Nachbar Frank Bombis wohnt geschätzte 60 Meter von der Markdorfer Trendsportanlage entfernt. Er ist genervt, weil dort am 20. sowie am 27. Juni wieder Partys bis tief in die Nacht gefeiert worden seien.
„Erdwall bringt lärmtechnisch nichts“
„Der Erdwall ist zu niedrig und zu flach, der bringt in lärmtechnischer Hinsicht gar nichts, die Bäume und Sträucher sind lediglich Sichtschutz.“ Ja, coronabedingt sei während des Shutdowns eine ganze Weile Ruhe gewesen. „Doch nun verfestigt sich‘s, dass sich mindestens einmal pro Woche samstags ab 20 Uhr zwei unterschiedliche Gruppen dort treffen und feiern, mit Musik und Geschrei.“

Am 20. Juni habe er um 0.24 Uhr die Polizei in Überlingen angerufen, erzählt Bombis, „dort waren jedoch keine Kapazitäten frei.“ Am 27. Juni seien zwischen 20 und 21 Uhr wieder 15 bis 20 Personen auf der Trendsportanlage gewesen. Von einem unbekannten Anwohner sei die Polizei gerufen worden. Gegen 22.20 Uhr seien drei Einsatzwagen eingetroffen. Rechtzeitig vorgewarnt, hätten Personen vor Eintreffen der Polizei das Areal verlassen, heißt es in einer E-Mail, die Bombis an das Ordnungsamt der Stadt Markdorf, an das Polizeirevier Überlingen sowie an die Redaktion geschickt hat.
Polizeisprecher bestätigt Einsatz vom 27. Juni
Oliver Weißflog, ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg, bestätigt den Einsatz an jenem 27. Juni. „Es gab mehrere Notrufe, dass sich sechs bis sieben Personen streiten und sich wohl auch angreifen würden. Es gab den Hinweis, dass sich zwei Gruppen verfolgt hätten. Es sind tatsächlich drei Streifen entsandt worden.“

Im Zuge der Überprüfungen seien dann auf dem Skatepark nur noch zwei Personen gewesen. „Ein Stück abseits waren dann noch weitere Personen. Eine Schlägerei wurde abgestritten, es sei nur zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen“, erklärt Weißflog. Fast alle seien alkoholisiert gewesen, „beim 16-jährigen Hauptwortführer wurden mehr als 2 Promille festgestellt. Bei zwei weiteren Jugendlichen jeweils etwa 1,5 Promille. Alle drei Minderjährigen wurden von der Polizei an die jeweiligen Erziehungsberechtigten übergeben“.
Frank Bombis befürchtet, dass es wieder so extrem werden könnte wie vor zwei Jahren. „Da waren den Sommer über jedes Wochenende Partys, freitags und samstags, das ging teilweise bis um 3 oder 4 Uhr.“

Nach eigenen Angaben ruft Bombis die Polizei nur noch in Notfällen, wenn das Treiben zu heftig werde und er das Gefühl bekomme, dass es eine Schlägerei geben könnte. „Ich find‘s eher traurig, dass man die Polizei wegen Ruhestörungen holen muss.“ Bombis gibt sich ein Stück weit verständnisvoll: „Wenn‘s mal bis 22 Uhr geht, ist mir das eigentlich wurscht. Aber dann muss doch endlich die allgemeine Nachtruhe eingehalten werden.“
Außenstehende können Lärmbelastungen der Anwohner kaum glauben
