Karlheinz Fahlbusch

Frau Heidenreich, wenn Sie nun vorzeitig in den Ruhestand gehen, dann fragen sicher viele Menschen nach ihren Beweggründen. Haben Sie keine Lust mehr auf Schule?

Es fällt mir sehr schwer aufzuhören, aber es gibt private Gründe, die es notwendig machen, früher aufzuhören. Ich nehme nun zuerst mein Sabbatjahr, das ich angespart habe und werde erst im darauffolgenden Jahr in den vorzeitigen Ruhestand gehen.

Die Grundschule Heiligenberg befindet sich im Ortsteil Wintersulgen. Wo kommen denn die Schüler her?

Unsere Schülerinnen und Schüler kommen aus der gesamten Gemeinde Heiligenberg, die flächenmäßig sehr weiträumig ist. 39 Prozent kommen aus dem Kernort Heiligenberg, 20 Prozent aus dem Teilort Wintersulgen, 15 Prozent aus dem Teilort Hattenweiler und 8 Prozent aus dem Teilort Echbeck, 13 Prozent aus dem Teilort Steigen und 5 Prozent Sonstige.

Welche Rolle spielen die Themen Integration von Kindern mit Migrationshintergrund und Inklusion für Kinder mit einer Behinderung in Ihrer Schule?

In der Gemeinde Heiligenberg leben prozentual wenige Menschen mit Migration, insofern können die Kinder aus diesen Familien problemlos in unserer Grundschule integriert werden. Wir haben natürlich auch Schülerinnen und Schüler mit Inklusion und Integration, jedoch nicht überproportional.

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Warum haben Sie sich vor 24 Jahren für diese Schule entschieden?

1995 wurde ich an diese Grundschule versetzt. Zuerst dachte ich, ich möchte nicht in dem Ort arbeiten, in dem ich auch lebe. Es hat sich aber gezeigt, dass es viele positive Seiten hatte, am Wohnort auch die Arbeitsstelle zu haben. Fünf Jahre später wurde die Schulleiterstelle frei. Auf diese Stelle habe ich mich auf Drängen meiner damaligen Kollegen beworben.

Haben Sie es je bereut?

Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich bin glücklich, dass es mich an diese Schule verschlagen hatte und dass ich dort so viel gestalten konnte.

Was sind für Sie die wichtigsten Veränderungen in den vergangenen Jahren gewesen?

Die wichtigste Veränderung ist gewesen, dass wir die Schule in einen Ganztagesbetrieb führen konnten mit einem großen Angebot an außerunterrichtlichen Aktivitäten und Arbeitsgemeinschaften. Und zwar sukzessive und behutsam, dem Bedarf der Eltern angepasst. Außerdem haben wir die Klassen 1 und 2 kombiniert und einen zweiten Einschulungstermin im Winter etabliert. Und es gibt einen festen Vierjahresrhythmus mit den Themen Zirkus-fremde Kulturen, Kunst, Fit und Gesund sowie Natur-Wald und Flur, die das jeweilige Schuljahr begleiten und einen festen Rahmen bilden.

Sie haben sich schon für neue Betreuungsformen engagiert, als diese andernorts in kleinen Schulen noch gar nicht diskutiert wurden. Was waren Ihre Beweggründe?

Wir haben die Problematik vieler Familien gesehen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen wollten, dies aber nur begrenzt leben konnten. Außerdem mussten die Eltern ihre Kinder immer sehr viel mit dem Auto herumkutschieren, wenn sie ein Freizeitangebot wahrnehmen wollten. Dies versuchen wir mit unserem breiten und vielfältigen Nachmittagsangebot, auch gerade was Musik und Instrumenalförderung angeht, etwas abzufedern.

Wie muss Ihrer Ansicht nach die Grundschule der Zukunft aussehen?

Schüler und Eltern sollten sich mit der Grundschule identifizieren können. Sie sollen mit Freude lernen und mit Freude zur Schule gehen. Wir Lehrer und Schulleiter sollten weniger Verwaltungsarbeit leisten müssen, mehr Unterstützungssysteme von außen haben und somit mehr Zeit und Ressourcen für das Kind haben. Jede Schule sollte mehr Lehrerstunden zur freien Verfügung haben. Denn nicht nur die Erfüllung des Pflichtunterrichtes sollte Maßstab sein. Gerade im Ergänzungsbereich, also in den AGs, entwickeln Kinder ihre Persönlichkeit, können sich ausprobieren und Selbstbewusstsein erlangen.

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Schon im vergangenen Jahr haben Sie sich sehr für die Schulsozialarbeit ausgesprochen. Bewegt sich da etwas?

Momentan leider noch nicht. Allerdings stieß unser Antrag im Gemeinderat nicht auf Ablehnung und die Notwendigkeit einer Schulsozialarbeit auch an einer kleinen Grundschule wird gesehen. Jetzt warten wir nur noch, bis die andere Gemeinde, mit der sich die Gemeinde Heiligenberg eine Schulsozialarbeiterstelle teilen möchte, in die Pötte kommt.

Mal ganz ehrlich: Wie sehr werden sie „Ihre“ Schule vermissen?

Das weiß ich sicher erst richtig, wenn ich nicht mehr dabei bin. Aber ich vermute, ich werde „meine“ Schule sehr vermissen.

Haben Sie Hobbys, für die Sie jetzt mehr Zeit haben?

Ja! Mein Mann, meine Familie mit acht Enkelkindern, mein Garten, Rudern, Chor, Reisen und, und, und.