Campingurlaub! Das war in den 1960er Jahren vor allem etwas für Leute aus den Ballungsräumen nördlich des Mains. Im Süden der Republik ließ man sich mit einer gewissen Zurückhaltung darauf ein – auch als Anbieter. Daran kann sich Maria Wirth noch gut erinnern. Sie ist das Haupt der Wirth-Familie, sie hat die Campinganlage im Osten der Stadt und das dortige Hotel mit aufgebaut. Ihr klingt noch immer im Ohr, wie ihre Schwiegermutter Hildegard Wirth vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert argumentiert hat: Falls doch nicht genug Gäste kommen sollten, so die Überlegung ihrer Schwiegermutter, könne man die geplanten Sanitäranlagen für den neuen Campingplatz ja in einen Stall für Schweine umwandeln. Nötig sei der Plan B für die sanitäre Keimzelle des heutigen 10-Hektar-Komfort-Campingplatzes dann aber nicht mehr gewesen, erzählt Maria Wirth. Denn entgegen allen Skeptikern sollte das Geschäft mit den Gästen, die im Zelt oder Caravan übernachten, von Anfang an florieren.

Gefragt bei Urlaubern: der Camping Wirthshof in Markdorf.
Gefragt bei Urlaubern: der Camping Wirthshof in Markdorf. | Bild: Gerhard Plessing

Früher ging es beschaulicher zu

Maria Wirth nimmt sich Zeit für das Interview im Frühstücksraum des Hotels Wirthshof. Hier, wo einst Mähdrescher standen, wo Trockenanlagen für Mais, Ballenpressen und andere Gerätschaften des landwirtschaftlichen Lohnunternehmens der Eheleute Bernhard und Hildegard Wirth standen, rührt Maria Wirth heute in ihrem Cappuccino. Freundlich grüßt sie die Gäste, die sich zum Frühstück einfinden. Die Hektik an den Rezeptionen, beim Einchecken auf dem Camping-Platz, bei der Anmeldung fürs Hotel, die haben Maria Wirths Söhne. "Es ist tatsächlich viel schlimmer geworden als früher", sagt Maria Wirth. "Heute rufen die Leute per Handy an und schicken außerdem eine E-Mail." An der Rezeption behalte man nur noch mit Mühe den Überblick, wann was reserviert oder doch noch frei ist.

Familienunternehmen in der dritten Generation: Maria Wirth hat ihre Kinder und Schwiegerkinder längst in die Geschäftsführung des ...
Familienunternehmen in der dritten Generation: Maria Wirth hat ihre Kinder und Schwiegerkinder längst in die Geschäftsführung des Campingplatzes und Hotels Wirtshof eingebunden – hier mit Sohn Claudius Wirth. Maria Wirth erinnert sich noch gut an die Startphase des Campingplatzes, der von ihren Schwiegereltern Ende der 1960er Jahre gegründet wurde. | Bild: Jörg Büsche

Damals, 1969, im ersten Jahr des Camping Wirthshof, sei es noch beschaulicher zugegangen. Es waren andere Zeiten. "Als mein Schwiegervater bei Bürgermeister Thiede nachgefragt hat, welche Anträge er stellen muss, hat der nur abgewunken." Dies mit den Worten: "So etwas kriegt man immer genehmigt." So kam es auch. Es kamen auch gleich die ersten Gäste: eine große Gruppe Zeugen Jehovas, die ein großes Treffen im nahen Friedrichshafen besuchten. Beim einmaligen Besuch sollte es nicht bleiben. Viele reisten im nächsten oder übernächsten Jahr erneut an, um nun richtigen Camping-Urlaub zu machen. Und manche dieser Familien kommen bereits in der dritten Generation.

Auto löst Ende der 60er die Bahn ab

Die Reisewelle rollte damals – dank des festen und bezahlten Jahresurlaubs. Man fuhr nach Italien, aber auch an den Bodensee. Überhaupt ging es nach vielfach ins Inland: auf die Nordsee-Inseln, in die Mittelgebirge, die Alpen. Erst Ende der 1960er Jahre soll sich das ändern, als allmählich mehr Deutsche ihren Urlaub im Ausland machen. Damals reiste der überwiegende Teil der Touristen mit der Bahn. Doch das Auto wurde immer beliebter als Reise-Vehikel. Der eigene VW, DKW oder BMW bringt die ganze Familie – relativ problemlos ans Reiseziel, zum Beispiel an die süddeutsche Riviera zwischen Lindau und Konstanz.