Bombis schildert, dass ihm gar nicht geglaubt werde, wie viel Lärmbelastung durch das Partyvolk verursacht werde: „Ich sage dann immer: vorbeikommen, selber schauen und hören. Ich stelle dann auch etwas zum Trinken hin, solange die Besucher auf meinem Balkon sind.“
„Diejenigen, die Rabatz machen, haben mit Skaten oder Sport nichts am Hut“
Nach Ansicht von Bombis hat der Betreiber einer solchen Anlage, sprich die Stadt Markdorf, Pflichten und muss dafür sorgen, „dass alles ordentlich zugeht“. Er unterscheidet nach eigenem Bekunden auch: „Diejenigen, die Rabatz machen, haben mit Skaten oder Sport nichts am Hut. Die Skater müssen selber oft genug aufräumen und kehren, bevor sie die Trendsportanlage nutzen können.“
Forderung: Das Gelände sollte eingezäunt werden
In seiner E-Mail schreibt Bombis außerdem: „Wenn die Stadt Markdorf die Jugend und das Partyvolk mit 750 000 Euro beglückt, sollten auch einige Zehntausender für die Anwohner drin sein. Das Gelände sollte eingezäunt werden, täglich nach Nutzungsende geräumt und abgeschlossen werden. Ansonsten wollen die Anwohner endlich wissen, wie die Stadt im Hinblick auf den beschlossen Ausbau der Anlage das Problem der zweckwidrigen und unzulässigen Nutzung lösen will.“ Ein vor einiger Zeit angebrachtes Blatt Papier mit dem Hinweis auf die beschränkte Nutzungszeit von 9 bis 20 Uhr sei längst abgerissen worden. „Eine Benutzungsordnung, die diese Bezeichnung verdient, existiert meines Wissens nicht“, sagt Bombis.
Seit Pfingsten Kontrollen durch Wach- und Sicherheitsdienst
Auf Nachfrage dieser Zeitung nimmt Ordnungsamtsleiter Jürgen Hess Stellung. „Seit Pfingsten hat der von uns beauftragte private Sicherheitsdienst Kontrollen durchgeführt. Dabei wurden Verstöße gegen das Aufenthaltsverbot beziehungsweise die Nutzungsdauer, Gruppenbildung zu Partyzwecken und Alkoholkonsum, Lärmbelästigungen, sowie Verunreinigungen – zerbrochene Flaschen und Umverpackungen – festgestellt. Die Verursacher wurden aufgefordert, den Bereich zu säubern und zu verlassen.“ Private Sicherheitsdienste haben laut Hess „jedoch keine Kompetenz zur Aufnahme von Personalien und Einleitung von Bußgeldverfahren“.
Stadtverwaltung erarbeitet Nutzungsordnung
Wie der Ordnungsamtsleiter erklärt, wird es weiterhin Kontrollgänge durch den Wachdienst geben. „Durch die nachhaltigen Kontrollen hat sich die Situation gebessert, es kommt aber nach wie vor zu den oben beschriebenen Verstößen.“ Der provisorische Hinweis zu den Benutzungszeiten sei erst vor kurzem entfernt worden. „Er wurde nun erneut angebracht“, berichtet Hess. Es sei eine Benutzungsordnung vorhanden, „die sich aber nur auf die physische Benutzung der Anlage“ beziehe. „Wir werden die Anregung von Herrn Bombis aufgreifen und zeitnah eine ergänzte Benutzungsordnung erstellen, die auch Angaben zu den Benutzungszeiten unabhängig von der aktuellen Corona-Situation enthält.“ Die neue Benutzungsordnung werde dann beschildert.
