Erdbohrer, Betonmischer, Kran, Baustoffe: Die Utensilien auf der Baustelle deuten unverkennbar darauf hin, dass der Bau für „Das Zeppelin“ direkt am Fischbacher Seeufer begonnen hat. Das streitet die Bauherrin, die Luftschiffbau Zeppelin GmbH, auch nicht ab. In Windeseile wurden alle Gebäude bis auf die denkmalgeschützte Villa Gminder abgerissen, im Februar stand ein Teil der Altbauten noch. Heute ist der Boden schon bereitet für den Neubau des 120-Betten-Hotels, das später verpachtet werden soll.
Nur: Der BUND-Ortsverband Friedrichshafen hat der Baugenehmigung widersprochen. „Hier gibt es ein grundlegendes baurechtliches Problem“, schätzt der vom BUND beauftragte Anwalt Tobias Lieber aus Freiburg ein. Erstens hätte die Stadt Friedrichshafen hier nicht die Errichtung einer Hotelanlage bewilligen dürfen, weil das Areal baurechtlich im Außenbereich liegt und kein Bebauungsplan vorliegt. Zweitens wurde keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht, was gerade im Landschaftsschutzgebiet notwendig wäre. Drittens wurden die Umweltverbände vor der Baugenehmigung nicht angehört.
BUND will Eilantrag auf Baustopp
Allerdings gibt es noch keine Entscheidung. „Das Bauordnungsamt der Stadt hat uns mitgeteilt, dass es unserem Widerspruch nicht abhelfen kann und deshalb die Sache an das Regierungspräsidium Tübingen abgegeben hat“, teilt Brigitte Wallkam vom BUND-Ortsverband mit. Da die Bauherrin trotzdem mit dem Neubau begonnen hat, was sie mit der Baugenehmigung auch darf, strebt der BUND vor Ort nun einen Eilantrag auf Baustopp an. Der ist beim Verwaltungsgericht Sigmaringen zu stellen. Der BUND-Landesvorstand will spätestens am 25. April darüber entscheiden, teilte der Verband auf Anfrage mit.
Dabei ist mehr als fraglich, warum die Luftschiffbau Zeppelin GmbH nicht abwarten will, bis klar ist, ob die Baugenehmigung rechtens ist oder nicht. Auf Anfrage erklärt das Stiftungsunternehmen, dass der Widerspruch des BUND erst Monate später kam, als die Bauarbeiten, „die in den Medien lange angekündigt waren“, bereits begonnen hatten. Dabei hat der Umweltverband lange vorher, erstmals Ende 2016, Bedenken gegen das Bauprojekt angemeldet.
Denn schon nach der Vorprüfung zur Umweltverträglichkeit des Hotelprojekts durch die Planstatt Senner erhob der BUND seine Stimme. Während das Überlinger Büro keine erheblich nachteiligen Auswirkungen auf Schutzgüter wie Landschaft, Tiere oder Bäume sah, bezeichnete die Häfler Umweltschützer das Bauprojekt als „massiven Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet“, und zwar „mit erheblichen Auswirkungen auf die Natur“. Der Hotelbau widerspreche dem Schutzzweck für dieses Areal. Zudem seien die Untersuchungen unvollständig und oberflächlich gemacht worden. Trotz dieser Bedenken wurde der BUND nicht in den späteren Genehmigungsprozess für das Projekt eingebunden – was selbst im Häfler Rathaus laut vorliegender Unterlagen als riskant eingeschätzt wurde.
So ist der Start des Neubaus nicht nur eine rechtliche Hängepartie, sondern könnte dem Stiftungsunternehmen auch finanziell ordentlich schaden. Die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) räumt die Problematik in einer Stellungnahme auch ein. „Ein Baustopp zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde zu erheblichen Schäden führen, nicht zuletzt durch dann berechtigte Forderungen der beauftragten Bauunternehmen und Projektpartner“, heißt es darin.
Eigenkapital der Zeppelin Wohlfahrt um 4,1 Millionen Euro erhöht
Warum hat dann LZ trotzdem die Bauaufträge vergeben? Dass der Gesellschafter, also die Zeppelin-Stiftung, hinter dem Projekt steht, ist anzunehmen. Deren Vorsitzender ist Oberbürgermeister Andreas Brand, der als Rathauschef letztlich auch die Baugenehmigung der Stadt verantwortet. Er ist obendrein und damit in Personalunion Vorsitzender des Aufsichtsrats der Luftschiffbau Zeppelin GmbH wie auch der Zeppelin Wohlfahrt GmbH.
Letztere hat im Auftrag von LZ – und damit von Stadt und Stiftung – 2014 das Grundstück samt Diakonissenheim gekauft, ist also Eigentümerin und unmittelbare Bauherrin für das Hotelprojekt. Laut Handelsregister wurde das Eigenkapital des Stiftungsunternehmens im Dezember 2020 zuletzt um 4,1 Millionen Euro auf 21,35 Millionen Euro erhöht – nach Beschluss der Gesellschafterversammlung, denn für diesen Schritt ist eine Änderung des Gesellschaftervertrags notwendig.
„Dem Aufsichtsrat stehen Eingriffe ins operative Geschäft nicht zu, er hat keine Weisungsbefugnis für das operative Geschäft.“Aus der Stellungnahme des Rathauses
Der Häfler Oberbürgermeister weist jedoch jede Verantwortlichkeit zurück. Die Planung und Umsetzung von Bauprojekten sei operatives Geschäft und damit Aufgabe und Verantwortung der Geschäftsführung, teilt die städtische Pressestelle auf Anfrage mit. „Dem Aufsichtsrat stehen Eingriffe ins operative Geschäft nicht zu, er hat keine Weisungsbefugnis für das operative Geschäft“, heißt es weiter. Die Frage ans Rathaus, warum der OB als Vorsitzender des Aufsichtsrates nicht seinen Einfluss geltend gemacht habe, stelle sich daher so nicht, antwortet die OB-Sprecherin. Dass die Stadt mit einer möglicherweise unrechtmäßigen Baugenehmigung den Weg für das umstrittene Bauprojekt am Fischbacher Seeufer überhaupt bereitet hat, kommentiert das Rathaus nicht.
Anmerkung der Redaktion: Wir haben an dem Text Änderungen vorgenommen, weil Fehler enthalten waren. In der ersten Version stand, dass das Eigenkapital der Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) im Dezember 2020 um 17,1 Millionen Euro erhöht wurde. Richtig ist, dass das Eigenkapital des Stiftungsunternehmens Zeppelin Wohlfahrt GmbH von ihrer Muttergesellschaft LZ um 4,1 Millionen Euro auf 21,32 Millionen Euro erhöht wurde. LZ weist darauf hin, dass dieses Geld für die „Stärkung der Eigenkapitalbasis für Projekte im geförderten Mietwohnungsbau getätigt“ wurden, nicht für den Hotelbau. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.