Von Lieferengpässen bei Arzneien sind keineswegs nur Großstädte oder Ballungszentren betroffen, sondern auch ländliche Regionen. Reihum gleichen sich die Erfahrungen der Apotheker in Markdorf und Umgebung.

Markdorf

Matthias Maunz, Inhaber der Panda-Apotheke in Markdorf, sagt es gerade heraus. „Es ist tatsächlich so – das Problem ist groß.“ Um sogleich einzuschränken: „Wir finden immer eine Lösung, auch wenn das sehr viel Mehraufwand bedeutet.“ Mit drei Großhändlern seien er und seine Mitarbeiter per Telefon, Computer und Fax in Kontakt, um Fehlbestände so gut es geht zu verringern und täglich Bestelllisten zu aktualisieren und abzuarbeiten.

„Es ist schon so, dass man eben nicht mehr immer die 1-A-Lösung bieten kann.“
Matthias Maunz, Panda-Apotheke, Markdorf
Das könnte Sie auch interessieren

Die Spannweite der Lieferengpässe bei Medikamenten reiche von rezeptfreien Schmerzmitteln wie etwa Ibuprofen bis hin zu Antibiotika wie Penicillin, sagt Maunz. Und „Es ist schon so, dass man eben nicht mehr immer die 1-A-Lösung bieten kann. Wenn bei Antibiotika ein bestimmter Wirkstoff gerade nicht verfügbar ist, halten wir natürlich sofort Rücksprache mit den Ärzten, um die Patienten mit dem bestmöglichen Ersatz zu versorgen.“

Telefonieren, telefonieren, telefonieren. Das Bestellen und Bevorraten von Medikamenten wird immer aufwendiger. So geht es auch Matthias ...
Telefonieren, telefonieren, telefonieren. Das Bestellen und Bevorraten von Medikamenten wird immer aufwendiger. So geht es auch Matthias Maunz, Inhaber der Panda-Apotheke in Markdorf. | Bild: Ganter, Toni

In Richtung Pharmaindustrie sagt Maunz, es müsse schon daran gearbeitet werden, wieder Reserven aufzubauen. „Die derzeitige Lage ist ärgerlich – sowohl für die Patienten und Kunden als auch für die Ärzte und Apotheker.“

Deggenhausertal

Von gleich gelagerten Problemen berichtet Veronika Illison, Tal-Apotheke in Wittenhofen. „Die Situation ist schwierig. Uns fehlen um die 280 Artikel, die wir sonst immer auf Vorrat haben.“ Aber es werde immer eine Lösung gefunden. Auch Illison und ihr Team sind „permanent am Abarbeiten von Listen, um unter den gegebenen Umständen die bestmögliche Versorgung aufrecht zu erhalten“.

Und ja, auch sie seien immer wieder in Kontakt mit den Ärzten, um Patienten mit alternativen Medikamenten/Wirkstoffen zu versorgen. Vermehrt stellt Illison fest, dass Patienten und Kunden aus der Umgebung nach Wittenhofen fahren, um in der Tal-Apotheke Arzneien zu holen, die im Heimatort gerade nicht verfügbar sind.

Bermatingen

Angelika Mader, Inhaberin der Apotheke im Rosenhof in Bermatingen, betrachtet die Lage differenziert. „Bei rezeptfreien Medikamenten ist es schwierig, einzuschätzen, wie viele auf Vorrat einkaufen und die Knappheit mitverursachen“. Generell hat auch sie die Erfahrung gemacht, dass Produkte nicht verfügbar sind.

„Penicillin 1.2 mega haben wir seit Juni nicht mehr bekommen.“
Angelika Mader, Apotheke im Rosenhof, Bermatingen

„Derzeit sind rund 150 Artikel nicht lieferbar, darunter Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen in unterschiedlichen Dosierungen und Packungsgrößen.“ Mader nennt ein Beispiel: Vom Ibuprofensaft 4 Prozent habe sie zehn Fläschchen bestellt und lediglich eine bekommen.

Bei einem Antibiotikum wartet sie schon sehr lange auf eine Lieferung: „Penicillin 1.2 mega haben wir seit Juni nicht mehr bekommen.“ Maders Vermutung: Der Großhandel müsse mit Kontingenten arbeiten, „damit die verfügbaren Waren einigermaßen gerecht verteilt werden können“.

Friedrichshafen-Kluftern

Beatrix Popp von der Gangolf-Apotheke in Friedrichshafen-Kluftern berichtet, dass im Moment mehr als 100 Artikel nicht verfügbar seien. „Die Liste wird immer länger. Das beginnt schon bei einfachen Schmerzmitteln wie Aspirin, Ibuprofen oder Paracetamol und reicht bis hin zu Antibiotika wie Penicillin.“

Auch bei ihr gehe es darum, nach Absprache mit den Ärzten Ersatz für nicht verfügbare Wirkstoffe bereitzustellen. Popp nennt ein weiteres Beispiel: Buscopan, das gegen Bauchschmerzen und Krämpfe verwendet wird, bekomme sie schon seit Anfang Oktober nicht mehr geliefert.

Fehlbestände ausgleichen, so gut es unter den gegebenen Umständen geht. In der Gangolf-Apotheke von Beatrix Popp werden beispielsweise ...
Fehlbestände ausgleichen, so gut es unter den gegebenen Umständen geht. In der Gangolf-Apotheke von Beatrix Popp werden beispielsweise Ibuprofensäfte selbst hergestellt. | Bild: Ganter, Toni

Einer von Popps Lösungsansätzen lautet: „Wir versuchen, Lücken so gut es geht durch Eigenherstellung auszugleichen. Gottseidank sind wir Apotheker dafür ausgebildet.“ Während ihres Notdienstes werde beispielsweise Ibuprofensaft hergestellt, erzählt die Apothekerin.

„Ich kann eine Mutter, deren Kind Fieber hat, doch nicht einfach wieder wegschicken.“ Über die vielfältigen möglichen Gründe für die Lieferengpässe hat sich Popp Gedanken gemacht: Etwa Hersteller von Generika stehen unter Kostendruck und stellen die Produktion ein. Andere kommen mit der Produktion nicht nach.

Das sagt der Vorsitzende der Kreisärzteschaft

Germar Büngener betreibt in Friedrichshafen eine Praxis und ist Vorsitzender der Kreisärzteschaft Bodenseekreis. Er beschreibt die Lage aus ärztlicher Sicht so: „Wir werden in unserer Kreativität gefordert. Es ist ja möglich, dass man andere Medikamente nimmt, die man auf Gewicht und Alter des jeweiligen Patienten anpassen kann.“

Bisher sei ihm als Vorsitzenden der Kreisärzteschaft noch kein Fall gemeldet worden, bei dem durch Lieferengpässe ein Patient akut gefährdet gewesen wäre. „Es ist bisher immer ein adäquater Ersatz gefunden worden“, sagt Büngener.

Ein anderes Thema ist laut Büngener aktuell das größere: Grippeimpfungen. „Es gibt drei große Grippe-Impfstoffgruppen. Die diffizile Frage lautet: Wartet der Arzt, bis der Impfstoff der ersten Wahl wieder verfügbar ist?“