Die Gegner der Südumfahrung haben ihr Bürgerbegehren gestartet: Am Freitag informierte das Aktionsbündnis Stop Südumfahrung auf dem Stüblehof im Markdorfer Süden über seinen Fahrplan. Danach, so Frieder Staerke, sollen die Unterschriftenlisten und Info-Blätter zu dem Bürgerbegehren, mit dem das Bündnis einen neuen Bürgerentscheid zur Südumfahrung herbeiführen möchte, am Freitag nächster Woche an alle Haushalte verteilt werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Knapp 800 Unterschriften – also sieben Prozent aller Wahlberechtigten – benötigt das Bündnis, damit ein Bürgerentscheid angesetzt wird. Die Unterschriften wolle man bis Mitte August beisammen haben, sagte Staerke. Da ein Bürgerentscheid einen längeren zeitlichen Vorlauf habe, wolle man so rasch als möglich die Voraussetzungen dafür schaffen. Ziel sei, dass der Bürgerentscheid wenige Wochen nach Bekanntgabe der aktualisierten Kostenprognose stattfinde, die dem Kreistag im Oktober vorgelegt werden soll. Dann, so Staerke, hätten die Bürger auch die nötigen aktuellen Zahlen und Fakten zur Hand, um fundiert abstimmen zu können.

Ein Bürgerentscheid ohne rechtliche Bindung

Der Bürgerentscheid, den der Gemeinderat am Dienstagabend abgelehnt hatte, hätte keine rechtlich bindende Wirkung: Es geht nicht um die Frage, ob die Südumfahrung gebaut werden soll oder nicht, sondern lediglich darum, ob die Stadt in ihrer Stellungnahme an den Kreistag die Umfahrung ablehnen oder befürworten soll. Diese Stellungnahme will der Kreistag in sein Votum einfließen lassen, wenn er über den Baubeschluss befindet. Der Baubeschluss ist für den Winter vorgesehen.

Die B-33-Ortsdurchfahrt Markdorf ist häufig von Staus geplagt. Vor allem der Transit-Lkw-Verkehr quält sich durch Markdorf. Die ...
Die B-33-Ortsdurchfahrt Markdorf ist häufig von Staus geplagt. Vor allem der Transit-Lkw-Verkehr quält sich durch Markdorf. Die Südumfahrung soll die innerstädtische Durchgangsstraße vor allem von dem überörtlichen Verkehr entlasten. | Bild: Ganter, Toni

Das Bündnis präsentierte am Freitag auch bereits seine Fragestellung für einen möglichen Bürgerentscheid. Sie lautet: „Soll die Stadt Markdorf in ihrer Stellungnahme an den Kreistag den Bau der Südumfahrung (K 7743) ablehnen?“ Mit der intendierten Ja-Antwort habe man die Frage so formuliert, dass sie die Absichten des Bündnisses wiedergebe, so Staerke. Die Fragestellung, die die Fraktionen von Umweltgruppe (UWG) und die SPD in ihrem Antrag auf einen Bürgerentscheid im Gemeinderat gewählt hatten, hatte entgegengesetzt gelautet: „Soll die Stadt Markdorf in ihrer Stellungnahme an den Kreistag den Bau der Südumfahrung befürworten?“

Aktuelle Unwetterkatastrophe als Zeichen der Klimakrise

Staerke verwies auf die aktuelle Unwetterkatastrophe in der Pfalz und in Westfalen: „Es wird immer deutlicher, dass es so nicht weitergehen kann“, sagte er. Die Menschen müssten in der Klimakrise ihr Verhalten überdenken. Beim Straßenbau und beim motorisierten Verkehr dürfe es kein weiter so geben. Markus Mock, Landwirt vom Stüblehof, sprach für seine Berufsgruppe. Durch den fortwährenden Flächenverbrauch seien die Landwirte ohnehin schon „stark gebeutelt“. Die Umfahrung werde drei Mal teurer als ursprünglich geplant und zuzeiten des Bürgerentscheids von 2003 noch vorgesehen. Der Bürger müsse nochmals mitentscheiden dürfen, sagte Mock.

Mogwitz (Parents for Future): Heute Betroffene konnten 2003 nicht abstimmen

Die Welt und auch das Klimabewusstsein der Menschen habe sich seit 2003 „dramatisch verändert“, argumentierte Dietmar Mogwitz von den „Parents for Future“ Markdorf. Alleine 1300 Bürger hätten 2019 bei der „Parents“-Demonstration in Markdorf für den Klimaschutz demonstriert. Alle im Bündnis, so Mogwitz, hätten Verständnis für die Belastung der Anwohner an der B-33-Ortsdurchfahrt. Doch sei es fraglich, ob sich der Verkehr tatsächlich auch auf die Südumfahrung lenken lasse. „Dann haben wir dafür eine Menge Fläche verbraucht und viel Geld ausgegeben“, so Mogwitz.

