Wenn Corona etwas Positives habe, dann sei es, dass das Wir-Gefühl gestärkt wurde, sagt Dilek Ellerbrock. „Markdorf ist eine Gemeinde mit einer tollen Gemeinschaft. Den Markdorfern wurde bewusst, dass sie füreinander da sind“, sagt sie erfreut.
Ellerbrock hatte die Idee, die virtuelle Gruppe „Nachbarschaftshilfe Markdorf – Coronahilfe“ auf dem sozialen Netzwerk Facebook zu erstellen, in der Hilfsbedürftige ihr Anliegen schreiben und Markdorfer ihre Hilfe anbieten können. Matthias Schopf organisiert und koordiniert die Gruppe.

Gründer sind von der Hilfsbereitschaft beeindruckt
Ellerbrock und Schopf sind von der Hilfsbereitschaft überwältigt und beeindruckt. „Der Erfolg ist riesig. Das ist ein tolles Gefühl“, sagt Ellerbrock. Seither haben sich viele Markdorfer engagiert und ihre Hilfe, vor allem für ältere Menschen angeboten, sei es Einkaufen, Gassi gehen oder den Sperrmüll runtertragen. Dem SÜDKURIER erzählen sie, welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben.
Janine Behrendt wollte „irgendetwas Gutes tun“ und den Bewohnern der Wohngemeinschaft der Sozialstation Markdorf eine Freude machen. So überreichte sie einen kleinen Blumengruß an die Senioren. Mit ihrer Tochter hat sie Sonnenblumenkerne und Kresse in kleinen Töpfen angepflanzt.

Wie es zu der Idee kam: Sie sei schon immer kreativ und während der Schließung der Kindergärten habe sie sich sowieso viele Aktivitäten für ihre zweijährige Tochter Amy einfallen lassen müssen.
Damit wollte sie den Bewohnern eine Freude machen. Ansonsten habe sie kein Dankeschön erwartet, sagt sie. „Leider durfte ich bei der Übergabe nur bis zur Tür. Die Pflegerin hatte aber ein Lächeln auf den Lippen“, erzählt die Erzieherin.
Ehepaar Gruler geht für ein älteres Ehepaar einkaufen
Für Freude sorgten auch Sandra Gruler und ihr Mann Patrick bei einem älteren Ehepaar in Leimbach. Für die Senioren haben sie den Einkauf übernommen. Über die Facebook-Gruppe hat sie die Telefonnummer bekommen und mit der Dame telefoniert.
Gruler beschreibt den Ablauf wie folgt: „Die Frau hat das Geld in einen Umschlag vor die Tür gelegt. Wir haben dann den Einkauf in den Korb vor der Tür verstaut, das Geld mitgenommen, und bei ihr über die Gegensprechanlage gesagt, dass alles unten steht“, sagt Gruler. Die Dame habe sich sehr oft bedankt. Bereits mehr als fünf Mal haben die Grulers inzwischen für das Ehepaar eingekauft.
Auch Marion Butt kauft für eine ältere Dame ein
Direkt an der Quelle von Lebensmitteln ist Marion Butt. Sie arbeitet in einem Supermarkt in Meersburg. Daher habe sie gerne für andere eingekauft, da es „nicht wirklich mehr Aufwand für mich ist“, sagt Butt.

Über die Nachbarschaftshilfe-Gruppe habe sich zwar noch keiner bei ihr gemeldet, der ihre Hilfe beim Einkaufen in Anspruch nahm, aber über Facebook sei sie auf einen privaten Aufruf einer Frau aufmerksam geworden, die eine Einkaufshilfe für ihre Mutter suchte. So sei der Kontakt zustande gekommen und seither übernehme sie regelmäßig den Einkauf für die ältere Dame.
Renate Hold war auf der Suche nach einem Fernseher
Renate Hold vom Leitungsteam des Mehrgenerationenhauses (MGH), war überrascht und gleichzeitig sehr erfreut, dass sich so viele junge Menschen auf ihre Aufrufe im Auftrag des MGH gemeldet haben. Beispielsweise hat sie einen Fernseher für eine Seniorin gesucht, da dieser defekt war und die Frau aufgrund einer Vorerkrankung die meiste Zeit zuhause verbringt.
„Ich hätte am Ende über vierzig Fernseher gehabt“, erzählt Hold und lacht. Sie findet es genial, was mit sozialen Medien möglich sei und es oft nicht länger als eine Viertelstunde gedauert habe, bis jemand seine Hilfe angeboten hat.
Digitale Seiten sollen sich keine Konkurrenz machen
Über soziale Medien wie Facebook erreiche man allerdings nur Helfer und Menschen, die Internet haben. Das sei bei der älteren Generation, die dringend Hilfe bräuchten, oft nicht der Fall. Viele ältere Menschen seien direkt zum MGH gekommen.
Damit auch Menschen ohne Internet-Zugang die Gruppe nutzen können, wurde daher zusätzlich eine Telefonnummer mit Anrufbeantworter eingerichtet. „Wir haben in Markdorf bereits viele digitale Angebote wie Spotted Markdorf, die Internetseite nebenan.de und die Nachbarschaftshilfe-Gruppe. Daher muss man aufpassen, dass keine Konkurrenzsituation entsteht“, betont Hold.
Angebot soll zur reinen Nachbarschaftshilfe werden – ohne Corona
Auf lange Sicht sei das Ziel der Gruppe, das Wort „Coronahilfe“ irgendwann löschen zu können und diese als reine virtuelle Nachbarschaftshilfe dient, erklärt Ellerbrock. Ein Beispiel dafür ist Susanne Müller. Sie habe von der Nachbarschaftshilfe Markdorf gehört und einen Beitrag verfasst, ob jemand in Efrizweiler schwere Terrassenplatten aus dem Auto laden könnte, da sie gehbehindert ist.

Schnell meldete sich ein Helfer bei ihr und kam vorbei. Darüber sei sie sehr dankbar gewesen. „Ich finde es toll, dass es noch Menschen gibt, die sich engagieren“, sagt Müller.