Herr Gruber, Sie sind als letzter Kandidat in den Wahlkampf eingestiegen, haben Ihre Unterlagen erst kurz vor Fristende im Rathaus abgegeben. Warum denken Sie, dass die wenigen Wochen, die ihnen noch an Zeit für den Wahlkampf bleiben, ausreichen, um Oberbürgermeister zu werden?

Honoratioren der Stadt sind an mich herangetreten mit der Bitte, dass ich mich auf das Amt bewerbe, da die Stadt vor Herausforderungen stehe, die kein klassischer Verwalter lösen könne. Es braucht eine unternehmerische Vision für Friedrichshafen, welche die Honoratioren keinem der übrigen Bewerber zutrauen. Ich bin mir sicher, dass die Menschen der Stadt ebenfalls erkennen, dass es Veränderung braucht, das ist möglicherweise die wichtigste Wahl für die Stadt in der Nachkriegszeit.

Was ist denn Ihre Vision?

Meine Vision heißt Hafen32. Ich will für Friedrichshafen in Zusammenarbeit mit den Bürgern ein gemeinsames Zielbild für die kommenden acht Jahre entwickeln, sowie langfristige Strategien, um dahin zu kommen. Um das Zielbild zu entwickeln, müssen wir erkennen, wo die größten Probleme der Stadt liegen.

Wo liegt Ihrer Meinung nach das größte Problem der Stadt?

Die größte Herausforderung für die Stadt aktuell ist sowohl emotional als auch finanziell das Thema Migration. Die Kosten für die Stadt sind immens, durch die hohen Zahlen an Asylbewerbern und Flüchtlingen brauchen wir noch mehr Platz zur Unterbringung – dabei haben wir schon so eine große Wohnungsnot. Als OB will ich sicherstellen, dass Wirtschaftsflüchtlinge, die nur von unserer Sozialhilfe leben wollen, abgeschreckt werden.

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Flüchtlingspolitik ist eigentlich Bund- und Ländersache – was wollen Sie als OB konkret ändern?

Ich will eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge einführen, nach dem Vorbild des CDU-Landrats Christian Herrgott, der das im Saale-Orla-Kreis in Thüringen eingeführt und damit positive Ergebnisse erzielt hat. Ich habe mit Personen aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern in den vergangenen Wochen Gespräche geführt, alle beklagen sich über Personalmangel – den könnten wir mit einer Arbeitspflicht direkt angehen und damit gleichzeitig den emotionalen Druck, den ich in der Bevölkerung spüre, rausnehmen.

Herr Gruber, Sie kommen aus der Wirtschaft, haben ein Softwareunternehmen gegründet und erfolgreich aufgebaut – was denken Sie, wie Ihnen diese Erfahrung als OB helfen könnte?

Ganz einfach: Ich betrachte die Themen aus betriebswirtschaftlicher und unternehmerischer Sicht. Beispielsweise beim Flughafen Friedrichshafen: Ich nehme die Industrieunternehmen der Region in die Pflicht, zum Erhalt des Flughafens beizutragen, indem sie die in den nächsten fünf Jahren entstehenden Kosten von 20 Millionen Euro zahlen. Wenn sie dazu nicht bereit sind, werde ich einen Kreativwettbewerb ausrufen, um alternative Nutzungspläne für den Flughafen zu erstellen, dort könnte beispielsweise dringend benötigter neuer Wohnraum entstehen. Durch einen Bürgerentscheid lasse ich dann ermitteln, was sich die Menschen der Stadt für den Flughafen wünschen.

Und wie soll es mit dem Klinikum weitergehen?

Ich werde dafür sorgen, dass externe und neutrale Fachleute eine Mitarbeiter- und Patientenumfrage durchführen. Beim Klinikum würde es nichts nutzen, ein paar Personen auszutauschen, ich habe den Eindruck, dass der Missstand dort System hat: Ich habe mit Mitarbeitern gesprochen, mir wurden teils desaströse Zustände geschildert. Das komplette Klinikum muss auf den Prüfstand. Auf Grundlage dieser Analysen werde ich dann Maßnahmen herausarbeiten. Ähnlich werde ich bei ZF vorgehen.

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Haben Sie schon Maßnahmen im Kopf, um das Unternehmen ZF aus der Krise zu führen?

Die finanzielle Handlungsfähigkeit zu erhalten und die Sicherung der Stammbelegschaft haben höchste Priorität – deswegen darf sich die Stiftung auch einem Gang an die Börse nicht verschließen. Aber auch bei ZF gilt: Es bedarf einer gründlichen Fehleranalyse, auf Basis derer dann Maßnahmen erarbeitet werden.

Das ZF-Werk 1 in Friedrichshafen. Franz Eduard Gruber sagt: „Die Stiftung darf sich auch einem Gang an die Börse nicht verschließen.“
Das ZF-Werk 1 in Friedrichshafen. Franz Eduard Gruber sagt: „Die Stiftung darf sich auch einem Gang an die Börse nicht verschließen.“ | Bild: Simon Conrads

Wie würden Sie versuchen, die Friedrichshafener Innenstadt zu beleben?

Ich stehe mit vielen Personen, die in der Innenstadt ein Geschäft haben, in Kontakt. Ich möchte durch Zuhören lernen, diese Personen sind seit langer Zeit in der Innenstadt beschäftigt und wissen, woran es fehlt. Ich möchte ein agiles, bürgernahes Team zusammenstellen, dass mit seinen Ideen die Innenstadt wieder attraktiv macht.

Franz Eduard Gruber im Gespräch mit SÜDKURIER-Volontär Marvin Nagel im Buchhorner Pavillon am See.
Franz Eduard Gruber im Gespräch mit SÜDKURIER-Volontär Marvin Nagel im Buchhorner Pavillon am See. | Bild: Nagel, Marvin

Herr Gruber, in den USA tritt Donald Trump wieder zur Präsidentschaftswahl an. Vor acht Jahren, kurz nach dem Wahlsieg Trumps, sagten Sie dem Schweizer Onlinemedium „Schweizer Maschinen Markt„, dass Trump als erfolgreicher Geschäftsmann bewiesen habe, dass er auf rationaler Basis Entscheidungen treffen könne und diesen Fähigkeiten werden auch seine politischen Entscheidungen zugrunde liegen. Wie sehen Sie das heute?

Ich habe eine persönliche Meinung zu Trump und die ist nicht positiv. Aber auch wenn er erratisch wirkt, bei grundlegenden politischen Entscheidungen handelt auch er nach dem Prinzip der Betriebswirtschaft. Unabhängig von Trump habe ich aber durch meine Arbeit in den USA viel von amerikanischer Politik gelernt. Dort werden die Themen zugespitzt – so möchte ich auch als OB arbeiten: Die Dinge auf den Punkt bringen und umsetzen, das unterscheidet mich vom politischen Verwalter. Ich stehe für Veränderung, nicht für Verwaltung.

Zuspitzen müssen Sie auch ihren Wahlkampf, schließlich ist nicht mehr viel Zeit bis zur Wahl am 29. September. Wie gehen Sie vor?

Ich werde an der Musikmuschel jeden Samstag und Sonntag ab 10 Uhr bis 18 Uhr jeweils zur vollen Stunde meine Vision Hafen32 vorstellen und mit Bürgern in den Dialog treten, die Musikmuschel stellt das Kommunikationszentrum für meinen Wahlkampf dar. Unter der Woche werde ich in die Teilorte und ausgewählte Lokale gehen, die Termine werden auf der Hafen32 Website veröffentlicht, dort können sich die Bürger auch über mein Wahlprogramm informieren.