Es war um 1750 in Venedig. Aber weil Venedig weit weg ist, wird der Schauplatz schlicht nach Leimbach in die Mehrzweckhalle verlegt, Epochen und Jahrhunderte außerdem dank diverser Tricksereien wild vermischt. Die Theatergruppe des Bodensee Medley Chors zeigt die Komödie „Casanovas Comeback“. Aber der Reihe nach.
Wir schreiben das junge Jahr 2025 und Beate Boring (Alexia Bandura) ist so gelangweilt mit ihrem Mann Ralf (Andi Lang), wie sie es bereits seit ihrer Hochzeit ist. Als erfolgloser Versicherungsvertreter hat Ralf mit seinen Guppy-Fischen nur Flossen im Kopf und Bierdeckel im Sinn, Ehefrau Beate dagegen ausgefallenen Sex: „Montag ausgefallen, Dienstag ausgefallen, Mittwoch ausgefallen, ...“. Ebenso wenig der Wellness zuträglich ist Beates übergriffige Mutter Erika Fröhliche (Tanja Keckeisen) samt ihrem trotteligen Gatten Elmar (Claudius Bäder).

Aber Hoffnung naht: Mit dem Besuch von Beates Freundin Simone Wohlgemuth (Martina Schafhauser) und ihrem esoterischen Freund Adrian von Kleist (Sacha Bochenek) soll nicht nur Yoga im Mantra der Hausfrau im Hause Boring Einzug halten, sondern dank Adrians Rückführungskünsten auch Ralf Auszug aus seinem Körper. Dass dabei nicht alles gut gehen kann, ist Programm, und mit dem Auftritt von keinem Geringeren als Giacomo Casanova überschlagen sich im zweiten Akt dann wahrlich die Ereignisse.

Unter den zahlreichen Gästen in der annähernd vollen Mehrzweckhalle sind auch die Gewinner einer SÜDKURIER-Verlosung. „Wir waren schon öfter hier, aber das war noch vor Corona“, sagt Ursula Grupp nach dem ersten Akt. Stellvertretend für ihre erkrankte Freundin Eleonore Waibel ist sie mit ihrer Freundin Claudia Güdermann aus Bermatingen nach Leimbach gekommen. „Wir freuen uns sehr, dass wir hier sein dürfen.“ Das Theaterstück mache ihnen bereits mit dem ersten Akt richtig Spaß.

Viel zu lachen hat das Publikum auch im zweiten und dritten Akt. Da verdreht Ralf Boring als Giacomo Casanova höchstselbst den Frauen reihenweise den Kopf und sein neu an den Tag gelegtes Verhalten passt so gar nicht zu seinen bisherigen Unterleibsdepressionen passt.

Wenn die Frauen ihn umgarnen, wenn Kunstfaser-Stretch Naturgewalten bändigen muss, wenn keifende Plüschkugeln mit Furien ringen und wenn Schwager Udo Fröhliche (Ingo Hirt) die in Wallung wetteifernden Weibsstücke kaum zu bändigen weiß, zweifelt selbst Casanova an seiner neuen Rolle: „Sagt an, seid ihr der keifend Weiblichkeit entledigt?“

„Den Text in dieser schwülstigen Sprache zu lernen, war gar nicht so einfach“, gesteht Andi Lang nach insgesamt 31 Proben. Die Generalprobe sei mal so richtig schief gegangen – offenbar tatsächlich ein gutes Omen, zumindest verifiziert die Schauspielgruppe diesen Aberglauben bei der Premiere wahrlich.

Und je glaubhafter Ralf seine Rolle als Giacomo Casanavo spielt, das kleine Schlafzimmer-Stelldichein mit Sabrina Süßrahm (Jennifer Keckeisen) freilich nur so aussieht, wie es nicht ist, umso mehr Menschen fallen seinen vermeintlichen Verführungskünsten anheim. Auch sein Vorgesetzter und Chef der Kulanz-Versicherung, Richard Steuerwald (Andreas Krug), versucht, aus der Geschichte gleich ein ganzes Geschäftsmodell zu machen – und nebenbei in der Gartenlaube ein Schäferstündchen mit dem venezianischen Womanizer.

Dass es dabei zu allerlei Turbulenzen kommt, dass sich die Ereignisse überschlagen, als ein regelrechtes Rückführungsfieber um sich greift, lässt nicht lange auf sich warten. Und während an einem Ort gebuhlt und gebaggert wird und anderenorts Beate Boring in eine tiefe Depression verfällt, beschließt Ralf Boring, sich wieder in sein Leben als Versicherungsvertreter rückführen zu lassen und seine Scharade zu beenden. Zu spät. Denn noch mehr tote Promis treten plötzlich auf den Plan: Mit Marylin Monroe, König Ludwig II. und gleich zwei Cleopatras ist das Chaos perfekt – und Ralf will doch nichts als nur die Eine.

Am Ende und nach einer regelrechten Kostüm-Schlacht wird natürlich alles gut und mancher Auftritt im schrillen Outfit sorgt für reichlich Gelegenheit zu prustendem Gelächter. „Ich wurde in der Pause gefragt, was denn an mir überhaupt echt sei“, erzählt „Marilyn“ alias Manuela Keller nach der Aufführung. Und? „Alles natürlich“, sagt sie schmunzelnd. Bis auf den polster-prallen Po. Da habe sie ein klein bisschen nachgeholfen.
Für Stimmung in den Pausen sorgt neben dem Bodensee Medley Chor auch Schlagersängerin Melia. In Österreich tritt sie längst mit bekannten Stars auf den großen Bühnen auf; bald erscheint ihr zweites Album.

Was oder wer Melia nach Leimbach geführt hat? „Andi Lang hat mich eingeladen. Wir wohnen in der Nachbarschaft“, sagt die Markdorferin lachend. Also doch, weiß singend und swingend der Bodensee Medley Chor: „Schuld war nur der Casanova“.