Dass es verhältnismäßig wenige jüngere Jugendliche sind, die das Jugendcafé "Zepp" in der Markdorfer Zeppelinstraße kennen, das hat Jan Hendrick Münzer, einer der beiden städtischen Jugendbeauftragten, schon zu verschiedenen Anlässen erklärt. Dies auch mit einiger Verwunderung, als er vor einigen Wochen dem Gemeinderat in der Juli-Sitzung die Ergebnisse der im Frühjahr durchgeführten Jugendbefragung präsentiert hatte. Ebenso wenig bekannt ist offenbar aber auch das städtische Jugendvereinsheim für die Älteren bei der Skater-Anlage an der Ensisheimer Straße, in direkter Nachbarschaft zum Bildungszentrum. Dies ist jedenfalls ein weiteres Ergebnis der von insgesamt 626 Markdorfer Jugendlichen beantworteten Befragung.
Interesse an Selbstverwaltung
Insofern war es für Münzer keine große Überraschung, dass sich die auf Einladung der Markdorfer Umweltgruppe (UWG) zum Beach-Volleyball-Turnier gekommenen Jugendlichen bei der Befragung zu ihrem Freizeitverhalten neuerlich über das mangelhafte Angebot an geeigneten Räumlichkeiten für Jugendliche beklagt haben. Münzer lud dazu ein, sich doch das "Skates-Open" – wie das frühere Jugendvereinsheim neben dem Bildungszentrum mittlerweile heißt – einmal näher anzuschauen.
Nicht wenige kamen, so berichtet der Jugendbeauftragte nun, und sie seien überrascht gewesen über die gute Ausstattung der dortigen Räumlichkeiten, erklärt er. Mehr noch: "Es gab großes Interesse, eventuell in diesen Räumen ein selbstverwaltetes Angebot für junge Erwachsene auf die Beine zu stellen." Nun sei man in der Ideenfindungsphase, erklärt der Jugendbeauftragte.

In der Nachbarschaft klappt das
Jugendräume, an deren Angebotskonzepten Jugendliche oder junge Erwachsene mitgearbeitet haben, gibt es vielerorts. Jüngst hat der Oberteuringer Gemeinderat beschlossen, den bereits vorhandenen Jugendraum "wiederzubeleben" – und das unter Beteiligung Jugendlicher. In Böhringen funktioniert dies bereits, ebenso im "café connect" in der Radolfzeller Innenstadt. Mitplanend und mitgestaltend bringen sich junge Menschen indes auch in Überlingen, Radolfzell und Friedrichshafen ein.
Jan Hendrick Münzer und Ralf Waldenmayer vom Markdorfer Jugendreferat wollen nun dem festen Kreis der Skate-Anlagen-Nutzer ein Angebot machen. Aus dessen Mitte – es handelt sich immerhin um eine Gruppe von bis zu 30 Personen – sollen sich Ansprechpartner finden, die den "Skates-Open"-Betrieb in die eigene Hand nehmen. "Damit ließen sich dann auch weitere Öffnungszeiten einrichten", erklärt Münzer.

