Der Brunnen kommt, doch anders als ursprünglich gedacht, erklärt David Fuchs. Der Künstler und Konstrukteur betreibt in Deggenhausen ein Metallatelier, in dem eigene Entwürfe, aber auch Auftragsarbeiten umgesetzt werden. Er hat mit seinem Vorschlag für den geplanten neuen Brunnen vor dem Markdorfer Rathaus den im Dezember 2023 ausgeschriebenen Gestaltungswettbewerb gewonnen.
Seine Idee, aus zwei bronzenen Kugeln miteinander kommunizierende Wasserstrahlen austreten zu lassen, hatte zunächst den Lenkungskreis überzeugt. Dieser begleitet die Projekte zur Attraktivierung des Stadtkerns, welche durch das Bundesprogramm Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren (ZIZ) möglich wurden. Auch im Gemeinderat kam Fuchs‘ Brunnenentwurf gut an, die Räte gaben ihm im März 2024 den Vorzug gegenüber drei weiteren Wettbewerbsvorschlägen. Freilich gab es auch da schon kritische Stimmen. Vor allem richteten sie sich gegen die Brunnentechnik.
Wasserspiele wollen programmiert sein
Die Technik nämlich scheint zunächst recht komplex. Die beiden aus den Bronzekugeln kommenden Wasserstrahlen kommunizieren nicht einfach so in gleichbleibender Intensität und Stärke. Sie werden moduliert, bewegen sich leicht aufeinander zu und voneinander fort. Ebendiese Modulation, „die den Brunnen erst lebendig und wirklich interessant macht“, sagt David Fuchs, bedarf einer Steuerung. Und das gelte für alle Wasserspiele, so auch jene bei Kindern, Eltern und Stadtvätern so beliebten Kleinfontänenfelder in Fußgängerzonen. Üblicherweise werden Programme geschrieben, die das fröhlich plätschernde Auf und Ab der Wassersäulen möglichst abwechslungsreich gestalten.

Der Metallkünstler David Fuchs hingegen schlägt einen anderen Weg ein. Er setzt auf die Natur. Er greift natürliche Klänge ab oder lässt seine Kunstwerke auf Licht oder Wind reagieren. In Markdorf sollen die beiden Wasserstrahlen des neuen Rathausbrunnens auf die Eigenschwingungen der Erde reagieren. Diese permanente Bodenunruhe wird ständig beobachtet und von Erdbebendiensten aufgezeichnet. „Die Daten stehen im Internet“, erklärt Fuchs. Lesen lassen sie sich aber – für Laien jedenfalls – nicht ohne Weiteres. Ein bisschen kompliziert sei es dann, die seismischen Informationen für ein Programm zu nutzen, das ein Wasserspiel steuern kann.

Seismik-Fontäne im Klosterpark
Zum ersten Mal nutzte Fuchs die mikro-seismischen Wellen für einen Auftrag, den er 2017 von den Franziskanerinnen-Schwestern von Bonlanden erhielt. Diese hatten sich für ihren „Sonnengesangsweg“ im Klosterpark ein Kunstwerk zum Thema „Schwester Wasser“ gewünscht. „Da lag der Bezug zu Mutter Erde nahe“, schmunzelt Fuchs. Er ließ einen weichen Wasserstrahl aus einem Teich aufsteigen, der auf seismische Wellen reagiert.
Zwei Jahre später wandte er dasselbe Prinzip für das von Andres Bosshard entworfene neue Wasserspiel im Zürichsee an. Auf Erdbewegungen soll nun auch der Markdorfer Brunnen reagieren – nicht nur auf die seismischen Wellen, die Sensoren in der Nähe Markdorfs empfangen, sondern auch jene, die Sensoren bei Ensisheim, der französischen Partnerstadt, aufzeichnen.
Ohne Wartung und Pflege geht es nicht
Sowohl die dafür von ihm entwickelten Kugeldüsen als auch das Programm für die Wasserstrahl-Choreografie hätten sich bewährt, erklärt David Fuchs. „Und Markdorf bekommt dieses an den seismischen Schwingungen orientierte Programm kostenlos mit dem Brunnen mitgeliefert.“ Er müsse es ja nicht erst neu entwickeln. „Mir liegt an diesem Projekt“, betont der Metallkünstler aus Deggenhausen. Darum sei er auch sehr froh, dass sich der Markdorfer Rat nach langem Hin und Her doch dafür entschieden habe, dass sein seismischer Brunnen gebaut wird.
Nachdem die Kosten für die Brunnentechnik zunächst nur überschlagen worden waren, erschienen diese einem großen Teil des Gemeinderats schließlich als zu hoch. Das seien sie keineswegs, erklärte Helmut Hornstein, Landschaftsarchitekt aus Überlingen, welcher die Pflastersanierung, den Einbau eines Mobilitätsbands sowie die Brunnen-Integration koordiniert. Wasserspiele seien aufwendig – und bedürften alle regelmäßiger Wartung und Pflege.

Wasser marsch?! Wohl erst im nächsten Jahr
Bei den Wasserspielen müssen Algen entfernt werden, ist Kalk zu beseitigen und das Wasser bedarf regelmäßiger Aufbereitung. So erläutert David Fuchs die „Basics“ des Brunnenbaus. Für gewöhnlich denke auch niemand an die Komplexität, die sich in den Pumpenkammern versteckt. In Markdorf konnte man diese nicht unter dem Brunnen versenken, sondern in der nahen Toilettenanlage neben dem Rathaus unterbringen. Das mache die Technik zugänglicher und deutlich kostengünstiger.
Weniger als der ursprüngliche Entwurf, der vom Rat zum Wettbewerbssieger gemacht worden war, ist auch dessen aktuelle, abgespeckte Version. „Es gibt keinen modellierten Untergrund für die beiden Bronzekugeln – es gibt auch keinen aufsteigenden Wassernebel“, erklärt Fuchs. Stattdessen plätschern die abends beleuchteten Wasserstrahlen in ihrem seismischen Tanz über eine amöbenförmige Fläche, die mit demselben Farbasphalt belegt ist wie das sie umfließende Mobilitätsband. Wann es so weit ist? „Wasser wird wohl erst im nächsten Frühjahr fließen“, vermutet der Brunnenkünstler.