Karlheinz Fahlbusch

Das Hotel- und Wohnprojekt auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Post ist an prominenter Stelle geplant. Denn wer aus Richtung Bodensee nach Heiligenberg fährt, wird die Anlage schon von Weitem sehen. Sie soll gleich neben dem Wahrzeichen Schloss entstehen, das seit Jahrhunderten seinen festen Platz auf der Höhe des Linzgaus hat.

Hellmut Urban: „Wehmut und Bauchschmerzen“

An den fünf Bauten, die nebenan entstehen sollen, scheiden sich die Geister. Hellmut Urban wohnt am Postplatz 3 im Apothekengebäude. Seit 35 Jahren lebt er in Heiligenberg und seit fünf Jahren in dem großen Gebäude, das bald eine neue Nachbarschaft bekommen soll. Der 74-Jährige sagt über das Projekt: „Ehrlich gesagt beschleichen mich Wehmut und Bauchschmerzen.“ Er stellt das Projekt in Frage.

Judit Drewing: „Wie ein Gefängnis“

Einen Steinwurf entfernt lebt Judit Drewing. Die angehende Lehrerin wohnt mit Mann, vier Kindern und Schwiegervater in der Salemer Straße im „blauen Haus“. Es heißt so, weil das Schwedenhaus blau gestrichen ist. Vor fünf Jahren kam die Familie nach Heiligenberg, da wurde das alte Hotelgebäude gerade abgerissen. Bürgermeister Frank Amann habe erste Ideen gezeigt, was auf dem Gelände entstehen könnte, erzählt Judit Drewing: „Wir hatten keine Ahnung, was da letztendlich für eine Masse gebaut werden soll.“ Für sie sehen die fünf Gebäude in moderner Architektur aus „wie ein Gefängnis“.

Neubauten beschatten Gebäude in der Nachbarschaft

Dabei sei es heutzutage doch möglich, auch moderne Gebäude so zu erstellen, dass sie sich in die Landschaft einfügen. Die Neubauten wird sie direkt vor ihrem Schlafzimmerfenster haben, dazu würden die Bauten einen großen Teil des Tages Schatten auf ihr Haus werfen.

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Hellmut Urban hätte sich Klinik oder ähnliches gewünscht

„Man dankt dem lieben Gott, wie herrlich jetzt alles aussieht“, schwärmt Hellmut Urban. Und tatsächlich: Ein Blick aus seinem Badezimmer zeigt das Motiv einer Postkarte. Derzeit sei das Gelände herrlich für Familien und Touristen. Seitens der Gemeindeverwaltung habe man betont, dass man keine Wohnungen für reiche Schweizer haben wolle, sondern eine Klinik oder eine andere Einrichtung im Gesundheitsbereich bevorzuge. Das hätte auch Urban gut gefunden. Er ist überzeugt: „Das hätte Heiligenberg etwas gebracht.“

Neue Pläne seit Ende Oktober bekannt

Dass die Bürger umdenken müssen, das war in der öffentlichen Informationsveranstaltung am 30. Oktober deutlich geworden. Da hatte Bürgermeister Frank Amann berichtet, dass man sich von einer medizinischen Nutzung verabschieden müsse, die auch ein Wunsch der Bürger gewesen sei. Alle Verhandlungen hätten sich zerschlagen. Nun sollen Wohnungen, Räume für Dienstleister und ein Hotel in den Gebäudekomplex kommen, der vom Architekturbüro Aldinger mit fünf Gebäuden konzipiert wurde.

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Regina O'Connell: „Erschüttert, wie man sich über Bedenken hinwegsetzt“

Regina O'Connell fühlt sich ihrer Heimat beraubt. Die 70 Jahre alte Hotelfachfrau wohnt seit 1980 in Heiligenberg. Sie findet das geplante Projekt „total hässlich“ und wünscht sich ein zweites Gutachten. Die Zufahrt zur geplanten Tiefgarage macht ihr Sorgen. „16 Prozent Steigung, das wird nicht so einfach sein.“ Hinzu komme, dass ihr Haus durch das Projekt extrem verschattet werde. Sie hat ihre Bedenken schon mehrfach auch öffentlich geäußert. Dennoch fühlt sie sich nicht richtig wahrgenommen. Sie sei erschüttert, „wie man sich über Bedenken hinwegsetzt“.

Gerlinde Kriese: Habe den Kauf des Grundstücks im Gemeinderat befürwortet

Gerlinde Kriese wohnt nicht in der Nachbarschaft des Projekts, aber sie war 17 Jahre im Gemeinderat. „Mir hat diese Art von Gebäuden noch nie gefallen“, sagt sie. Sie hatte im Gremium dafür gestimmt, dass die Gemeinde das Grundstück kauft, da sie kaum eigenen Baugrund hatte. Zudem hätte man keinen Kredit aufnehmen müssen, weil die erforderliche Summe in der Rücklage vorhanden war. Kriese sagt, sie hätte das alte Hotel nicht abgerissen und den Restaurantteil gelassen. Ihrer Erinnerung nach habe es sogar einen Investor gegeben, der jedoch das Gebäude ebenfalls abreißen wollte. Doch die Pläne fanden im Gemeinderat keinen Zuspruch.

Mindestens je ein Stockwerk weg

„Wenn das Vorhaben so bleibt wie geplant, dann berührt mich das negativ“, sagt Gerlinde Kriese. Nun sei aber abgestimmt und es werde wohl so kommen. Man müsse sich jetzt um Schadensbegrenzung bemühen. „Die fünf Klötze passen nicht in die Landschaft. Da müsste mindestens jeweils ein Stockwerk weg“, schlägt sie vor. Sie sagt, dass im Ort noch mehr Leute so dächten wie sie.

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Vorschlag: Jedes Haus anders gestalten und Naturmaterial verwenden

Gerlinde Kriese hat noch einen weiteren Vorschlag: „Man könnte auch jedes Haus anders machen und vor allem viel Naturmaterial im Außenbereich verwenden, damit die Gebäude sich besser in die Landschaft integrieren.“ Sie glaubt aber ebenso wie die anderen Gesprächspartner, dass es keine verträgliche Lösung geben wird. Dass das Gelände unbebaut bleibe, hält sie für unrealistisch.

Wenig übrig von Ideen aus der Bürgerbeteiligung

Hellmut Urban sagt: „Bei der Bürgerbeteiligung wurden viele Ideen eingebracht.“ Davon sei aber wenig übrig geblieben.