Erste Stufe des vierstufigen Modells
Derzeit befinde man sich in Markdorf noch auf der ersten Stufe eines insgesamt vierstufigen Jugendraum-Modells in einer Kommune. Auf diesem Niveau sorgt die Gemeinde für geeignete Räumlichkeiten, außerdem für eine geregelte Betreuung. Auf Stufe zwei lassen sich die Jugendlichen dann schon freiwillig zur Mithilfe einbinden. Die dritte Stufe ist erreicht, wenn die Jugend ihren Treff gänzlich eigenständig nutzt, die Betreuer nur noch die Verwaltung leisten. Auf Stufe vier gibt es dann eine Selbstverwaltung – zumeist durch einzelne junge Erwachsene oder eine Bürgergruppe, die sich kümmert.
Option VHS-Gebäude
Mit der Bereitschaft zur Gründung einer solchen Gruppe rechnet UWG-Vorsitzender Joachim Mutschler. Er hält dieses Modell für einen sinnvollen Weg, so hat er im Nachgang des Beach-Volleyball-Turniers signalisiert.
Linda Amazo ist sehr zuversichtlich, dass sich an der Skate-Anlage in naher Zukunft ein breiteres Angebot als bisher entwickelt. Die 20-Jährige selbst hat den Bereich bislang jedoch nur selten besucht. Doch inzwischen tue sich dort etwas, meint sie. Seit es neue Sitzgelegenheiten im Außenbereich gibt, kämen mehr Jugendliche, so beobachtet sie. Beim Workshop zur Weiterentwicklung des Geländes war sie dabei und ist nun zuversichtlich, dass von der Stadtverwaltung versprochene Veränderungen in überschaubarer Zeit umgesetzt werden. "Schlimm wäre, wenn jetzt zwei Jahre lang nur geplant wird", erklärt Linda Amazo. Begrüßen würde sie auch, wenn das von Bürgermeister Georg Riedmann gemachte Angebot, auch die ehemaligen VHS-Räume an der Ravensburger Straße für Jugendliche zu öffnen, umgesetzt werden könnte. "Das wäre ein idealer Standort, zentral in der Stadt – und in der Nähe vom Bahnhof."

Jugendreferat bietet Kooperation an
Hier, im ehemaligen VHS-Gebäude, bietet Münzer die Kooperationspartnerschaft des Jugendreferats an. Ansonsten setzt er dort auf Selbstverwaltung. Eine andere Räumlichkeit, die ebenfalls schon im Gemeinderat angesprochen worden ist, das der Stadt gehörende Dosch-Haus in der Marktstraße, steht nicht zur Verfügung. "Wegen des schlechten Zustands der Haustechnik", erklärt Bürgermeister Georg Riedmann, käme es für eine Regelnutzung nicht infrage.
Das Markdorfer Jugendreferat hat vor einigen Wochen die Öffnungszeiten für das "Skates-Open" an der Ensisheimer Straße verändert. Offen ist es nun mittwochs und freitags von 15.30 Uhr bis 20 Uhr.
Jugendräume in der Region
- In Friedrichshafen gibt es die "Molke", ein Jugend- und Kulturzentrum, in dem offene und auch mobile Jugendarbeit angeboten wird. Sie ist der Ort des Häfler Jugendparlaments, es finden Workshops statt. Im Angebot sind Sport, Grillen und Chillen, außerdem Beratung zu altersrelevanten Themen. Ein Internetanschluss ist vorhanden. Trägerin ist die Stadt. Sie wird dabei von der Zeppelinstiftung unterstützt. Weitere Jugendtreffs gibt es in Ailingen und Kluftern, zum Teil nach Altersgruppen getrennt.
- Auch in Radolfzell findet dezentrale Jugendarbeit statt. So findet sich ein Jugendraum in Böhringen, eine von den Jugendlichen selbst verwaltete Hütte mit starker Eigenbeteiligung. Die Ortsverwaltung und ein Unterstützerkreis Böhringer Bürger unterstützen. Außerdem gibt es mitten in Radolfzell das "café connect", mit kostenlosem W-Lan, Tischkicker, Zeitungen und Zeitschriften und weiteren Freizeitangeboten. Es findet offene und mobile Jugendarbeit statt. Kooperiert wird mit dem örtlichen Mehrgenerationenhaus, Bildungsträgern, Jugendgemeinderat und städtischen Bildungsträgern.
- In Überlingen treffen sich Jugendliche im "Pepp-in", das vom Jugendreferat unterstützt wird. Es gibt eine Grillstelle am See, Angebote zur Informationsvermittlung, Hausaufgabenhilfe, Hilfe bei der Jobsuche und bei der Bewerbung. Die Jugendlichen beteiligen sich an der Gestaltung. Außerdem gibt es das Jugendzentrum "Rampe" im ehemaligen Bahnhof von Nußdorf. Es wird vom Jugendreferat begleitet. (büj)