Mit Worten wie "historisch" oder "dramatisch" sollte man erfahrungsgemäß sparsam umgehen. Auf den Bürgerentscheid zum Rathausumzug ins Bischofsschloss treffen sie aber zu. Fünf Stimmen mehr bei abgegebenen 5435 gültigen Stimmen hatten die Umzugsgegner, als das Endergebnis am Sonntag um 18.45 Uhr aufploppte. Das sind nicht einmal 0,1 Prozent aller Stimmen. Das Argument "Jede Stimme zählt", mit dem man die Bürger für gewöhnlich zur Wahl bewegen möchte, hatte in diesem Fall absolute Gültigkeit. Wie viele Markdorfer werden sich heute sagen, wäre ich doch besser zur Wahl gegangen? Wir wissen es nicht. Aber alles lamentieren hilft nichts. Der Bürger als Souverän hat entschieden, sein Votum zählt.

Im Rathaus und in den Fraktionen des Gemeinderates herrscht heute Katzenjammer. Selbst bei der SPD, die den Entscheid gefordert hatte und als einzige Fraktion geschlossen das Vorhaben ablehnte. Denn das Ergebnis ist alles andere als ein klares Meinungsbild, im Gegenteil: Jene Hälfte der wahlberechtigten Bürgerschaft, die das Thema interessierte, ist in zwei gleich große Lager gespalten. Die Umzugsgegner der Bürgerinitiative Bischofsschloss, die den Entscheid herbeigeführt hatte, ist kein strahlender Sieger, sondern nur der glückliche Gewinner.

Die Konsequenz? Ratlosigkeit allenthalben. "Was sollen wir denn sagen?": Die Reaktion der CDU-Fraktionschefin Susanne Sträßle im Gespräch mit dem SÜDKURIER steht stellvertretend für die Stimmung, die am Sonntagabend im Ratssaal herrschte. Jeder wusste, so wie bisher wird es in der Causa Bischofsschloss nicht weitergehen. Doch wie es weitergehen wird, weiß keiner.

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Gewiss ist nur Eines: In Markdorf werden ab heute die Uhren wieder auf Null gestellt. Ein Hotel am Rathausplatz? Vermutlich gestorben. Ebenso ein Supermarkt oder jede andere potenzielle Investorenlösung. Stattdessen wohl ein saniertes und erweitertes bestehendes Rathaus am jetzigen Ort. Aber mit einem der Entwürfe aus dem misslichen Architektenwettbewerb? Eher nicht. Und das Bischofsschloss? Das bleibt fürs Erste so, wie es ist: Leer. Daran wird sich im kommenden Jahr, womöglich auch in den nächsten Jahren, nichts ändern. Wieder ein Hotel im Schloss? Das wird es nur in den Tagträumen von Romantikern geben.

Bürgermeister Georg Riedmann, der am Sonntag die erste schwere Niederlage seiner fünfjährigen Amtszeit einstecken musste, sein Team im Rathaus und den Gemeinderat erwartet in den kommenden Wochen und Monaten eine Herkulesarbeit. Haushaltsplanentwurf 2019 und Finanzplanung der Stadt müssen wieder aufgedröselt werden, die bisher fürs Schloss erhaltenen Zuschüsse von 2,25 Millionen Euro gehen zurück ans Land. Und dann ist neu Nachdenken angesagt, die Stunde Null. Weitergehen wird es. Doch der Weg muss erst noch gefunden werden.