Die neue Bundesstraße wird in wenigen Tagen zumindest teilweise für den Verkehr geöffnet. Seit vier Jahren wird die Trasse nun gebaut. Und schon bevor der Verkehr rollt, haben sich Sprayer die vielen nagelneuen grauen Betonflächen vorgenommen. Mal mit schönen, mal eher unverständlichen „Kunstwerken“. Ist das nun verachtenswürdige Schmiererei und Sachbeschädigung? Oder Kunst? Dieses Urteil überlassen wir Ihnen.
Auf diesem Graffiti heißt es – wohl in Bezug auf die derzeit hochsommerlichen Temperaturen: „In love with the Iceman“ – verliebt in den Eismann...
Große Flächen sind beliebt
Besonders beliebt bei den Sprayern sind offenbar gerade große Flächen, um dort großformatige Wandgemälde zu gestalten. Unter den Brücken auf der B 31-neu herrschen geradezu ideale Bedingungen für phantasievolle Graffiti-Kunst, die allerdings eine Sachbeschädigung und auch strafbar ist.
Deges spricht von Vandalismus
Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), die für den Bau der Straß verantwortlich ist, ist über die Schmierereien an der B 31-neu nur wenig erfreut. „Das ist ein Problem und die Graffitis sind leider kein Einzelfall – es kommt immer wieder vor, dass neue Brücken, Lärmschutzwände und anderes vor der Inbetriebnahme der Straße beschmiert werden“, schreibt Michael Zarth, Leiter der Deges-Kommunikation auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Reinigung macht wenig Sinn
Theoretisch habe der Auftraggeber, in diesem Falle das Land Baden-Württemberg, den Anspruch, die Strecke und die Bauwerke mängelfrei von der Deges zu übernehmen. Die Beseitigung der Graffitis sei aber wenig sinnvoll. „Es ist eine leidige, aber valide Erfahrung, dass oft wenige Tage nach der Entfernung an der gleichen Stelle neue und in der Regel größere Graffiti vorhanden sind. Außerdem ist die Reinigung dem Zustand der Oberflächen, vor allem bei Lärmschutzwänden, nicht zuträglich. Daher wird in manchen Fällen auf die Entfernung vor Übergabe verzichtet“, erklärt Michael Zarth.
Auch politische Botschaften hinterlassen die Sprayer
Manche der Sprayer hinterlassen an der neuen Bundesstraße auch politische Botschaften. „Friedrichshafen ist echt tot, da hätte ich gerne Hausverbot“, steht etwa an einer Betonmauer.
Bei einem anderen Slogan, der allerdings nicht korrekt geschrieben ist, geht es um die miserablen Zustände in den griechischen Flüchtlingscamps in Zeiten von Corona. Der Hashtag #Leavenoonebehind steht für eine Bewegung, die jene unterstützen will, die von der Pandemie besonders schwer betroffen sind. „FCK NZS“ steht für „Fuck Nazis“ – eine wiederkehrende Parole der Sprayer-Szene.
Aber nicht nur glatte Betonflächen haben offenbar den Reiz des Illegalen. Dieses Strichmännchen hat an einem Laternenmast ein Plätzchen gefunden.
Schmierereien sind schwer zu entfernen
Manches Mal ist schlecht zu entziffern, was die Malerei genau zu bedeuten hat und gleicht eher einer Schmiererei, denn einer künstlerischen Botschaft.
An manchen Stellen wirken die Graffiti-Gemälde aber auch wie von den Straßenplanern selbst beauftragt: Hellblaue Farbtupfer werten das eintönige Grau des Betons doch ein wenig auf.
Fakt ist, dass sich Autofahrer auf der B 31-neu nicht langweilen werden, wenn sie ab Mittwoch, 5. August, endlich dort entlang fahren dürfen.
Die Deges bezeichnet die Graffitis hingegen als Vandalismus. „Das schmerzt alle, die an der neuen Strecke und den Bauwerken tätig sind. Es ist nicht schön, wenn das Resultat jahrelanger intensiver Arbeit schon vor Inbetriebnahme verschandelt wird“, so Deges-Sprecher Michael Zarth.