Im Februar hat Markus Vöge, promovierter Diplomingenieur aus Bremen, die Geschäftsführung der Sparte „Systems“ im Zeppelin-Konzern übernommen. Deren Hauptgeschäft ist der Anlagenbau: etwa riesige Silos, in denen Lebensmittel, Kunststoffe oder Chemikalien gelagert oder gemischt werden – ein solides Geschäft.
Auch Teile für die Raumfahrt kommen von Zeppelin Systems: die Ariane-Raketen etwa fliegen mit Komponenten „made in Friedrichshafen“ in den Orbit. Mit 340 Millionen Euro Umsatz macht Systems etwa ein Zehntel des gesamten Geschäfts von Zeppelin aus. Und geht es nach dem neuen Chef, wird dieser Anteil künftig deutlich größer. Er plant unter anderem ein verstärktes Engagement in der Batterie-Produktion. Doch der Reihe nach.
Zeppelin-Kerngeschäft unter Druck
Das Kerngeschäft des Zeppelin-Konzerns – der Handel mit Caterpillar-Baumaschinen – ist derzeit stark belastet. Der Ukraine-Krieg hat zu einem Einbruch der Absätze in Russland, der Ukraine und Belarus geführt. Gut 590 Millionen Euro sieht Konzernchef Peter Gerstmann bedroht. Derzeit geht niemand bei Zeppelin davon aus, dass sich die Situation bald erholt, sogar von der Verstaatlichung von Zeppelin-Eigentum in Russland ist die Rede. Kein Wunder also, dass das Unternehmen nach neuen Einkommensquellen sucht.
Bei einem Treffen in der Zeppelin-Systems-Zentrale in Friedrichshafen will der neue Geschäftsführer darlegen, wie er sich die Zukunft bei Zeppelin Systems vorstellt. Er empfängt den Pressebesuch in gelber Arbeiter-Jacke, darunter trägt er einen eleganten blauen Anzug mit Weste. Nach dem Austausch will er noch eine Werksführung geben. Doch zunächst soll es um seine Vorhaben gehen.
Große Pläne, schwierige Versorgungslage
Muss Vöge angesichts der schwierigen Lage der Baumaschinen-Sparte nun den Konzern retten? Er winkt ab. „Die Verluste in Osteuropa sind irgendwann abgeschrieben, nur um die dortigen Mitarbeiter sorge ich mich.“ Insgesamt gehe das Geschäft weiter, derzeit sei er viel unterwegs. Seine Konzernsparte hat 15 Tochterunternehmen, etwa in Shanghai, Houston oder Singapur.
„Wir wollen beim Umsatz zunächst einen Sprung von 20 bis 30 Prozent hinlegen.“ Das sei mit Blick auf das Jahr 2022 realistisch, die Auftragsbücher seien voll, so Vöge. Nur ein Großauftrag in Russland sei derzeit in einer kritischen Phase – mit ungewissem Ausgang. „Klar ein Rückschlag, aber verkraftbar“, konstatiert der Neue.
Aber es lauern noch weitere Gefahren für Vöges Umsatzpläne: Die derzeitige Energie-Krise und Schwierigkeiten bei der Rohstoffversorgung stellen ihn vor Herausforderungen. „Bei uns stehen teils fast fertige Aufträge in den Werken, weil einige elektronische Komponenten nicht lieferbar sind – oder sich die Lieferzeiten ungeplant extrem verlängert haben.“
Auch der schwankende Rohstoff-Markt bringe Herausforderungen mit sich: „Wir benötigen für unsere Silos viel Stahl und Aluminium. Derzeit ändern sich die Kosten quasi über Nacht.“ Stabile Preise zu anzubieten sei deshalb schwierig – man sei daher aktuell viel mit Kunden im Austausch. Vöges Resümee: „Wie also der Umsatz genau aussehen wird, muss sich erst Jahresverlauf zeigen.“ Auch die geopolitische Lage spiele dabei eine maßgebliche Rolle.
Batterie-Produktion und Recycling als Zukunftsgeschäft
Mit Blick auf die Zukunft sieht Vöge Wachstumspotenziale in der Energiewende. „Mit ihr geht ein riesiger Bedarf an Batterien einher – unsere Anlagen braucht man für deren Produktion.“ Chemikalien, Klebstoffe, Metalle – alle diese Materialien werden laut Vöge in Zeppelin-Silos gelagert. Doch der neue Chef plant weiter: „Wir wollen uns gezielt in diesem Markt verstärken, weitere Lösungen entwickeln beziehungsweise zukaufen.“
Ein weiterer Baustein soll das Geschäft mit Kunststoff-Recycling werden. „Alle sprechen von Nachhaltigkeit: davon, dass Hersteller ihre Plastikprodukte zurücknehmen sollen.“ Hierfür wolle Zeppelin Systems einen Beitrag leisten. Man dürfe gespannt sein auf künftige Neuigkeiten. Mehr will Vöge noch nicht verraten.
Siemens, Scheichs, Homag, Zeppelin
Der Blick auf Markus Vöges Vita zeigt, dass er große Pläne durchaus umsetzen kann. Nach einer Maschinenschlosser-Ausbildung im väterlichen Metall-Unternehmen folgten ein Maschinenbau-Studium, eine Doktorarbeit, einige Jahre bei Roland Berger und internationale Tätigkeiten für Siemens. Stets ging es dabei um Großes: etwa um den Bau von Tagebau-Anlagen in Südamerika, Südafrika oder Indien.
Drei Jahre lang lebte Vöge mit seiner Familie in Dubai. Während dieser Zeit sanierte er für einen Scheich des Königshauses riesige Schiffswerften in Singapur und dem Wüstenstaat. Zuletzt war Vöge für die Homag tätig. Das Unternehmen produziert Fertigungslinien für Holzmöbel: Das Billy-Regal von Ikea etwa wird mit Homag-Anlagen gefertigt. Jetzt also Zeppelin. Und wie es scheint, hat der Neue viel vor.