigt, wie ein Geschäftsmodell entstehen und erfolgreich sein kann.

Bei einem Besuch zeigte Zeppelin-Chef Peter Gerstmann dem Häfler Gemeinderat 2012 die Zäune am BER. Sie stehen noch immer da.
Bei einem Besuch zeigte Zeppelin-Chef Peter Gerstmann dem Häfler Gemeinderat 2012 die Zäune am BER. Sie stehen noch immer da. | Bild: Mommsen, Kerstin

Die Zeppelin GmbH ist ein Stiftungsbetrieb – was sind die Vorteile?

Ich genieße das sehr. Ich habe in meiner Karriere schon alles erlebt: Ich war in einem börsennotierten Unternehmen, ich war in familiengeführten Unternehmen. Stiftungsunternehmen sind für mich wie gut geführte Familienunternehmen. Einerseits impliziert ein Stiftungsunternehmen nachhaltiges und zukunftsorientiertes Handeln nach dem Ewigkeitsprinzip. Gerade hier müssen wir nicht kurzfristig Gewinne und Erträge vorzeigen, wie das bei einem börsennotierten Unternehmen der Fall ist. Auf der anderen Seite hat es den Vorteil, dass es keine Familienstreitigkeiten gibt, die das Unternehmen gefährden könnten. Es gibt eine klare Governance-Struktur. Und das ist der Vorteil. Das gibt mir ganz andere Handlungsmöglichkeiten.

Schmerzt denn die Dividendenzahlung?

Wir zahlen 18 Prozent vom Nachsteuerergebnis an die Zeppelin-Stiftung. Es gibt nicht viele Gesellschafter, die sich bei einer Ertragsstruktur wie der der Zeppelin GmbH mit einer solchen Dividende zufrieden geben würden. 82 Prozent der Erträge verbleiben im Unternehmen und ermöglichen es uns, das Geschäft weiterzuentwickeln, das ist klasse.

Wie ist der Zeppelin-Konzern durch die Corona-Krise gekommen?

Zeppelin ist natürlich von der Corona-Krise betroffen, in manchen Bereichen auch maximal betroffen. Natürlich hatten wir auch Kurzarbeit. Aber unsere Devise lautete ganz klar: „Jeder Cent Umsatz ist besser als ein gesparter Cent aus der Kurzarbeit.“ Insgesamt ist die Bauindustrie weniger betroffen. Zwar werden weniger Baumaschinen gekauft, aber der Service geht weiter. Und auch die Baustellen laufen, was unserem Vermietgeschäft zu Gute kommt. Der Anlagenbau ist dagegen von der Corona-Krise eher betroffen, weil die Pandemie weltweit zu einer Investitionszurückhaltung geführt hat. Auch der Bereich Power Systems kämpft damit, dass beispielsweise die Kreuzfahrtschiffe nicht fahren – da verkaufen wir nichts und können auch keinen Service anbieten. Insgesamt werden wir es aber schaffen, ungefähr das gleiche Umsatzniveau vom letzten Jahr zu erreichen. Wir werden natürlich einen Einbruch haben, aber mit einem vernünftigen Ergebnis.

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Gewähren Sie uns einen Blick in die Zukunft?

Wir werden sicher in den nächsten drei bis fünf Jahren noch mit der Corona-Krise zu tun haben. Unser Branchenumfeld wird sich weiter abschwächen, weil die Kommunen weniger bauen werden. Der Bund wird dagegen eher investieren. Aber auch der Bereich Industrie- und Wohnungsbau wird zurückgehen. Erst in fünf Jahren werden wir wieder auf dem Niveau von vor der Krise sein. Aber dann können wir wieder durchstarten.