Das könnte Sie auch interessieren

Zudem seien viele der heute Betroffenen 2003 noch gar nicht geboren oder zu jung gewesen, um mitentscheiden zu können. „Deshalb glauben wir, dass das vom Kreistag angeforderte Votum aus Markdorf nicht vom Gemeinderat, sondern vom Bürger abgegeben werden muss“, sagte Mogwitz.

Schmid (UWG): 18 Jahre alte Entscheidung nicht blind weiterverfolgen

Fritz Käser von der Interessengemeinschaft Verkehrsneuplanung Ittendorf verwies auf die zusätzlichen 1300 bis 1500 Fahrzeuge täglich, die den Prognosen zufolge eine Südumfahrung durch Ittendorf leiten würde. Der Ortschaftsrat habe sich bereits 2009 einstimmig gegen die Südumfahrung ausgesprochen. Die B-33-Anwohner, so Käser, würden in wenigen Jahren bereits entlastet werden, wenn es weniger Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren gebe und sich dadurch Lärm und Schadstoffe reduzieren würden.

Die erste Unterschrift: Die erste von knapp 800 nötigen Unterschriften, um einen Bürgerentscheid zu erreichen, setzte am ...
Die erste Unterschrift: Die erste von knapp 800 nötigen Unterschriften, um einen Bürgerentscheid zu erreichen, setzte am Freitagvormittag der Markdorfer UWG-Vorsitzende Christian Schmid auf den Bogen. Neben ihm Markus Mock und Frieder Staerke, ebenfalls vom Aktionsbündnis der Südumfahrungsgegner (von links). | Bild: Grupp, Helmar

Auch der UWG-Vorsitzende Christian Schmid verwies darauf, dass sich die UWG bereits 2003 gegen die Südumfahrung ausgesprochen habe. Mit den Bedingungen, die sich seither deutlich geändert hätten, sei es „absolut erforderlich, dass eine Entscheidung, die vor 18 Jahren getroffen wurde, nicht blind weiterverfolgt, sondern hinterfragt wird“. Klimakatastrophen wie jene nun an der Ahr seien eine „Realität, die es vor 18 Jahren noch nicht gegeben hat“.

Ströbele (BUND): B 31-neu verläuft parallel nur wenige Kilometer entfernt

Für die BUND-Ortsgruppe Markdorf führte Albin Ströbele die B 31-neu zwischen Meersburg und Immenstaad an, die der aktuellen Planung zufolge nur wenige Kilometer von der Südumfahrung entfernt nahezu parallel durch den Weingartenwald verlaufen werde. „Schon das ist ein Straßenbau mit einem riesigen Natur- und Landschaftsverbrauch und alleine deswegen erübrigt sich der Bau der Südumfahrung“, sagte Ströbele.

Auf die politische Dimension verwies Helmut Faden vom Grünen-Ortsverband Markdorf. Die Südumfahrung sei seinerzeit als Gemeinschaftsprojekt der Stadt Markdorf und des Landkreises aufgesetzt worden. Beide Seiten müssten sich die Kosten teilen, die sich nach aktuellster Schätzung auf eine Summe von jeweils elf Millionen Euro für Stadt und Landkreis belaufen würden. „Deswegen bin ich der Überzeugung, dass der Baubeschluss auf Augenhöhe gefasst werden muss“, betonte Faden. Abgesehen davon sei ein Bürgerentscheid der „urdemokratischste Entscheidungsprozess“, da alle Betroffenen ja dasselbe Recht eingeräumt werde.

Anwohner in Markdorf-Süd fürchten um das Naherholungsgebiet

Für die in den vergangenen Jahren hinzugezogenen Anwohner des Neubaugebietes Markdorf-Süd, die 2003 noch nicht abstimmen konnten, äußerten sich Meike Botzenhardt und Michaela Muhry. Sie sehe sich auch als „Anwältin der Tiere“ im Feuchtgebiet im Süden, wo die Umfahrungstrasse verlaufen soll, sagte Botzenhardt. Ebenso wie sie betonte auch Muhry, wie wichtig die große Naturfläche als Naherholungsgebiet für die Menschen im Süden der Stadt sei. Markdorf habe in den vergangenen Jahren viele neue Einwohner bekommen, vor allem in den großen Neubaugebieten im Süden, die der Umfahrung benachbart wären. Eine solche Naturlandschaft direkt vor der Haustüre sei „etwas Wertvolles“ und dürfe nicht für einen Straßenneubau geopfert werden, so Muhry.

Das könnte Sie auch interessieren

In den kommenden Wochen will das Aktionsbündnis Broschüren erstellen und verteilen und weiter intensiv für das Bürgerbegehren werben, sagte Staerke. Sollten die erforderlichen knapp 800 Unterschriften zusammenkommen, muss der Gemeinderat einen Bürgerentscheid beschließen und terminieren.