Bis der neue Brunnen vor dem Rathaus installiert ist, wird noch einiges Wasser den Ochsenbach hinunterfließen. Doch an der Haltbarkeit der dann verbauten Technik hegt FDP-Stadtrat Rolf Haas jetzt schon Zweifel. „Schon nach wenigen Jahren wird es die notwendigen Komponenten nicht mehr geben“, prophezeit der studierte Informatiker.
Dann sei auch Schluss mit dem Spiel, das die vom Erbauer des Brunnens vorgesehenen beiden Bronzekugeln per digitaler Datenabfrage mit den seismischen Wellen von Markdorf und dessen Partnerstadt Ensisheim treiben, indem sie es in variierenden Wassermengen ausstrahlen. Doch weniger an der von ihm vorhergesagten Verfallsfrist der digitalen Brunnentechnik nimmt Stadtrat Haas Anstoß. Ihn ärgert viel mehr, dass die „Digitalisierung im Rathaus, aber auch die der Serviceleistungen für die Bürger nur so schleppend vorankommt“.
Mehr digitale Angebote im Rathaus
Das hat er schon öfter bemängelt – in Interviews und immer wieder, wenn digitale Themen im Gemeinderat angesprochen werden. „Mir geht das einfach zu langsam“, erklärt Rolf Haas. Überhaupt finde er, dass die Verwaltung viel zu behäbig reagiere. „Es fehlt der Mut, die Dinge schneller anzupacken, sie voranzutreiben – irgendwie mangelt es am nötigen Biss.“ Als ein Beispiel von vielen nennt er das Bischofschloss. Es finde sich kein Investor, heiße es aus der Verwaltung. Und der FDP-Stadtrat räumt ein, „dass die Situation auf dem Immobilienmarkt aktuell tatsächlich recht schwierig ist“, sodass sich so leicht kein Nutzer finde. „Um so wichtiger ist deshalb entschlossenes Handeln“, sagt Haas.

Er vermisst städtische Initiative. Und es gebe seitens der Stadt ein Zuviel an Vorgaben: „Dass unbedingt Gastronomie ins Bischofschloss kommen soll oder dass der Innenhof auch weiterhin für städtische Veranstaltungen genutzt werden soll.“ Vor allem aber, so sein Eindruck, will die Stadt stets den „für sie günstigsten Deal“ abschließen. Aus seiner Sicht wäre etwas mehr Entgegenkommen gegenüber möglichen Investoren angebracht, um das Schloss aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken.
Mehr mittlere und kleine Unternehmen
Schnelleres Agieren wünscht sich FDP-Stadtrat Haas auch mit Blick auf die aktuelle Haushaltslage. „Wir haben viel zu lange auf die drei großen Player im Gewerbegebiet gesetzt und uns darauf verlassen, dass die Gewerbesteuern ewig üppig weiterfließen.“ Dabei, so Haas‘ Vorwurf, seien dann die Unternehmen mittlerer Größe aus dem Blick geraten. „Wenn wir den Standort Markdorf ertüchtigen wollen, müssen wir neue Unternehmen anziehen – auch kleinere, nicht nur auf die dicken Fische warten.“ Um den Standort Markdorf attraktiv zu machen, brauche es Anreize für Unternehmen. Und die Stellschrauben dafür sieht Haas in den Hebesätzen beziehungsweise der Gewerbesteuer.
„Da sollten wir schon mehr Goodies geben.“ Schon, um in der Konkurrenz mit den Flächengemeinden Salem und Deggenhausertal bestehen zu können. Sehr bedauerlich findet Haas, dass „interessierte Unternehmen frühzeitig abgelehnt werden“. Blieben sie im Rennen, erzeuge das einen gewissen – positiven – Druck. Das Argument, Markdorf verfüge über keine Gewerbeflächen mehr, will er nicht gelten lassen. Er jedenfalls wäre durchaus bereit, bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen zu opfern – „zum Beispiel gegenüber von Wagner, in der Verlängerung der Ensisheimer Straße“.
Von anderen lernen!
„Markdorf ist keine hässliche Stadt“, findet Rolf Haas, „das eine oder andere ist aber optimierungsbedürftig.“ Zum Glück gebe es die kostenlosen Parkplätze, die das Pendel mancher Besucher dann doch für Markdorf und gegen Friedrichshafen ausschlagen lasse. Den Leerständen in der Innenstadt mit Pop-up-Läden, mit eher kurz- als mittelfristigen Zwischenlösungen zu begegnen, sei „schön und gut“. Gleichwohl vermisst Haas dauerhafte Lösungen. „Ich bin ja kein Fachmann und weiß auch keine Lösung“, räumt er ein. In die Nachbarstädte zu schauen, was dort unternommen wird, finde er nur sinnvoll. In Radolfzell etwa habe man einiges für die Gastronomie getan. Da ließe sich auch in Markdorf mehr bewegen, vermutet Haas.

Rolf Haas wünscht sich mehr Nüchternheit
Er habe den Eindruck, dass allzu oft im Gemeinderat persönliche Befindlichkeiten eine Rolle spielen. Da werde dann nicht mehr nüchtern analysiert, sondern so entschieden, wie es der eigenen Gemütslage entspricht, findet Haas. Als Beispiel für einen Bereich, in dem künftig sehr genau hingeschaut, sehr kritisch auf die Zahlen gesehen werden müsse, nennt er die Schulen. „Wie entwickeln sich überhaupt unsere Schülerzahlen?“, fragt Haas mit Blick auf den geplanten dritten Grundschulstandort in Markdorf-Süd. „Bei uns zeichnet sich doch schon jetzt ein Rückgang ab.“ Er habe den Bau eines neuen Schulgebäudes befürwortet, hege nun aber Zweifel an der Notwendigkeit.

Auf der Suche nach Partnern
Was Rolf Haas bedauert: „Die FDP hat bei der Kommunalwahl keine Fraktionsstärke erreicht.“ Somit könne sie immer noch keine eigenen Anträge im Gemeinderat einbringen. Auch er habe an ein Bündnis gedacht – so wie es SPD und Grüne im Rat geschmiedet haben. Doch die Gespräche mit den Freien Wählern hätten nicht zum gewünschten Ergebnis geführt. „Obwohl wir – die FDP und die Freien Wähler – eine gewisse programmatische Nähe haben.“
Froh zeigt sich Haas darüber, „dass wir jetzt zu zweit im Gemeinderat sitzen“. Und er hofft, dass sein Parteifreund Rainer Zanker mit seiner sachlich-vermittelnden Art bei den Ratskollegen mehr Gehör findet als er. „Mir lastet der Ruf als Bad Guy an, dabei benenne ich nur die Dinge beim Namen.“ Und das doch stets im Dienste der Sache, so Haas.