Stadtkämmerer Michael Lissner hat nicht mit Papier gespart: 14 Seiten umfasst seine Tischvorlage zur Einbringung der Haushalts- und Wirtschaftspläne 2023. Darauf skizziert er, wie die Stadt finanziell dasteht. Er schreibt überdies, mit welchen „deutlichen Gebührenerhöhungen“ die Bürger 2024 und 2025 rechnen müssen. Der Kämmerer erklärt ebenso, wo die Stadt den Rotstift ansetzen, warum sie Kredite aufnehmen und warum von weiteren Maßnahmen, also von neuen Investitionen, sehr dringend abgeraten werden muss.
Doch die Planung, sagt Lissner, könne „in wenigen Wochen bereits Makulatur“ sein. Allzu viele Unklarheiten und Risiken, das sind vor allem Kostenrisiken, bestünden derzeit: „In einer Zeit, wie wir sie noch nie erlebt haben.“ Krieg, Klima-, Energie- und Wirtschaftskrise, außerdem noch Flüchtlingsströme unterminieren das ökonomische Gefüge der gesamten Gesellschaft und damit auch das der Stadt Markdorf. Wenn die Wirtschaftsleistung allgemein zurückgeht, wenn eine Rezession droht und die Inflationsrate auf zehn Prozent steigt, kann das auch in Markdorf nicht folgenlos bleiben.
Der Haushalt kann nicht ausgeglichen werden
Mit dem Ergebnishaushalt, in dem die geplanten Einnahmen und Ausgaben bilanziert sind, zeigte sich der Kämmerer recht zufrieden. Dennoch könne der Ergebnishaushalt nicht ausgeglichen werden. Erträgen von rund 38 Millionen Euro stünden Aufwendungen von 39,9 Millionen Euro gegenüber, unter dem Strich ein Minus von 1,9 Millionen. Um den Ergebnishaushalt auszugleichen erfordere es Sparbemühungen. Obendrein müsse die Ertragsseite gestärkt werden. Gespart werde bereits. Ein „Höchstmaß an Haushaltsdisziplin“ sei indes auch weiterhin nötig. Gleichwohl schloss der Kämmerer künftige Steuererhöhungen nicht aus.

Gewerbesteuereinnahmen unter dem Landesschnitt
An dieser Stelle verwies Lissner auf den deutlichen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen. Hier könne er nur noch 8,4 Millionen Euro ansetzen. Im Vorjahr waren es noch elf Millionen. Und das Steuerergebnis von 2021 zeige erneut, dass die Stadt unter dem Landesdurchschnitt liege. Das Problem: Der Löwenanteil der Gewerbesteuern wird nur von wenigen Großbetrieben eingebracht. Nur acht Unternehmen entrichten mehr als 250 000 Euro pro Jahr. Ab 2024 rechne er wieder mit steigenden Werten, kalkuliert sind 11,6 Millionen Euro. Ob die Einnahmen bei der Einkommenssteuer ebenfalls ansteigen würden, bleibe hingegen abzuwarten. Hier sprach Lissner von seinen „Bauchschmerzen“. Bei den Wasser- und Abwassergebühren kündigte der Kämmerer eine deutliche Erhöhung für die Jahre 2024 und 2025 an, als unmittelbare Folge der stark gestiegenen Energiepreise.

Auch die Personalkosten im Rathaus steigen
Die Personalkosten der Stadt steigen um fast fünf Prozent an, von 11,6 auf 12,2 Millionen Euro. Für den Unterhalt von Gebäuden und Straßen sind 1,5 Millionen veranschlagt, wobei einzelne Vorhaben gestrichen worden seien. Hier merkte Lissner an, dass die Erhaltung der städtischen Gebäudesubstanz „mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden“ sei.

Schuldenstand erhöht sich auf 9 Millionen Euro
Damit die Geldflüsse des Finanzhaushalts nicht stocken, müssen für 2023 Kredite aufgenommen werden, Stand jetzt in Höhe von 6,3 Millionen Euro. Damit erhöht sich der derzeitige Schuldenstand der Stadt von 2,8 Millionen Euro auf 8,6 Millionen Euro Ende 2023. „Die Zeiten für Wünsche nach neuen, noch besseren Standards, neuen Einrichtungen und zusätzlichen Dienstleistungen scheinen endgültig vorbei zu sein“, mahnte Lissner. In den Schulen und Kindertagesstätten der Stadt seien ja schon sehr gute Standards erreicht – die allerdings auch ihren Preis haben.
Kämmerer Lissner bittet um Realismus
Abschließend lud Lissner die Faktionen ein, ihre Anträge und Vorschläge frühzeitig einzubringen, damit sie noch im Haushaltsplan berücksichtigt werden können. Seinen Vortrag hatte der Kämmerer mit einem Zitat von Manfred Rommel begonnen, dem früheren Oberbürgermeister von Stuttgart. Danach lasse sich nur dort sparen, wo Geld vorhanden ist. „Bei uns geht es aber darum, Geld, das wir nicht haben, nicht auszugeben“, habe Rommel gesagt. Das sei Realismus.

In diesem Sinne bat Lissner die Räte, in ihren Wünschen „realistisch zu bleiben“. Beraten werden die Haushalts- und Wirtschaftspläne in der Sitzung vom 29. November. Freie-Wähler-Fraktionschef Dietmar Bitzenhofer riet der Verwaltung dennoch schon zu ersten Einsparmaßnahmen: Neue, energiesparende Leuchtmittel in den städtischen Immobilien könnten die Stromkosten deutlich senken.