Noch vor ein paar Jahren hätte er das nie und nimmer öffentlich zugegeben. Doch da liegt er zwischen Zeitungsartikeln, Plakaten und Fotos, dieser uralte Programmzettel für eine Session am 31. Oktober 1971: Pop und Jazz zwischen 15 und 21 Uhr im bekanntesten Bordell Lindaus. „Ich hab‘s meiner Mutter am 40. Geburtstag gebeichtet“, erzählt Johannes Weindel und lacht. „Wir haben einen Herbst lang im ‚Maxim‘ gespielt und gutes Geld verdient.“ Da war er gerade einmal 16.

Ein halbes Jahrhundert später schaut der Pianist, Impressario und Manager von Dixie‘s Treibhaus Ventil auf eine nicht minder bewegte Musiker-Karriere zurück als auf seine berufliche. Über zehn Jahre war Johannes Weindel Geschäftsführer im Klinikum Friedrichshafen. „Die Musik war immer mein Ventil“, sagt er. Dabei ist es für ihn gar kein so großer Unterschied zwischen der Leitung einer Band und eines Krankenhauses. „Alles Künstler.“

Doch bis heute sei er froh, Musik nie beruflich gemacht zu haben. Obwohl DTV, die Kurzversion des Bandnamens, in den 80er und 90er Jahren so viel gespielt hat, dass es kaum noch als Hobby durchging. Bis zu 140 Auftritte pro Jahr stand seine Truppe auf der Bühne, erarbeitete sich den Ruf einer professionellen Jazzband, die im Lauf der Jahre auch sechs CDs herausgebracht hat. Die siebte wird gerade produziert.
50 Jahre Dixie‘s Treibhaus Ventil, das sind „viele einmalige Erlebnisse“, erklärt Johannes Weindel, der die Band genau genommen 1971 mit seinem älteren Bruder Reinhard gegründet hatte. Im weiten Umkreis bekannt wurde die Band, nachdem 1979 das Wirtshaus am Gehrenberg öffnete und es fortan jeden ersten Freitag im Monat „Dampf im Treib-(Wirts-)haus“ gab. DTV machte seinem Namen alle Ehre. „Dixieland spielt man so heiß wie in einem Treibhaus. Das Ventil braucht man, um überschüssige Luft abzulassen“, steht auf der Band-Seite.
Dem „heißblütigen Stil“ der ersten Jahre folgte mehr der Drang zur Professionalität, der nicht nur zahlreiche Auftritte in Funk und Fernsehen nach sich zog. DTV ging oft mit seinem Fanclub auf Tour, allein vier Mal nach New Orleans, der Wiege des Dixieland-Jazz. Die Musikbegeisterung der Deutschen steckte dort an. 1995 wurden die Bandmitglieder zu Ehrenbürgern der Stadt ernannt.
Konzerte mit Musikgrößen wie Bill Ramsey, Joy Fleming oder Bonnie Tyler bleiben „unvergessliche Highlights“, sagt der Bandleader. Aber auch als Botschafter der Stadt Friedrichshafen war Dixie‘s Treibhaus Ventil beim Kulturfestival in der Partnerstadt Sarajevo unterwegs. Die Popularität der Band sorgte zudem für manches Engagement bei prominenten Politikern, unter anderem bei Johannes Rau, Lothar Späth oder den Schäuble-Brüdern. „Selbst Günther Oettinger saß schon mal bei mir am Klavier“, erzählt Johannes Weindel.

Bis heute wird Dixie‘s Treibhaus Ventil gebucht. Zwei Drittel der Band sind Musik-Profis. Die sind in Freiburg, Konstanz, Radolfzell, Engen oder Waldkirch zuhause. „Wir haben uns aber immer als Häfler Band gesehen“, sagt Johannes Weindel. Kenner der Szene wissen, dass DTV regelmäßig auf der dem Schiff Hohentwiel für Extra-Dampf an Bord sorgt. Auch wenn viele Musiker über die Jahre gekommen und wieder gegangen sind – die meisten sind lange dabei. Neben Weindel gehört aber nur noch Posaunist Burkhard Spellenberg zu den Gründungsmitgliedern.

Und nun freut sich die Band auf das Jubiläumskonzert, das am 28. Oktober um 20 Uhr im Bahnhof Fischbach steigt. Mit von der Partie ist ein Stargast, mit dem Dixie‘s Treibhaus Ventil nicht das erste Mal auf der Bühne steht: Schauspieler, Sänger und Entertainer Ron Williams. „Wir kennen uns schon seit vielen Jahren und sind mehrfach zusammen aufgetreten“, freut sich Johannes Weindel auf das gemeinsame Konzert. Das letzte im Jahr 2013 im Dornier-Museum ist zwar schon eine Weile her, hinterließ aber einen bleibenden Eindruck.
Karten für das Jubiläumskonzert von „Dixie‘s Treibhaus Ventil“ mit Ron Williams und Überraschungsgästen gibt es über den Ticketservice des Bahnhof Fischbach und an der Abendkasse.