Stadtkämmerer Michael Lissner gibt sich betont sachlich. „Wir werden mit erheblichen Preissteigerungen rechnen müssen“, sagt er. Doch klar ist: Die Preisexplosionen bei Strom und Gas treffen auch die Stadtverwaltung mit Wucht. Für den Haushalt, der ohnehin schon unter den aktuellen Großbauvorhaben ächzt, bedeuten die zu erwartenden Kostensteigerungen eine weitere Verschärfung des Drahtseilaktes.
Einbrüche müssen jetzt schon einkalkuliert werden
Momentan seien die tatsächlichen Auswirkungen noch weitgehend Kaffeesatzleserei, sagt Lissner. Wie die Privathaushalte und die Unternehmen, so sind auch die Kommunen an die jeweils aktuellen gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen gebunden, wie etwa die Gasumlage oder ein möglicher Strompreisdeckel. Dass viele Kommunen im Land wegen der steigenden Energiekosten in finanzielle Schieflage geraten könnten, hat man auch beim Städtetag erkannt. Der Städtetag ist gewissermaßen die Interessenvertretung der Kommunen. Dort versuche man schon auf die aktuelle Entwicklung zu reagieren, etwa wenn es um die Konditionen für neue Bündelausschreibungen der Kommunen für Strom- oder Gasverträge geht, sagt Lissner. Beim Strom zum Beispiel sei Markdorf in diesem Jahr quasi noch auf der sicheren Seite, da der derzeitige Vertrag noch bis Jahresende laufe. Wie es aber danach aussieht, ist momentan noch ungewiss.

Dennoch: Einkalkulieren in seine Planungen für den Haushalt 2023 muss der Stadtkämmerer die Einbrüche jetzt schon. Anders würden die Stadtfinanzen sehr früh im nächsten Jahr schon wieder Makulatur werden. Also setzt Lissner jetzt schon vorsorglich den Rotstift an: „Bei den Heizkosten haben wir für 2023 eine Verdoppelung einkalkuliert.“ In Zahlen wären das rund 300.000 Euro an Mehrkosten alleine fürs Gas. Beim Strom rechnet Lissner etwas zurückhaltender. „Hier haben wir eine 50-prozentige Erhöhung auf die aktuellen Preise aufgerechnet.“ Aber auch das führt in Summe zu Mehrkosten in Höhe von rund 200.000 Euro. Zusammengerechnet wäre das eine halbe Million Euro ungeplanter Mehrausgaben im Haushalt, alleine für die Energie.
Nicht miteinkalkuliert seien darin aber die anderen Preissteigerungen, von denen der städtische Haushalt betroffen ist. Und die seien nicht ohne, sagt Lissner, denn im Vergleich mit anderen Gemeinden in der Region habe Markdorf eine prozentual immens hohe Quote an Bauinvestitionen. Und gerade im Baugewerbe steigen aktuell die Preise ebenfalls rasant. „Rechnet man alle Leistungen zusammen, die wir als Stadt in Anspruch nehmen müssen, liegen wir deutlich über der Inflation von acht bis zehn Prozent“, warnt der Kämmerer.
Wo kann noch eingespart werden?
Stellt sich also auch die Frage nach Einsparungen. So groß sei das Potenzial dafür nicht mehr, sagt Lissner. Viele Energieschleudern, mal abgesehen von der alten Stadthalle, habe Markdorf nicht mehr. Das Rathaus wird zurzeit saniert und dabei auch energetisch auf Vordermann gebracht.

Das Bischofschloss mit seinen dicken Mauern sei energetisch besser als sein Ruf. Was sonst noch viel Energie verbraucht, sei kaum zu kappen: „Wir haben besonders energieintensive Bereiche wie die Kläranlage oder die Straßenbeleuchtung. Aber dabei geht es um die Daseinsvorsorge und im Falle der Beleuchtung auch um Verkehrssicherheit und das Sicherheitsbedürfnis der Bürger“, gibt Lissner zu bedenken.

Auf der Prioritätenliste stehe das Thema Energie seit längerem schon oben, betont der Finanzchef der Stadt. Auch der Kindergarten St. Elisabeth wurde im Zuge der Erweiterung energetisch saniert, die Mehrzweckhalle Leimbach sei im kommenden Jahr an der Reihe. Dafür seien die Mittel bereits in der Haushaltsplanung 2023 berücksichtigt. „Und heute sind wir gottfroh, dass wir für unsere Schulen im Süden die Holzhackschnitzelanlage beschlossen haben“, bekennt Lissner: „Bei den städtischen Liegenschaften hat sich schon etwas getan.“
Kämmerer wünscht Gesamtkonzept für Liegenschaften
Bleibt noch immer die Frage nach dem Einsparpotenzial. Bei den Liegenschaften brauche man definitiv ein „Gesamtkonzept“ für die nächsten Jahre, sagt Lissner. Dann könne man auch „ganzheitlich“ ans Thema Energie rangehen. Abgesehen davon sehe er das größte Potenzial eindeutig beim Nutzerverhalten. Das betreffe vor allem die Schulen und Kindergärten, aber auch etwa Veranstaltungen in der Stadthalle. „Über das Nutzerverhalten geht weit mehr als über technische Lösungen“, sagt Lissner. Letztere seien irgendwann ausgereizt. Klar sei jedenfalls jetzt schon: „Für den Haushalt 2023 wird die Energiefrage das Riesenthema sein.“