Der Stadtbus hat Verspätung: Stand jetzt wird er Anfang 2024 auf die Straße gesetzt. Zuvor soll bis Mitte 2023 ein schlüssiges Konzept ausgearbeitet werden. Dies hat der Gemeinderat mehrheitlich am Dienstagabend beschlossen.
Erst muss umfassend ausgeschrieben werden
Bürgermeister Georg Riedmann erläuterte den Grund, warum sich die mögliche Einführung eines Stadtbussystems in Markdorf um mindestens ein halbes Jahr verschiebt: Ursprünglich sollte es per Interessensbekundungsverfahren ausgeschrieben werden, was nur sechs Monate beansprucht hätte. Von ihrem juristischen Berater bekam die Stadt indessen den Hinweis: rechtssicher sei, den Stadtbusbetrieb umfassend auszuschreiben. Was allerdings doppelt so lange dauert. Statt schon im Frühjahr 2023, kann der Stadtbus somit frühestens im Frühjahr 2024 starten. Sofern ihm die Stadträte zuvor endgültig grünes Licht gegeben haben.

Freie Wähler finden viele Kritikpunkte
Auf Tiefrot hatten am Dienstagabend jedoch die Signale seitens der Freien Wähler gestanden. „Über den Beschlussvorschlag der Verwaltung können wir so nicht abstimmen“, erklärte deren Fraktionsvorsitzender Dietmar Bitzenhofer. Es fehle ein Konzept.
Bitzenhofer vermisste einen schlüssigen Plan, wie denn das Stadtbussystem auszugestalten sei. Im Probebetrieb sei der Bus seine Route im 20-Minuten-Takt gefahren. „Wir haben von Anfang an gesagt, das ist sehr ambitioniert.“ Im Probebetrieb habe es funktioniert, weil die Fahrer kein Fahrgeld einkassieren mussten. Eben das komme aber auf sie zu. Zumal der Stadtbus künftig nicht gratis sein soll. Dauere der Rundkurs durch die Stadt jedoch länger, so seien die Anschlüsse an Bahn und andere Busse kaum zu halten. Was den Stadtbus für Pendler unattraktiv macht. Zudem, so Bitzenhofer, würden 150 000 Euro jährlich nicht ausreichen.
„Wir wollen Daten und Fakten, keine ideologiegeleiteten Begründungen“, erklärte Bitzenhofer. Zu einem Konzept gehörten klare Aussagen, ob nur eine Linie kommen soll oder ob von vornherein an eine zweite Buslinie gedacht ist. Dann nämlich würden sich die von der Stadt veranschlagten 150 000 Euro auf 300 000 Euro verdoppeln. Die angespannte Haushaltslage hatte zuvor auch schon Bitzenhofers Fraktionskollege Arnold Holstein angesprochen. Holstein erinnerte an die eindringlichen Mahnungen des Stadtkämmerers, auf alle zusätzlichen Kostentreiber zu verzichten.

CDU taxiert Kosten auf über 300 000 Euro
So hatte auch Kerstin Mock, die Fraktionsvorsitzende der CDU, argumentiert. „Der Stadtbus ist eine freiwillige Leistung.“ Und wenn sie bedarfsgerecht sein wolle, würde sie ohnehin mindestens 300 000 Euro kosten. „Denn wir benötigen zwingend einen zweiten Bus“, so Mock. Grundsätzlich stelle sich die CDU einem Stadtbussystem in Markdorf jedoch nicht entgegen, weil es den Bürgern mehr Mobilität bringe. Klimagründe stünden für die CDU erst an zweiter Stelle. „Die Einführung des Stadtbusses würde wir aber gerne in finanziell solidere Zeiten schieben“, erklärte Mock mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage – also eventuell auch erst später als 2024. Die Freien Wähler wiederum, auch Jens Neumann hatte für die Fraktion noch das Wort ergriffen, stellten hingegen grundsätzlich die Klimawirksamkeit eines Stadtbussystems in Frage.

SPD: Freiwillige Aufgaben machen Stadt attraktiv
Auf den Bereich der freiwilligen Aufgaben einer Kommune ging Uwe Achilles ein. „Es sind doch wohl die freiwillig erbrachten Leistungen, die die Attraktivität einer Gemeinde ausmachen“, erklärte der Fraktionsvorsitzende der SPD. Er plädierte dafür, dass der mit der Konzeptentwicklung befasste Arbeitskreis mit seiner Arbeit fortfährt. Das Ziel sei ein Mobilitätszuwachs für Alt wie für Jung. Und Achilles mahnte: „Wenn wir weiter auf den Autoverkehr setzen, werden wir unsere Klimabilanz nicht verändern können.“ Der Weg zu weniger CO2 beginne im Kleinen – vor der Haustür, beim Stadtbus. Und eine Umstiegsbereitschaft hätten die Fragebögen zum Probebetrieb gezeigt.

UWG: Verkehrs- und Klimawende jetzt
So hatte zuvor auch Joachim Mutschler, Fraktionsvorsitzender der Umweltgruppe (UWG), argumentiert. Er pochte auf den Ausbau des ÖPNV. „Die Menschen wollen das“, bezog sich Mutschler auf einen allgemeinen Konsens beim Thema Mobilitätswende. Wichtig sei, den Anschluss an Bus und Bahn im 20-Minuten-Takt zu halten. Mutschler räumte aber ein: „der Weg hin zu einem wirklich guten ÖPNV-Angebot ist weit“. Es sei aber auch in Markdorf an der Zeit, „den ersten Schritt zu tun“.
Die UWG fordere die Verwaltung daher auf, „das Stadtbusvorhaben vernünftig zu Ende zu planen“. Dem Kostenargument hielt Mutschler entgegen, dass die Stadt sich die Gratis-Parkplätze für Autofahrer jedes Jahr auch rund 250 000 Euro kosten lasse. Und auch diese Kosten würden von der gesamten Bürgerschaft getragen, auch von jenen, die kein Auto nutzen würden. Zu diesen 250 000 Euro jährlich kämen außerdem erhebliche Investitionen in Millionenhöhe für die anstehenden Parkhaussanierungen hinzu.

Dem Arbeitsauftrag für Verwaltung und Arbeitsgruppe stimmte der Rat mehrheitlich zu, gegen die Stimmen der Freien Wähler. „Er freue sich auf die Diskussion des Konzepts im kommenden Frühjahr“, sagte Riedmann.