Uwe Petersen

Vor hundert Jahren,am 23. Juni 1916, starb Heinrich Hansjakob, dieser legendäre Pfarrer, dem Hagnau viel zu verdanken hat und der in Hagnau überall und jederzeit präsent ist. Dabei war es ein Riesenzufall und nur seinem störrischen Naturell zu verdanken, dass er überhaupt an den See gekommen war. Denn der in Haslach geborene und in verschiedenen Schwarzwaldgemeinden tätige Pfarrer wurde strafversetzt, in den hintersten Zipfel der Erzdiözese Freiburg, eben nach Hagnau.

Anlass waren kritische Äußerungen gegen Vorgesetzte und gegen Mitglieder der Regierung, in deren Folge er wegen Beleidigung einen Monat Festungshaft absitzen musste und anschließend an den Bodensee kam.

In Hagnau wirkte der unbequeme Pfarrer von 1869 bis 1883. In diesen 14 Jahren verhalf er dem Dorf zu seiner Lebensgrundlage und zur ersten und bisher einzigen literarischen Berühmtheit. Außerdem beeinflusste er durch seine den Menschen zugewandte Art und das tiefe Verständnis für die Sorgen der armen Landbevölkerung auch die Denk- und Lebensweise der Hagnauer.

Ein besonders eindrucksvolles Bild seiner Liebe zu den einfachen Menschen gewinnt man aus den "Schneeballen vom Bodensee", einer vermutlich in Hagnau entstandenen, aber erst 1894 veröffentlichten Sammlung von Erzählungen und Anekdoten über Hagnauer Originale, die Hansjakob selbst in seiner Zeit oder durch Erzählungen seiner Mitbürger erlebt hatte. Vor allem sein Sakristan, "der große Kübele", verhilft ihm zu Einsichten in den Menschenschlag am See.

Die Schneeballen sind das einzige literarische Werk, in dem Hagnau eine Rolle spielt. Doch es ist nicht das wichtigste Vermächtnis des Altpfarrers: 1881 gründete er den Winzerverein Hagnau, den ersten Winzerverein in ganz Baden. Damit wollte er den Winzern mehr Marktmacht verleihen, um sich vor allem gegen die mächtigen Weinhändler aus Stuttgart und anderen Städten behaupten zu können. Hagnau verdankt also seine Stellung als wichtige Weingemeinde vor allem ihm – und es gibt nicht wenige, die ihm damit den Erhalt des Weinbaus am gesamten See zuschreiben.

Auch nach seiner Amtszeit in Hagnau fühlte er sich der Seegemeinde verbunden. So spendierte er im Jahr 1906 zum 25-jährigen Bestehen des Winzervereins einen großen Silberpokal und begründete damit als Symbol des Zusammenhalts den "Winzertrunk", der seitdem alljährlich der gesellschaftliche Höhepunkt der Winzer und des gesamten Dorfes ist.

Als wäre er nur eingekehrt: Hut, Stock und Buch, die Insignien des Pfarrers Heinrich Hansjakob vor dem gleichnamigen Hotel.
Als wäre er nur eingekehrt: Hut, Stock und Buch, die Insignien des Pfarrers Heinrich Hansjakob vor dem gleichnamigen Hotel. | Bild: Uwe Petersen

Heute ist Heinrich Hansjakob in Hagnau omnipräsent: Eine Statue vor dem Rathaus, Gedenktafeln am Pfarrhaus und im Uferpark, eine Schneeballensäule auf dem Löwenplatz, zwei Skulpturen am Hotel Hansjakob und auf dem Burgunderhof, ein Sonderfass, zwei Gemälde und ein Fensterbild im Winzerhaus, zwei eigene Räume im Hagnauer Museum sowie die Hansjakobstraße legen davon Zeugnis ab.

Das Programm am 23. Juni:

  • Um 17 Uhr gibt es eine kostenlose Führung im Hagnauer Museum (untere Etage im Rathaus) mit Schwerpunkt auf Heinrich Hansjakob und dessen Wirken in Hagnau. Dem bekanntesten und wichtigsten Mann der Hagnauer Geschichte sind zwei Räume der Dauerausstellung gewidmet, in denen seine Tätigkeiten als Pfarrer, als Gründer des Winzervereins und als Volksschriftsteller gewürdigt werden.
  • Um 18.30 Uhr findet in der katholischen Kirche St. Johann Baptist ein Gedenkgottesdienst mit Pfarrer Matthias Schneider und Musikern der Musikkapelle Hagnau statt.
  • Ab 19.30 Uhr organisiert der Winzerverein vor dem Konzertplatz am Rathaus einen Stehempfang. Dazu spielt die Musikkapelle Hagnau. Bürgermeister Volker Frede und Winzervorstand Karl Megerle werden in kurzen Reden die Bedeutung Hansjakobs für Hagnau würdigen. Der Eintritt für alle Programmpunkte ist frei. (up)