Anwohner entlang der Rotach kennen das Problem: Starke Regenfälle, mitunter auch weit im Hinterland, machen aus dem kleinen Flusslauf innerhalb kurzer Zeit einen reißenden Strom, der über die Ufer tritt und Keller, Garagen und Wohnflächen unter Wasser setzt. Nicht umsonst investiert die Stadt zig Millionen in den Rotach-Hochwasserschutz. Dass aber auch etliche Gebäude und Flächen abseits der offensichtlichen Risikobereiche nicht vor Wasserfluten gefeit sind, wird oft vergessen.

Alarm am Weiher-Damm

Die Tage Mitte November 2023 werden die Bewohner in Appenweiler noch gut in Erinnerung haben, als nach starken Regenfällen der Appenweiler Weiher volllief und der Damm zu brechen drohte. Durch den hohen Wasserdruck war ein Teil des Erdwalls samt Betonfassung weggespült worden. Ein Sturzbach ergoss sich in Richtung der tieferliegenden Häuser. Technisches Hilfswerk und Feuerwehr konnten schließlich den Damm abdichten und das Wasser kontrolliert abpumpen.

Ortsgruppen des Technischen Hilfswerks (THW) sind 2023 am Appenweiler Weiher im Einsatz. Der Damm drohte zu brechen.
Ortsgruppen des Technischen Hilfswerks (THW) sind 2023 am Appenweiler Weiher im Einsatz. Der Damm drohte zu brechen. | Bild: Wienrich, Sabine

Die Situation in Appenweiler ist nicht so außergewöhnlich wie es scheint. Insgesamt, so ein Gutachten, befinden sich im Häfler Stadtgebiet mehr als 2500 Gebäude in gefährdeten Bereichen. Experten sprechen von sogenannten Fließpfadzonen: Hier konzentrieren sich bei Starkregen Wassermassen und fließen unkontrolliert ab.

„Viele dieser Gebäude befinden sich in den Ortsteilen, aber auch im Stadtzentrum gibt es neuralgische Punkte“, sagt Erster Bürgermeister Fabian Müller. „Es ist deshalb entscheidend, dass Grundstücksbesitzerinnen und Grundstücksbesitzer selbst aktiv werden.“ Soll heißen: Lieber im Vorfeld genau informieren über mögliche Gefahren.

Gefahren-Karten im Internet

„Demnächst“, so die Ankündigung der Stadt, „werden unter www.friedrichshafen.de/hochwasser die Informationen zum Thema Starkregen in Friedrichshafen zu finden sein.“ Die Starkregen-Gefahrenkarten sollen auch im Geoportal der Stadt veröffentlicht werden. Bislang ist es etwas mühsam, sich durch die sehr technischen interaktiven Karten des Landes zu klicken, auf die die städtischen Seiten verlinkt sind. Die Stadt beabsichtigt außerdem Informationsveranstaltungen anzubieten und darüber aufzuklären, welche Schutzmaßnahmen auf Privatgrundstücken sinnvoll sind.

Erste Schutzmaßnahmen

Die Stadtverwaltung baut seit 2017 ein Starkregen-Risikomanagement auf, das zum Ziel hat, Schäden zu vermeiden, bevor sie entstehen. Nun hat der Gemeinderat am Montag, 24. März, entsprechende Gelder bewilligt. Experten haben die Starkregen-Gefahrenkarten anhand von Modellierungen und Szenarien erstellt – vom seltenen Starkregen bis zum Extremereignis. „Auf dieser Basis wurden bereits erste Schutzmaßnahmen entwickelt und teilweise umgesetzt“, so die Verwaltung, etwa in den besonders betroffenen Bereichen Unter-/Oberlottenweiler, Efrizweiler/Kluftern, Fischbach und Appenweiler.

Die blaue Farbe auf der Karte der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zeigt es an: Bei einem Hochwasser der Kategorie HQ50 steht ...
Die blaue Farbe auf der Karte der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zeigt es an: Bei einem Hochwasser der Kategorie HQ50 steht fast ganz Bunkhofen unter Wasser: Die Abkürzung HQ50 steht für ein Ereignis, das statistisch alle 50 Jahre zu erwarten ist. | Bild: Ambrosius, Andreas

Für 58 gefährdete öffentliche Objekte wie Schulen, Veranstaltungsräume und wichtige Straßenbereiche sind Risiko-Steckbriefe erstellt worden. Sie sollen dem Gebäudemanagement helfen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Rettungskräfte bekommen Hinweise für mögliche Gefahren oder sinnvolle Rettungswege.

Rückhaltebecken in Ailingen und Ettenkirch

Die Stadt Friedrichshafen werde in den kommenden Jahren gezielt in Schutzmaßnahmen investieren. „Bis 2030 sind rund drei Millionen Euro für bauliche Maßnahmen eingeplant“, heißt es in der Mitteilung, „darunter sind der Ausbau von Regenrückhaltebecken in Ettenkirch und Ailingen, der Umbau von Straßenabschnitten, um Fließpfade zu entschärfen sowie die Schaffung von Regenüberlaufbecken und Gräben zur gezielten Ableitung von Oberflächenwasser.“ Rund 70 Prozent der Kosten übernimmt das Land Baden-Württemberg.

Hochwasser am Samstag, 1. Juni 2024: Die Rotach beim Bodensee-Center in Friedrichshafen.
Hochwasser am Samstag, 1. Juni 2024: Die Rotach beim Bodensee-Center in Friedrichshafen. | Bild: Ackermann, Günter

Ein besonderer Fokus liege auf der „Schwammstadt“-Strategie, bei der mehr Grünflächen und wasserdurchlässige Oberflächen entstehen sollen, um Regenwasser vor Ort zu speichern oder versickern zu lassen. Geplant ist zudem der Aufbau eines kommunalen Frühwarnsystems, das bei drohenden Starkregenlagen rechtzeitig Alarm schlägt.

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Stadtbauamt gibt Rat

„Wer Fragen zu individuellen Schutzmaßnahmen hat, kann sich an das Stadtbauamt der Stadt Friedrichshafen wenden (Telefon 07541/2030 oder Servicenummer 115). Ein Flyer mit Tipps zur Vorsorge, wie der Einbau von Rückstauklappen oder die sichere Lagerung von Wertgegenständen, liegt künftig im Rathaus und in den Ortschaften aus“, so Wolfgang Kübler, Leiter des Stadtbauamtes.