Zum ersten Mal seit mehreren Wochen ist es in der Ravensburger Innenstadt am Montagabend weitgehend ruhig geblieben. Ursprünglich war – obwohl erneut keine Anmeldung vorlag und Versammlungen in der Stadt am Montagabend verboten sind – eine Demonstration in der Größenordnung der beiden Vorwochen erwartet worden. Stattdessen versammelten sich dieses Mal rund 3000 Teilnehmer in Friedrichshafen zu einem sogenannten Spaziergang, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren.

Wie kam es dazu?

Am Nachmittag war über die sozialen Netzwerke der Aufruf verbreitet worden, mit der Aktion von Ravensburg nach Friedrichshafen auszuweichen. Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen wollte man erfahren haben, dass „heute eine fünfstellige Zahl an so genannten Polizisten in Ravensburg bereit steht“, hieß es beim Messengerdienst Telegram. Zudem seien wieder Pferde- und Hundestaffeln vor Ort.

Aufruf bei Telegram: Demonstranten sollen sich in Friedrichshafen treffen.
Aufruf bei Telegram: Demonstranten sollen sich in Friedrichshafen treffen. | Bild: Screenshot

Die Teilnehmer sollten die „geballte Staatsmacht ins Leere laufen“ lassen und – so der Aufruf – nach Friedrichshafen ausweichen, „weil es dort so schön und friedlich ist“. Darauf sei die Polizei nicht vorbereitet, denn ein großer Teil der Ressourcen sei in Ravensburg gebunden, hieß es in einem weiteren Beitrag.

Oliver Weißflog, Pressesprecher der Polizeidirektion Ravensburg, erklärt zum Vorgehen der Polizei: „Als sich abgezeichnet hat, dass sich die Demonstration nach Friedrichshafen verlagern könnte, sind wir zweigleisig gefahren.“ Man habe die Präsenz in Ravensburg nicht vernachlässigt, sich gleichzeitig aber auf mehr Demonstranten in Friedrichshafen eingestellt.

Polizeipräsenz in Friedrichshafen.
Polizeipräsenz in Friedrichshafen. | Bild: Felix Kästle/dpa

Zu diesem Zeitpunkt habe man noch nicht ausschließen können, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelt. „Am Abend hat sich gezeigt, dass in Ravensburg nur wenige Personen unterwegs waren und ein Großteil derjenigen, die sich sonst in Ravensburg getroffen hätten, wohl nach Friedrichshafen gefahren ist“, sagt der Polizeisprecher. Angaben zu Einsatzstärken vor Ort mache man aus einsatztaktischen Gründen grundsätzlich nicht, allerdings seien die Beamten in Friedrichshafen von weiteren Kräften unterstützt worden. Laut dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) waren im ganzen Land mehr als 2500 Polizistinnen und Polizisten bei Demonstrationen im Einsatz.

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Folgt jetzt ein Städte-Hopping?

Inzwischen wird in einigen Telegram-Gruppen bereits darüber diskutiert, ob Demonstranten „alle Städte am See entlang abklappern sollten“, dann würden sich mehr Menschen anschließen und „die Bullen“ wären ausgetrickst. „Nach den Erkenntnissen von Montagabend ist ein solches Vorgehen nicht auszuschließen“, sagt Oliver Weißflog dazu auf Nachfrage. Die Polizei werde sich darauf vorbereiten. Ein solches Städte-Hopping sei in seinen Augen allerdings auch ein Anzeichen dafür, dass es „zumindest den Organisatoren nicht mehr grundsätzlich um die Kritik an den Corona-Maßnahmen geht“.

Vielmehr spreche zumindest bei einigen Akteuren vieles dafür, dass sie die Staatsgewalt an der Nase herumführen wollen, um die Polizei und damit auch den Rechtstaat vorzuführen. Dafür würden andere Teilnehmer, die tatsächlich ernsthaft gegen die Maßnahmen demonstrieren, instrumentalisiert. Dass es auch anders geht, zeigen laut Oliver Weißflog Demonstrationen in anderen Städten: „In Überlingen wurden die Demonstrationen am Samstag sowie am Montagabend angemeldet.“ Gemeinsam werde dann beispielsweise eine Route festgelegt, und die Versammlungsleiter „tun ihr bestmögliches, um auf die Einhaltung aller Auflagen zu drängen“.

Anders als in Ravensburg gilt in Friedrichshafen aktuell kein Versammlungsverbot. Wird die Stadt daran festhalten? Man werde in den nächsten Tagen prüfen, wie die Stadtverwaltung in Zukunft auf entsprechende, nicht angemeldete Versammlungen reagieren wird. Darüber werde man sich auch mit der Polizei abstimmen. „Aufgrund der weitestgehend friedlichen Versammlung am Montag sehen wir aktuell keinen Anlass für ein Versammlungsverbot“, erklärt Stadtsprecherin Monika Blank auf Anfrage.

Monika Blank, Sprecherin der Stadt
Monika Blank, Sprecherin der Stadt | Bild: Benjamin Schmidt