So ein Mist. Inzwischen hat das Nervenkostüm Löcher, die gefühlt so groß wie Scheunentore sind. Der Bluray-Player versagt seinen Dienst. Egal ob CD-, DVD- oder Bluray, das Gerät rattert etwas und spuckt nach ein paar Sekunden jede der zuvor eingelegten Silberscheiben wieder aus. Ein böser Verdacht kommt auf: Ist die Mechanik defekt? Denn regelmäßig ist eine Reinigungs-CD verwendet worden, die mit Bürstchen die Laser-Linsen von Staubpartikeln oder kleinsten Fasern befreien soll.

Reparieren statt wegwerfen

Nun stellt sich die Frage, ob ein neues Gerät gekauft werden soll. Die Garantiezeit des defekten Bluray-Players ist längst abgelaufen. Das Ganze ist ärgerlich, denn der Erinnerung nach hat der Kasten einen dreistelligen Euro-Betrag gekostet. Für ein vergleichbares Gerät müssten nun mindestens 70 Euro, eher mehr ausgegeben werden... Aber irgendwie widerstrebt es mir, ohne einen Reparaturversuch der Wegwerfgesellschaft beizutreten und die Kiste als Elektroschrott zu entsorgen.

"Pro Jahr haben wir um die 300 Reparaturfälle. Die Erfolgsquote liegt bei mehr als 70 Prozent", sagt Karl Werkmeister, Teamleiter des ...
"Pro Jahr haben wir um die 300 Reparaturfälle. Die Erfolgsquote liegt bei mehr als 70 Prozent", sagt Karl Werkmeister, Teamleiter des Markdorfer Reparatur-Cafés | Bild: Jörg Büsche

Auf ins Reparatur-Café

Nach einiger Zeit des Grübelns kommt die zündende Idee: Im Markdorfer Mehrgenerationenhaus (MGH) wird doch regelmäßig ein Reparatur-Café angeboten! Hätte ich ja gleich drauf kommen können. Also am Dienstag um 14 Uhr auf zum Selbstversuch, etwas technisches Verständnis ist ja vorhanden. Mit dem Bluray-Player, ein paar Schraubendrehern für Feinmechaniker in unterschiedlicher Größe, Fernbedienung, Anschlusskabel und CD im Gepäck, geht's ins Gebäude Spitalstraße 3. Ein fast mannshoher Aufsteller vor dem Haus weist den Weg.

Gleich startet Toni Ganters Selbstversuch mit einem defekten Bluray-Player im Reparatur-Café des Mehrgenerationenhauses Markdorf. Ein ...
Gleich startet Toni Ganters Selbstversuch mit einem defekten Bluray-Player im Reparatur-Café des Mehrgenerationenhauses Markdorf. Ein Aufsteller weist den Weg. | Bild: Jörg Büsche

Helfer gleich zur Stelle

Im Café ist schon einiges los. Die Mitglieder des Reparatur-Teams sind leicht erkennbar, sie tragen hellgrüne T-Shirts mit aufgedrucktem Logo und Namensschildchen. Rainer Conzelmann, nimmt sich mir und meines Bluray-Players an. "Was ist das Problem?", fragt er. Meine Antwort: "Der Bluray-Player spielt nichts mehr ab – keine CD, DVD oder Bluray. Die wirft er ohne Abspielstart wieder aus." Zunächst gilt's ein Formular auszufüllen, Anmerkungen durchzulesen und durch Unterschrift zu bestätigen.

 

Werkstatträume im Keller

Mit dem defekten Gerät geht's ein paar Stufen hinunter in die Keller-Werkstatt. Zwei Tischreihen mit Stühlen zu beiden Seiten, ausgestattet mit Steckdosenleisten und Tischlampen sind für bevorstehende Heldentaten verfügbar. Gemeinsam öffnen Conzelmann und ich das Gehäuse des Bluray-Players. "Sehr servicefreundlich", sagt Conzelmann. Denn der Gehäusedeckel und die Seitenteile sind lediglich geklipst, statt geschraubt oder geklebt.

Rainer Conzelmann, einer der Helfer des Reparatur-Cafés hört sich von Toni Ganter die Fehlerbeschreibung an und beobachtet, was der ...
Rainer Conzelmann, einer der Helfer des Reparatur-Cafés hört sich von Toni Ganter die Fehlerbeschreibung an und beobachtet, was der Bluray-Player nach dem Einlegen einer CD macht. | Bild: Jörg Büsche

Im Gerät auf Fehlersuche

Nachdem der Gehäusedeckel entfernt ist, muss die eigentliche Abspieleinheit geöffnet werden. Die vier Schräubchen sind gemeinsam ruckzuck herausgedreht, zwei etwa fingerbreite Flachbandkabel gelöst und herausgezogen. Conzelmann öffnet auch den den Deckel der Abspieleinheit. Denn er will testen und sehen, ob bei eingelegter Silberscheibe sich der Schlitten mit Lasereinheit so bewegt, wie es sein soll. "Im Inneren Ring von CDs, DVDs oder Blurays sind die Informationsdaten. Wenn die Laser-Linsen mittels Schlitten nicht dorthin bewegt werden können, erkennt das Gerät das Medium nicht", erklärt der gelernte Elektroinstallateur, der an der Tettnanger Technikerschule ein Studium der Fachrichtung Informatik absolvierte und bis zum Ruhestand rund 30 Jahre als Informatiker aktiv gewesen ist.

