Horst Schauerte weiß, wie man einen Stadtverkehr für Fahrgäste attraktiv macht. Seit Juni 2022 ist der Mobilitätsexperte Chef des Stadtverkehrs in Friedrichshafen. Doch seinen Hauptwohnsitz hat er nach wie vor in Wien. Und die Hauptstadt im Nachbarland Österreich ist eins der Paradebeispiele für einen modernen, gut funktionierenden ÖPNV.
Beispiel Wien zeigt, wie es geht
Alle 80 Sekunden fährt dort in der Hauptverkehrszeit eine U-Bahn, alle fünf oder zehn Minuten in jede Ecke der Stadt eine Straßenbahn. Seit einem Jahr gibt es in ganz Wien außerdem das Parkpickerl. „Seitdem muss ich 175 Euro im Jahr dafür zahlen, dass ich mir einen Parkplatz fürs Auto suchen darf“, sagt Horst Schauerte. Das gelte nur für Autos mit Wiener Kennzeichen. Die anderen müssen ins Parkhaus. Obendrein sind Firmen verpflichtet, für jeden in Wien Beschäftigten pro Woche 2 Euro – die sogenannte U-Bahn-Steuer – an die Stadtkasse zu zahlen. All diese Einnahmen erhalten die Wiener Verkehrsbetriebe, „und die nehmen da richtig viel Geld in die Hand“.

In Friedrichshafen kostet Parken an der Straße 66 Cent die Stunde, ein Ticket für den Stadtbus hin und zurück 5 Euro. „Dafür können Sie mehr als sieben Stunden parken“, wundert sich Horst Schauerte nicht darüber, dass Autofahrer im Zweifel nicht den Bus nehmen. Die Preishoheit hat jedoch der Gemeinderat, nicht der Mobilitätschef beim Stadtwerk, das die Parkhäuser betreibt. „Solange es einfach ist, für Parkplätze Fläche zu versiegeln, aber unglaublich schwierig, über ÖPNV-Tarife zu reden, kommen wir mit der Verkehrswende nicht voran.“ Aber der Preis allein ist es eben nicht. Es brauche mehr Angebot und eine attraktive Reisezeit, verweist Schauerte auf den notwendigen „Dreiklang“.
Ausschreibung für Buskauf läuft
Mehr Angebot? Hier hat der Stadtverkehr mit einem neuen Stadtbus-Konzept ab 2024 Großes vor. Noch läuft die Ausschreibung, wer die Busse ab nächstem Jahr fahren wird. Eines steht fest: Der Regionalverkehr Alb-Bodensee (RAB) wird nicht mehr der einzige Anbieter sein, der die 17 Linien im Stadtgebiet bedient. Heute sind 24 Dieselbusse unterwegs, die inklusive Personal dem Dienstleister RAB gehören.
12 Millionen Euro für neue Stadtbusse
Künftig stellt der Stadtverkehr Friedrichshafen (SVF) selbst die Busse. Für rund 12 Millionen Euro kauft das städtische Unternehmen 38 nagelneue Niederflurbusse. 31 davon kommen perspektivisch ohne Diesel oder Benzin aus, können also auch synthetische Kraftstoffe wie Rapsöl oder E-Fuels tanken. Dazu kommen sieben Elektro-Batteriebusse, die emmissionsfrei unterwegs sind. So steht es in der Ausschreibung auf der Vergabeplattform für öffentliche Aufträge. „Die Busse müssen wir kaufen, um auf die vom Gesetz geforderte Quote an Eigenleistungen zu kommen“, erklärt Horst Schauerte. Ursprünglich war geplant, deshalb einen neuen Betriebshof für die Stadtbusse zu bauen. Das Projekt war jedoch bis Ende 2023 zeitlich nicht sicher umzusetzen.

Ein Drittel mehr Busse als heute im Stadtverkehr werden ab 2024 auch gebraucht, um die Qualität im Angebot zu verbessern. Geplant ist laut Horst Schauerte ein neues Linienkonzept und eine Taktverdichtung. Konkrete Informationen soll es Mitte des Jahres geben.
49-Euro-Ticket gibt‘s schon zu kaufen
Und der Preis? Mit dem 49-Euro-Ticket geht im Mai das Nachfolgeangebot des 9-Euro-Tickets an den Start. Das kann man sich beim Stadtverkehr oder bei der Katamaran-Reederei bereits heute kaufen. „Viele gibt es noch nicht, die das anbieten. In Baden-Württemberg sind wir tatsächlich die Ersten gewesen“, sagt Horst Schauerte. Er hofft, dass sich die Kunden dann hier registrieren, „damit das Geld bei uns bleibt und die Kundendaten“.
Kein Argument für Gelegenheitsfahrer
Allerdings geht er davon aus, dass das Deutschlandticket für den Stadtverkehr kaum eine Alternative ist, weil die Monatskarte für den Stadtbus mit 44,40 Euro immer noch günstiger ist. Eher auf den Pendlerstrecken werden die Menschen seiner Ansicht nach das Deutschlandticket kaufen statt einer regional gültigen Monatskarte. „Den Gelegenheitsfahrer kann ich bei diesem Preis nicht davon überzeugen, das Auto stehen zu lassen und den Bus zu nehmen“, sagt Horst Schauerte.
Wie teuer dürfte das 49-Euro-Ticket seiner Meinung nach sein, um die Verkehrswende zu schaffen? „Der Preiswettbewerb ist immer ruinös“, sagt der Stadtverkehrschef. Noch billiger und noch billiger bringe nichts, wenn die Qualität nicht stimmt. So hat Wien erst das Angebot verbessert und dann das 365-Euro-Ticket eingeführt. „Dort fahren heute 40 Prozent der Menschen mit dem ÖPNV“, sagt er.