Seit 2015 diskutiert der Gemeinderat immer wieder darüber, wie die Friedrichstraße umgestaltet werden soll, um sie attraktiver zu machen. Das sei erst möglich, wenn die B 31-neu eröffnet und damit die „alte“ Bundesstraße mitten durchs Stadtzentrum keine mehr ist, argumentierte die Stadtspitze im Rathaus.

Viele Interessen und noch mehr Varianten

Nun ist es in wenigen Wochen soweit. Und am kommenden Montag soll der Gemeinderat nach mehrerer Beratungsrunden nun entscheiden, welche der vielen vorgeschlagenen Varianten umgesetzt werden soll. Ein Wust an Informationen liegt auf dem Tisch: 18 Anlagen und weitere Dokumente hängen an der Vorlage dran. Wie schwer es ist, hier alle Interessen unter einen Hut zu bekommen, demonstrierte auch der Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt (PBU) in der Vorberatung. Im April und erneut im Juni diskutierten die Räte, um eine gemeinsame Empfehlung bemüht.

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Am Ende gab es in der zentralen Frage einen Beschluss mit knapper Mehrheit. Acht von 15 Stadträten von Grünen, Netzwerk, Freien Wählern und ÖDP entschieden sich dafür, die Durchfahrt für Autos zwischen Metzstraße und Karlstraße zu verbieten. Damit reduziere man den Durchgangsverkehr am effektivsten, wobei Parkhäuser und Stellplätze erreichbar bleiben, hieß es aus mehreren Fraktionen. Busse und Radler könnten dann weiterhin passieren. Sieben von 15 PBU-Vertretern aus CDU und SPD wollen hingegen den Status quo – genau wie das Rathaus – lassen. Begründung: Ein Durchfahrtsverbot müsse nicht sein. Der Verkehr nehme ohnehin ab, wenn die B 31-neu vollständig in Betrieb sei.

Stadtforum steht kritisch zum Durchfahrtsverbot

Ein komplettes Durchfahrtsverbot am Orionknoten stößt beim Stadtforum allerdings auf große Vorbehalte. Die Einzelhändler fürchten bei dieser Variante, dass die Kunden der Innenstadt wegen Verkehrschaos und Stau im Umfeld den Rücken kehren, heißt es in einer Pressemitteilung. So prognostiziere das ein von er Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten. Verkehrsbehinderungen machten sich erfahrungsgemäß mit einem Umsatzrückgang von bis zu 20 Prozent bemerkbar. „Solche Einbußen kann der ohnehin durch Corona angeschlagene Handel nicht zusätzlich verkraften“, heißt es darin.

Zu chaotischen Szenen am Orionknoten kam es beispielsweise bei der halbseitigen Sperrung der Friedrichstraße im September 2018, wie ...
Zu chaotischen Szenen am Orionknoten kam es beispielsweise bei der halbseitigen Sperrung der Friedrichstraße im September 2018, wie dieses Archivbild zeigt. Damals ging es aus Richtung „Millionenschlucht“ stadteinwärts nicht weiter. | Bild: Bömelburg, Christina

Das Stadtforum appelliert an die Gemeinderäte, sich „für eine Verkehrsberuhigung mit Augenmaß“ einzusetzen. Zunächst sollten die Auswirkungen der B-31-neu auf den Durchgangsverkehr abgewartet werden, „bevor man die Friedrichstraße blockiert und damit den Ruf von Friedrichshafen als ‚Staustadt‘ befördert“, sagt Martin Ruf als Erster Vorsitzender des Stadtforums.

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Dafür gab es klare Mehrheiten im Ratsausschuss dafür, wie die 17,5 Meter breite Friedrichstraße künftig unter ihren Nutzer aufgeteilt werden soll. Zwei Auto-Fahrspuren, jeweils nur drei Meter breit, schaffen Platz für einen geräumigen Gehweg entlang der Häuserzeile. Tempo 20 erlaubt es, dass Radfahrer auf der Straße mit dem Verkehr „mitschwimmen“.

17,4 Meter breit ist die Friedrichstraße. Nur noch zwei Fahrbahnen sind vorgesehen, auf denen Tempo gilt. Der Fuß- und Radweg soll ...
17,4 Meter breit ist die Friedrichstraße. Nur noch zwei Fahrbahnen sind vorgesehen, auf denen Tempo gilt. Der Fuß- und Radweg soll bleiben, aber mit „Vorfahrt“ für Fußgänger. | Bild: Bömelburg, Christina

Langsame Radler sollen den künftigen Gehweg auf der Seeseite, den sich heute Radler und Fußgänger in beide Richtungen teilen müssen, weiter nutzen dürfen. Hier folgte der Ausschuss einer Empfehlung des Fahrradclubs ADFC. Gute Karten hat auch der Vorschlag der SPD/Die Linke, zwischen Tourist-Info und Wissenswerkstatt einen sogenannten Shared Space einzurichten, also den Straßenraum für alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt nutzbar zu machen.

Rat will Provisorium, Rathaus nicht

In einer Frage waren sich die Räte im PBU völlig einig: Sobald die B 31-neu komplett in Betrieb geht, muss die Stadt diese Neuaufteilung des Straßenraums – vorerst provisorisch – umsetzen. Kein Stadtrat will wieder Jahre warten, bis sich auf der Friedrichstraße endlich etwas ändert. Auch wenn man das im Rathaus gänzlich anders sieht.