Gemeinsam öffen Rainer Conzelmann und Toni Ganter das Gehäuse des Bluray-Players, um an die Abspieleinheit zu kommen.
Gemeinsam öffen Rainer Conzelmann und Toni Ganter das Gehäuse des Bluray-Players, um an die Abspieleinheit zu kommen. | Bild: Jörg Büsche

Diagnose in Minutenschnelle

Nach einem Testlauf mit einer CD steht Conzelmann auf und kehrt mit einem Fläschchen Isopropanol (Alkohol) und einem Wattestäbchen zurück. "Die Laser-Linsen sind verschmutzt", lautet seine Diagnose. Denn der vorhin erwähnte Schlitten arbeitet, wie er soll und erreicht den inneren Ring des Datenträgers. Ich kann's kaum glauben: "Ich lege doch regelmäßig eine Reinigungs-CD ein." Conzelmann winkt leicht schmunzelnd ab. Früher oder später bilde sich ein Schmutzfilm, der von den Bürstchen der Reinigungs-CD nicht wirklich beseitigt werden könne. "Der Alkohol entfernt den Schmutzfilm komplett und verdunstet rückstandslos", erklärt Conzelmann.

Rainer Conzelmann und Toni Ganter bauen die geöffnete Abspieleinheit wieder in das Playergehäuse ein, um dann zu testen, ob der ...
Rainer Conzelmann und Toni Ganter bauen die geöffnete Abspieleinheit wieder in das Playergehäuse ein, um dann zu testen, ob der Schlitten mit Laser-Linsen arbeitet, wie er soll. | Bild: Jörg Büsche

Auf Reinigung folgt Testlauf

Erneut eine CD eingelegt ... Und siehe da: In der Frontanzeige des Bluray-Players ist zu sehen, dass der Datenträger erkannt worden ist und abgespielt wird. Sicherheitshalber geht es in einen weiteren Raum. Der Bluray-Player wird an einen Fernseher angeschlossen, um noch einen Testlauf mit einer Film-DVD zu absolvieren. Der Player spuckt den Datenträger wieder aus... Nanu?

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Test bei offenem Bluray-Player Video: Jörg Büsche

Flachbandkabel sitzt nicht richtig

Noch einmal zurück an den Werktisch und erneut alles durchkontrollieren. Nach wenigen Sekunden ist klar, warum's nicht funktioniert hat: Ein minimaler Wackler des Flachbandkabels im Stecker, weil dessen Klemmbügel nicht ganz heruntergedrückt war. Der zweite Testlauf mit eingelegter Film-DVD: Mittels Fernbedienung kurz durch das DVD-Menü und eine Filmsequenz gestartet. Jawollja, der Player funktioniert wieder wie eh und je. Ich bin begeistert: "Da hab' ich ja noch mal Glück gehabt – nie und nimmer hätt' ich geglaubt, dass tatsächlich ein Schmutzfilm auf den Laser-Linsen die Ursache war."

Darauf achten, dass die Flachbandkabel richtig in den Steckern sitzen und mit den klappbaren Klemmbügeln fixiert sind.
Darauf achten, dass die Flachbandkabel richtig in den Steckern sitzen und mit den klappbaren Klemmbügeln fixiert sind. | Bild: Toni Ganter

Erfolg nach einer halben Stunde

Rund eine halbe Stunde hat die Reparatur-Aktion im Falle meines Bluray-Players gedauert. Und die hat mich davor bewahrt, ein Neugerät zu kaufen, was gar nicht notwendig gewesen ist. Da fällt es sehr leicht, ein bereitstehendes Sparschwein mit einer Spende zu füttern.

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Zusammenbau des Bluray-Players Video: Jörg Büsche

Das Reparatur-Café hat laut Teamleiter Karl Werkmeister eine beeindruckende Bilanz: "Pro Jahr haben wir rund 300 Reparaturfälle. Die Erfolgsquote liegt bei mehr als 70 Prozent."

Hilfe zur Selbsthilfe

Reparieren anstatt wegwerfen und selbst ist der Mann oder die Frau lauten zwei Grunprinzipien des Reparatur-Cafés. Das Angebot ist als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht.

  • Die Mitglieder des Reparatur-Cafés leisten Hilfestellungen beim Reparieren von Alltagsgegenständen wie beispielsweise Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte oder Spielzeug. "Es ist wichtig und gewünscht, dass die Besucher mitmachen, um zu sehen, wie so eine Reparatur vonstatten gehen kann", erklärt Teamleiter Karl Werkmeister. Sofern derselbe Fehler wieder auftaucht, kann dieser dann daheim in Eigenregie behoben werden. "Wir schauen uns alles an. Bei schwierigen Fällen forschen wir nach Lösungsmöglichkeiten. Es kann aber auch sein, dass eine Reparatur nicht mehr möglich ist, weil es keine Ersatzteile mehr gibt", so Werkmeister.
  • Das Team zählt derzeit 13 Mitglieder: Karl Werkmeister (Diplom-Ingenieur Allgemeine Feinwerktechnik) leitet die Mannschaft. Weitere Mitglieder sind: Christoph Braun (Diplom-Ingenieur Elektrotechnik), Dietrich Brandt (Diplom-Physiker), Rainer Conzelmann (Informatiker), Erwin Eichel (Diplom-Ingenieur Maschinenbau), Albert Fuchs (Uhrmachermeister), Wolfgang Gleichauf (Betriebswirt BWL), Jürgen Heidbreder (Diplom-Physiker), Hansjörg Karcher (Elektromechaniker), Gabriel Linder (Kfz-Mechaniker), Helmut Müller (Elektriker), William Ruprecht (Elektroniker), Hans Wagner (Diplom-Physiker).
  • Das Reparatur-Café im Markdorfer Mehrgenerationenhaus (Spitalstraße 3) ist im Regelfall an jedem ersten und dritten Dienstag eines Monats jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Die nächsten beiden Termine sind am 6. sowie am 20. November.
  • Kontakt: Karl Werkmeister, Telefonnummer 0 75 44/9 66 96 64, E-Mail: rc-m@gmx.de