Solidarität mit der Ukraine: In Markdorf wird sie von vielen Menschen aus der Region gelebt: Sie fanden sich zahlreich zur Mahnwache für den Frieden auf dem Kirch- und Marktplatz ein, zu der die Pfarrer Tibor Nagy und Ulrich Hund eingeladen hatten.
Anhand weiser Sätze des Unabhängigkeits- und Friedenskämpfers Mahatma Gandhi zeigte Bürgermeister Georg Riedmann Wunsch und Wirklichkeit auf und forderte Konsequenzen. „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“, zitierte er und stellte dieser Aussage Putins Gier nach Macht gegenüber. Und: „Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten“, verwies er auf vorprogrammierte Folgekonflikte. „Wir haben nun die Aufgabe, womöglich Menschen auf der Flucht zu empfangen und aufzunehmen. Wir werden das wieder schaffen in Markdorf“, freute er sich über bereits vollzogene Hilfsangebote.
Nicht diffamieren und gegenseitig beschimpfen, sondern miteinander reden, empfahl Pfarrer Tibor Nagy in Anspielung auf Verhalten während der Pandemie und appellierte besonders jetzt solidarisch untereinander und mit den Menschen in der Ukraine, aber auch mit den vielen hier lebenden Russen zu sein, die ebenso vom Angriffskrieg betroffen seien. Betroffen machte der verlesene Bericht einer Ukrainerin, deren Verwandte Unfallärzte sind und von tiefem Leid, Verletzten und Toten sprachen, von Freunden und Verwandten in Russland und vom bisher konfliktfreien Miteinander sowie von Desinformation des russischen Volkes. „Wir müssen uns klar sein, dass der Krieg eine politische Entscheidung einzelner Personen ist!“
„Lasst uns die Türen öffnen, Wohnraum und Mittel zur Verfügung stellen“
„Lasst uns die Türen öffnen, Wohnraum und Mittel zur Verfügung stellen“, zitierte Nagy auch eine Markdorferin, die vor der Entfremdung untereinander und „Mauerbau“ wie in Corona-Zeiten warnte.
Wie sich der Krieg auf die Betriebe auswirkt, schilderte Frederic Striegler, Bevollmächtigter der IG Metall Friedrichshafen und Singen. Russlandprojekte wurden eingestellt, die Unternehmen seien aber auch auf Zulieferer aus der Ukraine angewiesen, die Situation unberechenbar. Er warb ebenfalls um Solidarität, falls Sanktionen, die helfen sollen, den Krieg zu beenden, das Leben hier beeinträchtigten, sei es durch unsichere Arbeitsplätze oder Flüchtlinge.

Zwei Frauen trauten sich dann doch, öffentlich zu sprechen, was sehr berührte, zumal sie ihre Tränen nicht zurückhalten konnten: Nicole Wolf, 16, bedankte sich als Halb-Ukrainerin im Namen aller Ukrainer bei denen, die ihnen mit ihrer Anwesenheit und Gedanken Hoffnung gäben und verwies auch auf Russen, die sich gegen den Krieg engagierten. Von innerer Zerrissenheit sprach die in der Ukraine geborene und in Russland aufgewachsene Irina Mallon. In beiden Ländern lebten ihre Mutter und Freunde, von denen sie nicht wisse, ob sie den Krieg überleben werden.
Narrenzünfte unterstützen Aktion dreier Ärzte
Doch die Hoffnung auf ein Kriegsende ist da – und die Bereitschaft, zu helfen: Die Narrenzünfte und deren Musikanten unterstützen die Aktion dreier Ärzte des Klinikums Friedrichshafen – zwei sind Ukrainer – und sammeln auch am Dienstag noch Spenden für dringend benötigtes Verbandsmaterial. Ein Transporter ist schon an der polnisch-ukrainischen Grenze angekommen und wurde von Hilfskräften abgeholt. Der elfjährige Julian Fas hatte sich am Sonntag spontan einen Karton geschnappt und allein während der Mahnwache 1011 Euro gesammelt.