Ein kurzer Rundgang durch die Geschichte des Unternehmens:

  • 1908: Ferdinand Graf von Zeppelin gründet die Luftschiffbau Zeppelin GmbH und die Zeppelin Stiftung – nach dem Krieg entstehen daraus verschiedene Unternehmen, unter anderem die Zahnrad Fabrik (heutige ZF Friedrichshafen AG), die Maybach Motorenbau (heute MTU).
  • 22. Juli 1950: Gründung der Metallwerke Friedrichshafen GmbH durch die Zeppelin Stiftung
Metallwerk Friedrichshafen GmbH (heute Zeppelin GmbH)
Metallwerk Friedrichshafen GmbH (heute Zeppelin GmbH) | Bild: Zeppelin-Archiv
  • 1954: Zeppelin wird Caterpillar Händler in Westdeutschland
Neue Caterpillar Baumaschinen in den 1950er Jahren im Bremer Hafen: Grader 112, Scraper DW 21, Kettendozer D8
Neue Caterpillar Baumaschinen in den 1950er Jahren im Bremer Hafen: Grader 112, Scraper DW 21, Kettendozer D8 | Bild: Zeppelin GmbH
  • 1961: Umbenennung in Zeppelin-Metallwerke GmbH
  • 1989: Gründung Zeppelin Systemtechnik GmbH
  • 1990: Zeppelin wird Caterpillar Händler in den neuen Bundesländern, die Zeppelin Systems Benelux werden gegründet und Zeppelin übernimmt AVT Anlagen- und Verfahrenstechnik
Unterzeichnung des Händlervertrages für Ostdeutschland zwischen Caterpillar Inc. und Zeppelin-Metallwerke GmbH, 1990: (von links nach ...
Unterzeichnung des Händlervertrages für Ostdeutschland zwischen Caterpillar Inc. und Zeppelin-Metallwerke GmbH, 1990: (von links nach rechts) Vice President Caterpillar Inc. Vito H. Baumgartner, Geschäftsführer Heinrich Kollmann, Geschäftsführer Ernst Susanek, Robert C. Petterson von Cat. | Bild: Zeppelin Gmbh
  • 1995: Strukturierung des Zeppelin Konzerns in eine Holding und gleichzeitige Umbenennung des Unternehmens in Zeppelin GmbH
  • 1996: Zeppelin wird Caterpillar Händler in der Ukraine
  • 1998: Zeppelin wird Caterpillar Händler in Nordwest-Russland
  • 2001: Zeppelin wird Caterpillar Händler in Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan
Zeppelin-Baumaschinen, hier der CIS_CAT Muldenkipper 789D.
Zeppelin-Baumaschinen, hier der CIS_CAT Muldenkipper 789D. | Bild: Zeppelin
  • 2002: Zeppelin wird Caterpillar Händler in Südwest-Russland, erwirbt MaK Deutschland und übernimmt den Vertrieb und Service von MaK Schiffsmotoren
  • 2003: Übernahme Vermietaktivitäten der MVS AG und Gründung MVS Zeppelin GmbH & Co. KG
  • 2007: Motoren-Aktivitäten der Zeppelin Baumaschinen GmbH und MaK Deutschland wird zu Zeppelin Power Systems GmbH zusammengeführt, Übernahme des FAT Filtertechnik in den Anlagenbau
  • 2010: Zeppelin gliedert seine operativen Bereiche in fünf Strategische Geschäftseinheiten (SGE): Baumaschinen EU, Baumaschinen CIS, Rental, Power Systems und Anlagenbau
Eröffnung der neuen Zeppelin-Niederlassung in St. Petersburg
Eröffnung der neuen Zeppelin-Niederlassung in St. Petersburg | Bild: Mommsen, Kerstin
  • 2013: Zeppelin übernimmt in allen Cat-Vertriebsgebieten den Vertrieb und Service von Bergbaumaschinen von Caterpillar Global Mining LLC
  • 2014: Gründung klickrent GmbH
  • 2016: Gründung SGE Z Lab
  • 2018: Gründung klickparts
  • 2019: Zeppelin wird Caterpillar Händler in Schweden, Dänemark, Grönland u. Färöer Inseln
  • 2020: Zeppelin erweitert seine bestehenden Strategischen Geschäftseinheiten um die SGE „Baumaschinen Nordics“ und gründet das Strategische Management Center Zeppelin Digit.