Campen unter Hochstämmen auf dem Gelände einer ehemaligen Landwirtschaft: 1969 ging es los mit dem Camping Wirthshof, der sich ...
Campen unter Hochstämmen auf dem Gelände einer ehemaligen Landwirtschaft: 1969 ging es los mit dem Camping Wirthshof, der sich inzwischen zu einem Fünf-Sterne-Campingplatz mit angeschlossenem Hotel entwickelt hat. | Bild: Wirtshof

Distanz um Bodensee kein Nachteil

Sieben Kilometer vom Bodensee lieget der Campingplatz. Was zunächst als Nachteil erschien, hat sich längst als günstig erwiesen. "Wenn die Plätze am See voll sind, kommen die Leute zu uns", erklärt Maria Wirth. Und überfüllt seien die See-Plätze stets sehr schnell. Die Camper kommen in der Regel wieder, sobald sie den Komfort des Platzes genossen haben.

Maria Wirth wusste schon immer, was die Gäste wünschen. Weil sie mit ihnen redet. Außerdem ging es im Urlaub mit der Familie immer auf andere Campingplätze, um Trends mitzukriegen. "Man muss es den Leuten bequem machen", lautet ihr Credo. Entschieden mehr Bequemlichkeit bringt zum Beispiel eine verstellbare Brause. Denn wenn die einen Schlauch am Duschkopf hat, müssen Mütter ihre Kinder nicht mehr mühselig auf dem Knie balancieren.

Dagmar und Wolfgang Häfner verbringen ihre Urlaube bereits seit 16 Jahren auf dem Campingplatz in Markdorf und sind mit dem Angebot sehr ...
Dagmar und Wolfgang Häfner verbringen ihre Urlaube bereits seit 16 Jahren auf dem Campingplatz in Markdorf und sind mit dem Angebot sehr zufrieden. | Bild: David Bäuerle

Derlei kleine Annehmlichkeiten gebe es viele, die die Gäste sehr schätzten. Die Zusatzangebote für die Freizeit auf dem Campingplatz Wirthshof – etwa der Gratis-Minigolf sowie die Wellness- und Fitness-Angebote – zeigen ihre Wirkung, ebenso die Hochseilanlage und Kletterflächen für die Kinder. "Wenn die Kinder zufrieden sind", weiß Claudius Wirth, der heute den Wirthschen Campingplaz managt, "bleiben die Eltern gerne."

Tourismus-Expertin Sylvia Westermann: Campingplätze sind eine feste Größe im Tourismus

Campingplätze sind im Trend. Und dieser Trend werde sich künftig sogar noch verstärken. Das sagt Sylvia Westermann, Geschäftsführerin der Tourismusgemeinschaft Gehrenberg-Bodensee in Markdorf.

Die Ursachen für diese Entwicklung macht Westermann unter anderem in der vermehrten Nachfrage nach erschwinglichen Übernachtungsmöglichkeiten aus. Einen weiteren Grund sieht sie in der gleichzeitigen Abnahme privat angebotener Ferienunterkünfte. "Die Generation, die private Ferienwohnungen angeboten hat, zieht sich mehr und mehr zurück aus diesem Geschäft", sagt die Touristikerin. Und niemand springe ein, sodass die Nachfrage auf lange Sicht ansteigen müsse. Darüber hinaus macht Sylvia Westermann ein wachsendes Gästepotenzial für Campingplatz-Betreiber unter den Wohnmobil-Benutzern aus. Die Fahrt mit dem eigenen Heim auf vier Rädern erfreue sich wachsender Beliebtheit – insbesondere bei vitalen Rentnern.

Hier zeichne sich klar ab, dass Qualitätsstellplätze gefragt seien. Die grüne Wiese reiche da längst nicht mehr aus. Es bedürfe diverser Anschlüsse. Großer Wert werde auch auf komfortable Sanitäranlagen gelegt, womit aber längst noch kein Ende erreicht sei. Der Sauna-Zugang, ein Wellness-Bereich seien weitere Themen. Die hohe Flexibilität dank des Wohnmobils sorge dafür, dass diese Gäste so lange fahren, bis sie den ihren Wünschen entsprechenden Platz gefunden haben. Da seien Fünf-Sterne-Campingplätze mit ihren zertifizierten Qualitätsstandards eindeutig im Vorteil.

Gelinge es den Campingplatzbetreibern dann auch noch, sich durch attraktives Eventmarketing wie besondere Freizeit-Angebote oder regelmäßige Märkte zu positionieren, sei der Erfolg quasi garantiert. Wichtig sei übrigens die Mischung, wenn zum Camping noch kleine Chalets oder ein Hotel kommen, so Sylvia Westerman. Die Geschäftsführerin der Tourismusgemeinschaft Gehrenberg-Bodensee beobachtet gerade im Bodenseeraum in dieser Hinsicht noch Entwicklunsbedarf. Der Nachfrage nach qualitativ Hochwertigem stehe bislang kein entsprechendes Angebot gegenüber. (büj)