Eine unerwartet hohe Besucherzahl und nur wenige kritische Anmerkungen waren das Ergebnis der Informationsveranstaltung am Mittwochabend zu den Plänen für das Postareal. Vorgestellt wurde ein Projekt, das Heiligenberg verändern wird und gleichzeitig dafür sorgen soll, dass neue Einwohner und Hotelgäste den Ort entdecken. Und das mit einer Aussicht, die es nur selten in der Region geben dürfte.
Gemeinde hat Investition zurück
Der Slogan „Die Sonne über dem Bodensee – genießen, erleben wohlfühlen“ wird eine ganz neue Dimension bekommen, wenn das Projekt, über dessen konkrete Kosten bislang noch nichts zu erfahren war, verwirklicht wird. Auf jeden Fall hat die Gemeinde die 650 000 Euro zurück, die sie im Jahr 2009 für das 4160 Quadratmeter große Grundstück des ehemaligen Hotels Post bezahlt hat, wie Bürgermeister Frank Amann deutlich machte.

2013 begann der Abriss des riesigen Gebäudekomplexes, von dessen Aussichtbalkon man einen phänomenalen Blick auf den Bodensee hatte. 2015 stieg man in Verhandlungen mit der Amplius GmbH, einer Tochterfirma der Buchinger-Klinik ein. Die suchte einen Standort für ein neues Konzept. „Wir hatten gehofft, dass das zum Tragen kommt“, erinnerte Amann. Der Wunsch nach einer medizinischen Nutzung, der auch bei der Bürgerbeteiligung geäußert worden war, erfüllte sich nicht. Die Verhandlungen scheiterten.
Mit der Betz & Weber Baupartner GmbH aus Ravensburg fand man einen Interessenten für das Gelände, der bereit war, 1,25 Millionen Euro zu bezahlen. Die Planungen für die Umsetzung des ehrgeizigen Projektes, das sowohl Wohnungen, Dienstleister, Hotel und einen Barbetrieb beinhalten soll, hat bereits begonnen. Das Büro Aldinger Architekten aus Stuttgart stellte im Sennhof die ersten Überlegungen vor. Wichtig: Es ist noch nichts in Stein gemeißelt, so auch die Größe der geplanten 24 Wohnungen. Vielleicht werden es mehr, dann aber kleiner, oder umgekehrt.
Aufgreifen der örtlichen Struktur
Geplant ist nicht ein riesiger Bau, sondern das Aufnehmen der örtlichen Struktur. Fünf Gebäude werden teils in den Hang hinein gebaut und es wird Tiefgaragen geben. Im höchsten Gebäude soll ein Hotel mit Gastronomie und Außenterrasse entstehen. Und jedes Gebäude hat einen Aufzug.
Die Heiligenbergerin Lisa Stengele von Planstatt Senner erinnerte an die komplizierte Höhenabwicklung. Drei Ebenen müssen berücksichtigt werden. Gewährleistet ist die freie Zugänglichkeit durch öffentliche Wege, die durch eine Bepflanzung von privaten Flächen getrennt werden. Es sollen möglichst Materialien verwendet werden, die in Heiligenberg auch anderswo präsent sind. So denkt man vorzugsweise an Nagelfluh. Eine vollkommene Barrierefreiheit im öffentlichen Bereich wird nicht möglich sein, wie auf Anfrage festgestellt wurde.
Per App ins Hotel einchecken
Etwas was man in München nicht in einem 3000-Einwohner-Ort in der Nähe des Bodensees vermuten würde, will man im Bereich Hotellerie und Gastronomie schaffen. Wilhelm K. Weber kommt aus Friedrichshafen und ist seit dem 1. Oktober Vice President Global Revenue and Digital Strategy bei Kempinski, einer der renommiertesten Hotelketten der Welt. Er hat zusammen mit Studenten der Hotelfachschule in Luzern ein Konzept entworfen, von dem er überzeugt ist, dass es in Heiligenberg greifen wird. Die Einbeziehung regionaler Lieferanten, ein Member-Modell für einheimische Gäste, angepasste Öffnungszeiten und ein attraktives Gastronomieangebot sieht er als realistisch an.

Aber: Man müsse überlegen, wie man die sieben Monate im Hinterland überleben könne, wenn das Wetter nicht gerade gastronomiefreundlich sei. Weniger Personal, dafür neue Technik, wie das selbstständige Einchecken mittels einer App, wie man es vom Flughafen kennt, könnte eine Möglichkeit sein, die Kosten in den Griff zu bekommen. Neben klassischen Gästezimmern für den kurzen Verbleib soll es im neuen Hotel auch Studios geben, für Gäste, die länger bleiben wollen.
Nutzen will Weber die bereits vorhandene Infrastruktur der Gemeinde. „Wenn man im Sennhof eine Tagung abhalten kann, dann braucht man entsprechende Räume im Hotel nicht“, lautet sein Credo. Eine Bar im obersten Stockwerk soll für herrliche Ausblicke und wochentags für die Gelegenheit sorgen, sich selbst ein Bier zu zapfen. Abgerechnet wird dann mittels Chipkarte. Gesucht wird noch ein Betreiber für Hotel und Gastronomie. Ein klassisches Restaurant wird es nicht geben. „Davon haben wir in Heiligenberg genug“, ist Weber sicher.
Haus gegen Wohnung eintauschen
Nun geht es in die weiteren Planungen, die für die Bürger transparent sein sollen. Das Interesse ist jedenfalls groß und so mancher Heiligenberger überlegt sich, ob er nicht sein Haus gegen eine Wohnung mit Seesicht tauschen soll. „Für Familien mit Kindern wäre das eine gute Gelegenheit, an eine gebrauchte Immobilie zu kommen“, sagte Zuhörer Markus Leppert. Viele würden auf solche Gelegenheiten warten, da es kaum ein Angebot in Heiligenberg gebe.