Die gegenwärtigen Krisen setzen auch die Hotelpläne für Markdorf unter Druck, zumindest was den vom Gemeinderat bewilligten Zeitraum für die Vorlage eines Konzeptes bis Ende Mai 2023 anbelangt. Energiepreissteigerungen, Baukostenteuerung, die Inflation und der Krieg in der Ukraine sorgen für „sehr schwierige Rahmenbedingungen“, sagt Christian Buer. Der Professor für Betriebswirtschaft an der Uni Heilbronn und selbstständige Hotellerieberater sowie der Überlinger Projektentwickler und Betriebswirt Markus Nothhelfer und Architekt Thomas Müller sind das Projektteam, das im Mai vom Rat den Zuschlag bekommen hatte, ein Konzept für ein Hotel an der Eisenbahnlinie zu entwickeln. Für ein Jahr wird dafür das rund 4600 Quadratmeter große Gewerbegrundstück im Eigentum der Stadt in der Eisenbahnstraße von anderweitiger Vermarktung zurückgehalten.
Investorensuche und Finanzierung werden schwieriger
„Wir leben in schwierigen Zeiten, die nicht gerade auf Wachstum stehen“, sagt Buer. Der Bedarf an einem Hotel sowohl für Businessgäste als auch für Touristen sei nicht geringer als vor der Krise: „Die Nachfrage ist keineswegs zurückgegangen, sie ist nur sehr viel volatiler geworden.“ Volatil, also schwankend, bedeutet im Klartext: Es ist derzeit unsicher, woher die Kunden eines künftigen Hotels kommen sollen. Entsenden Firmen noch Geschäftsreisende, wenn sie in die roten Zahlen rutschen und ihre Geschäfte einbrechen? Kommen Touristen noch ins Bodensee-Hinterland, wenn sie plötzlich teils das Doppelte für Lebensmittel, Strom und Gas zahlen müssen und ihre Haushaltskasse den Urlaub nicht mehr hergibt?

Dies alles führt dazu, dass Buer sagen muss: „Es ist auf der Finanzierungsseite nicht einfach.“ Im Projektteam sei man noch auf Investorensuche. Man habe bereits Gespräche geführt und man führe nach wie vor Gespräche, sagt er. Doch die Umstände haben auch zur Folge, dass sich aktuell keine vernünftige Wirtschaftlichkeitsberechnung für einen Hotelbetrieb in Markdorf anstellen lasse. Danach fragen aber mögliche Investoren und danach fragen auch Banken. Doch die verlangten inzwischen nach einer deutlich höheren Eigenkapitalquote, so Buer. Seien es vor der Krise im Schnitt 25 Prozent gewesen, würden heute teils 50 Prozent gefordert. „Und was sind die Renditeerwartungen? Auch die müssen heruntergeschraubt werden, sieben bis acht Prozent wären aktuell kaum mehr möglich.“

Projektentwickler Buer: „Wir brauchen einen längeren Atem“
Als Betriebswirt frage er sich, sagt Buer, wie solche Ängste und eine solche Marktunsicherheit so schnell so massiv werden konnten: „Auch ich bin überrascht, wie sehr alles ausgebremst ist.“ Er sehe die Situation wie 2008/09 während der Finanzkrise. Die Erfahrung lehre aber, dass nach einem Abschwung stets wieder ein Aufschwung folge. Anders werde es auch diesmal nicht sein. Und die Wirtschaftslehre sage, dass man antizyklisch handeln müsse, also investieren in der Krise. „Ich bin überzeugt, dass der Markt in Markdorf nach wie vor ein Hotel hergibt, aber wir brauchen nun einen längeren Atem“, sagt Buer. Eventuell werde sich auch die Frage stellen, ob der Gemeinderat willens sei, die Frist zu verlängern. Aktuell sei dies aber noch kein Thema. Er bleibe optimistisch, sagt Buer.

In Überlingen beißt man zurzeit ebenso die Zähne zusammen wie in Leonberg. Es beginne bereits mit der Baukostenkalkulation, sagt Nothhelfer. Die sei angesichts der nahezu täglich steigenden Preise am Bau zurzeit einfach nicht verlässlich möglich. Aber erst wenn man die habe, mache es Sinn, gezielt auf mögliche Investoren zuzugehen. Grundsätzlich bräuchten sie aber noch mehr konkrete Zahlen: Neben der zu erwartenden Rendite gehe es auch um Betriebskosten und kalkulierte Auslastung. „All dies ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch überhaupt nicht seriös zu sagen“, sagt Nothhelfer.
Projektentwickler Nothhelfer: Es soll ein „Lifestyle-Hotel“ werden
Was man im Projektteam wolle, sei klar: „Es wird kein Billigheimer werden, sondern wir werden mit einer interessanten, internationalen Marke kommen, die es in der Region noch nicht gibt.“ Ibis und Co. also nicht. Nothhelfer spricht von einem „Lifestyle-Hotel“ in trendigem Ambiente, das Geschäftsleute ebenso anspreche wie Familien: „Es muss ja ohnehin eine Kombination aus Business- und Tourismus-Hotel sein, nur eine Kategorie alleine schafft das hier nicht.“

Ein trendiges Lifestyle-Hotel einer internationalen Marke? Weder Buer noch Nothhelfer wollen sich näher dazu äußern. Doch ein Blick auf Buers Homepage „nemis Hotels“ zeigt die Richtung, in die es auch in Markdorf gehen soll. In Simmern wurde, projektiert von Buer, im Juli das „Moxy Hotel“ mit 96 Zimmern eröffnet. Moxy ist die Trend-Marke der Marriott-Gruppe. Mit seinem Unternehmen Nemis ist Buer dort Betreiber und Franchisenehmer. In Biberach wiederum betreut Nemis das im November 2019 eröffnete Aiden by Best Western, das 109 Zimmer hat. Das geht in eine ähnliche Richtung. Auch die Größe würde passen: Rund 100 Zimmer plus eventuell rund 20 Boarding-Appartements sind für Markdorf angedacht.

Nothhelfer sagt dazu nur: „Wir sind in fortgeschrittenen Gesprächen mit einem Betreiber und mit einer internationalen Hotelmarke und es ist genau das, was wir uns für Markdorf vorstellen.“ Eine informelle Zusage eines Betreibers für den Standort in Bahnhofnähe liege dem Projektteam bereits vor. Buer und Nothhelfer wollen den aktuellen Stand ihrer Pläne am 18. Oktober im Gemeinderat präsentieren, vermutlich im nichtöffentlichen Sitzungsteil.