Derzeit keine rechtliche Möglichkeit zur Videoüberwachung
Eine Einzäunung des Areals sei derzeit nicht geplant, „wir werden aber die Umsetzbarkeit des Vorschlags prüfen“, erklärt Hess. Während früheren Beratungen im Gemeinderat ging es auch um eine Videoüberwachung auf der Anlage. Dazu führt der Ordnungsamtsleiter aus: „Eine Videoüberwachung ist nach derzeitigem Stand aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Im öffentlichen Raum ist eine Videoüberwachung nur im Bereich von Kriminalitätsschwerpunkten zulässig.“

Gelegentliche Sachbeschädigungen oder bloße Ordnungswidrigkeiten wie zum Beispiel Ruhestörungen genügen laut Hess diesen Anforderungen nicht. „Wir werden dennoch im Rahmen der baulichen Erweiterung der Trendsportanlage die technischen Einrichtungen wie Stromanschluss und so weiter vorsehen, um gegebenenfalls nachträglich jederzeit eine Videoüberwachung installieren zu können.“ Derzeit laufe eine Anfrage an die Polizei zu einer eventuellen Videoüberwachung beim Bahnhofsgebäude. „Die Polizei hat eine Stellungnahme zugesagt, die auch Ausführungen zur datenschutzrechtlichen Umsetzbarkeit enthalten wird. Sobald diese vorliegt, werden wir weitere Entscheidungen treffen.“
Das sagt ein Markdorfer Skatboarder zum Thema
Der Markdorfer Skateboarder David Castner ist nach eigenem Bekunden im Regelfall „mindestens jeden zweiten Tag“ auf der Trendsportanlage. Der 19-Jährige sieht das Thema so: „Es gab schon Wochenenden, da mussten mehr Scherben aufgekehrt und weggeräumt werden als an anderen. Soweit ich das beobachtet habe, gab es in den vergangenen vier Wochen weniger Scherben wegzuräumen... Es gibt schon Unterschiede: Wir Skater sind da, die Anlage ist sauber. Andere sind da und Scherben und Müll müssen aufgeräumt werden.“
Das sagt der Jugendbeauftragte Jan Münzer
Jan Münzer, Jugendbeauftragter der Stadt Markdorf, äußert sich so zur Thematik: „Die Trendsportanlage gehört für viele Jugendliche zu den attraktiven Orten in Markdorf. Ich weiß von vielen Jugendlichen, dass sie dort regelmäßig mit Freunden ihre Zeit verbringen. Es ist auch kein neues Phänomen, dass nach 22 Uhr Musikanlagen die Anlage beschallen. Ob dabei Grenzwerte überschritten werden und wurden, ist bisher nicht nachgewiesen.“

Im Oktober 2018 hat Münzer nach eigenen Angaben „mit einigen direkten Nachbarn gesprochen. Diese haben mir die Rückmeldung gegeben, dass es vor allem die lautstarken Fahrzeuge und die nächtlichen Rückkehrer aus dem Lemon sind, die sie am meisten störten.
Informationsblätter an Anrainer verteilt
Wir haben damals allen Anrainern Infoblätter eingeworfen, mit der Bitte, sich an uns zu wenden, wenn Ruhestörungen passieren. 2019 haben wir zwei Rückmeldungen bekommen, die allerdings keine Beschwerden waren.“ Als Jugendreferent könne er, Münzer, „nur auf die Jugendlichen zugehen und an deren Gewissen appellieren. Dabei thematisiere ich zumeist ihre Verbundenheit und Wertschätzung zu den anderen Skatern, dem Jugendraum sowie dem Platz an sich.“
Kontrollen mit echten Konsequenzen nötig, außerdem Nutzungsordnung
Münzer ergänzt: „Als größtes Problem an der Anlage sehe ich Glasscherben und motorisierte Fahrzeuge, die dort verbotenerweise regelmäßig runterfahren und schon die ein oder andere gefährliche Situation geschaffen haben. Als zeitnahe Lösung würde ich mich erstens für regelmäßige Kontrollen mit echten Konsequenzen aussprechen und zweitens für die Aufstellung einer Nutzungsordnung.“
Stimmen von Stadträten zum Thema Partylärm auf der Trendsportanlage
Die Redaktion hat bei Mitgliedern des Markdorfer Gemeinderats zum Thema Partylärm auf der Skateranlage nachgehakt:
Joachim Mutschler (Umweltgruppe): „Ich bin ein absoluter Befürworter einer Videoüberwachung. Ich gehe davon aus, dass man im Einvernehmen mit den relevanten Behörden und Polizei und unter Beachtung gesetzlicher Regelungen durchaus zu einer Lösung Videoüberwachung kommen kann.“ Für Mutschler ist wichtig, dass unterschieden wird. „Die Trendsportanlage ist nicht für jene Gruppierungen gedacht, die dort randalieren wollen. Ich komme häufig an der Trendsportanlage vorbei und freue mich über die rege und vernünftige Nutzung. Ich bin weiterhin für die Trendsportanlage, aber es braucht ein Sicherheitskonzept.“
Alfons Viellieber (CDU): „Grundsätzlich ist die Trendsportanlage eine positive Sache. Es muss Spielregeln geben, die eingehalten werden – ohne Kompromisse. Es darf nicht passieren, dass Jugendliche, die diese Anlage gar nicht im eigentlichen Sinn nutzen und nur feiern wollen, einen negativen Eindruck entstehen lassen und das Image dieser positiven Einrichtung beschädigen. Wenn Kontrollen durch Polizei und Wachdienst ausreichen, soll‘s recht sein. Der Schutz der Nachbarn hat Vorrang, der muss gewährleistet sein.“ Aber wenn gar nichts fruchte, man der Lage nicht Herr werde, dann werde man um eine Videoüberwachung, das Einzäunen, das Räumen nach Ende der Nutzungszeit und abschließen nicht herumkommen. „Was aber nach Möglichkeit nicht passieren soll.“
Arnold Holstein (Freie Wähler): „Die Anwohner haben ein Recht auf Ruhezeiten, sie beschweren sich nicht unbegründet. Es sind ja nicht nur die unmittelbaren Nachbarn betroffen, der Lärm betrifft auch weiter entfernte Straßenzüge.“ Eine Videoüberwachung helfe eigentlich nur im Nachgang. Eine Umzäunung würde den Zugang zur Tennishalle erschweren und dem öffentlichen Charakter der Trendsportanlage nicht entsprechen. „Das Überwachen durch Securitykräfte ist wie ein Katz-und-Maus-Spiel, sie machen keine Jugendarbeit. Es bringt auch nichts, die Jugendlichen dauernd zu vertreiben, das verlagert das Problem. Wir müssen sie mitnehmen, sie brauchen ein Angebot. Es ist eine Aufgabe für Sozial- und Jugendarbeiter, herauszufinden, was die Jugendlichen wirklich wollen, um eine Lösung zu finden.“
Wolfgang Zimmermann (SPD): „Prinzipiell ist es gut, dass es die Trendsportanlage gibt. Und es muss unterschieden werden. Man darf die Auswüchse einzelner nicht so interpretieren, dass die Anlage zunehmend als Problem gesehen wird. Denn Sinn und Zweck der Trendsportanlage ist es eben nicht, dass dort Partys bis in die Nacht gefeiert werden.“ Da seien beispielsweise Kontrollen durch einen Wachdienst ein Instrument, um für Ordnung zu sorgen. Oder, dass die Polizei einschreite und Partys auflöse. „Diejenigen, die sich gar nicht an geltende Regeln und die Benutzungszeit halten wollen, weil sie ihre Interessen über das Gebot der Rücksichtnahme stellen, diese Unbelehrbaren müssen nach den rechtlichen Möglichkeiten konsequent zur Verantwortung gezogen werden. Zum Beispiel durch Ordnungswidrigkeitsverfahren. Wer nicht hören will, muss fühlen.“
Rolf Haas (FDP): „Wir – die FDP und ich als FDP-Stadtrat – finden es grundsätzlich gut, dass es überhaupt Angebote für Jugendliche gibt. Man sollte versuchen, mit diesen Gruppierungen, die Regelverstöße begehen, in Dialog zu treten und die Ursachen dafür zu ermitteln. Vielleicht können auch die Rädelsführer ins Boot geholt und zu einer positiven Einstellung gebracht werden.“ Sollte das nicht greifen, müssten laut Haas die Verstöße nach den rechtlichen Möglichkeiten mit Sanktionen belegt werden. „Wenn das alles nichts bringt, müsste die Trendsportanlage nach Ende der Benutzungszeit tatsächlich geräumt und abgeschlossen werden, was dann mit Kosten verbunden ist.“
Toni Ganter