Man merkte es Oberbürgermeister Simon Blümcke an: Am Tag 114 seit Amtsantritt fiel ihm am Montagabend ein Stein vom Herzen: Der Doppelhaushalt 2025 und 2026 ist beschlossen bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. Dass das Regierungspräsidium noch interveniert, erwartet niemand. Wie schwer der Prozess allen Beteiligten fiel, zeigte sich in den Haushaltsreden und Blümckes Schlussplädoyer vor der Abstimmung: „Wir müssen enttäuschen. Wir muten zu. Pflicht vor Kür. Handlungsfähigkeit: Es ist einer der schwierigsten Haushalte in der jüngeren Geschichte dieser Stadt.“
70 Millionen Euro Investitionen
Mit dem Beschluss herrscht nun die oft zitierte Klarheit und Wahrheit – und Handlungsfähigkeit. „Jeden Tag ohne genehmigten Haushalt macht diese Verwaltung ganz genau nichts.“ Jetzt gehe es darum, ins Tun zu kommen. „Wir investieren immer noch 70 Millionen Euro.“ Man schicke jetzt etwa 700 Millionen Euro im Stadt- und Stiftungshaushalt auf die Reise: „Das ist noch nicht nichts!“
Dank für Solidarität
Der Oberbürgermeister dankte den Räten für einen konstruktiven Weg und versprach: Die Strategie werde jetzt folgen, man müsse sich über Ziele im Klaren sein. Bislang habe man sortiert nach Pflichtaufgaben. „Wir haben hier noch eine Aufgabe vor uns.“ Einen besonderen Dank richtet Blümcke an die Ortschaftsräte und Ortsvorsteher für ihr solidarisches Verhalten. Verschobene Projekte wie die Bahnunterführung Fischbach und Neubau der Rotachhalle in Ailingen schmerzen.
Schmerzen an unterschiedlichen Stellen
Vor der Abstimmung ordneten Sprecher der Fraktionen den Doppelhaushalt ein, auch Emre Yilmaz, Vorsitzender des Jugendparlaments, meldet sich zu Wort. Der Tenor: Alle sehen den Zwang zum Sparen und die Erfordernisse, die Einnahmen zu steigern – wenngleich die Schmerzen an unterschiedlichen Bereichen zutage treten. Stichworte Kulturhaus Caserne, Klimaschutz, Transferleistungen für Zeppelin-Universität oder Parkgebühren.

Die wohl größte Einigkeit herrscht in dem Bedauern, die Kita-Gebühren nach oben schrauben zu müssen, um die Belastungen des Stiftungshaushalts zu reduzieren. Wie das bei den Eltern ankommt, haben die hitzigen Diskussionen der vergangenen Wochen und die Demonstration vor dem Rathaus kurz vor der Abstimmung gezeigt. Für Betroffene heißt es, dass sie ab September zum Teil mehrere Hundert Euro mehr im Monat für die Betreuung aufbringen müssen. Da mag es nur als schwacher Trost erscheinen, dass selbst nach den Erhöhungsrunden die Häfler Gebühren unter den Sätzen der umliegenden Gemeinden liegen werden.
Nach Blümckes Finale stimmten am Ende stimmten sogar die Fraktionen von Netzwerk und Grüne zu, die zuvor Enthaltungen angekündigt hatten, dies aber nicht als Ablehnung interpretiert haben wollten. „Wir tun gut daran, Enthaltung nicht zur neuen Form des elaborierten politischen Widerspruchs zu machen“, so Blümcke. „Wir müssen am Ende liefern.“
Oberstes Ziel: Handlungsfähigkeit
Nichts sei einfach weggewischt worden. „Mir ist es wichtig, dass wir mit Argumenten miteinander umgehen“, griff er nochmal den teils schmerzlichen Diskurs auf und das Ringen um Lösungen. „Ich habe keine Lust, hier den Mini-Erdoğan zu machen oder andere autokratische Vorbilder zu bemühen. Wir machen‘s, weil wir in einer Krise sind und handlungsfähig bleiben müssen.“
Die Haushaltspläne von Stadt und Zeppelin-Stiftung sind auf der städtischen Website unter www.haushalt.friedrichshafen.de verlinkt. Sobald das Regierungspräsidium Tübingen diese genehmigt hat, erfolgt eine öffentliche Bekanntmachung und Auslegung durch die Stadt. Weitere Informationen und alle Vorlagen zu den aktuellen öffentlichen Sitzungen des Gemeinderates und der Ausschüsse sind unter www.sitzungsdienst.friedrichshafen.de zu finden.