Vor genau einem Jahr setzte der verheerende Starkregen vom 26. Juni 2024 weite Bereiche im Osten Markdorfs unter Wasser: Der Camping Wirthshof wurde von dem überquellenden Muldenbach geflutet, wenige Kilometer weiter hatte sich der gesamte Oberteuringer Ortskern in kürzester Zeit in einen See verwandelt.
Inhaltlich passend zum Jahrestag des Ereignisses informierte die Verwaltung den Gemeinderat über den aktuellen Stand des kommunalen Starkregenrisikomanagements für Markdorf. Erarbeitet wird das Schutzkonzept anhand des Leitfadens des Landes vom Biberacher Ingenieurbüro Wasser-Müller, dessen Geschäftsführer Winfried Eberhard und Bauingenieur Matthias Hepple die Pläne vorstellten.

Aktuelle Starkregenkarten sind bald fertig
Kurz gefasst: Das Starkregenrisikomanagement soll bis zum Herbst stehen, der Förderzeitraum läuft noch bis November. Von den drei Arbeitsschritten Gefährdungsanalyse, Risikoanalyse und Handlungskonzept sind die ersten beiden nahezu abgeschlossen. Aktuell stellt das Büro die neuen Starkregengefahrenkarten fertig. Diese aktualisierten Karten sollen auch öffentlich vorgestellt werden, in zwei Bürgerinformationsveranstaltungen am 16. und 23. Juli. Das konkrete Handlungskonzept wird dann am Ende des Verfahrens ausgearbeitet.
Wegen ihrer Topografie mit den vielen Hanglagen ist die Stadt Markdorf durchaus potenzielles Risikogebiet. Anders hingegen Ittendorf: Dort, so hieß es, hätten die Voruntersuchungen keine höhere Gefährdung ergeben. Deswegen ist Ittendorf im Konzept auch nicht berücksichtigt, der Teilort könnte aber später noch bei Bedarf hinzugenommen werden.

Risikogebiete: Markdorf hat viele steile Straßen
Eberhard und Hepple präsentierten in der Sitzung am Dienstagabend Ausschnitte aus den von ihnen erstellten neuen Gefahrenkarten. Wenig überraschend sind vor allem die steileren Straßen potenzielle Gefahrenbereiche. „Die Fließgeschwindigkeit spielt bei Überflutungen eine große Rolle, je höher sie ist, umso höher ist die Gefährdung“, informierte Hepple. Markiert waren unter anderem die Bussenstraße, die Gehrenbergstraße oder die Talstraße. Generell, ergänzte Eberhard, habe Markdorf eine Reihe von Bereichen erhöhter Fließgeschwindigkeiten aufgrund der vielen Hanglagen.
Das Starkregenkonzept selbst wird, sofern es nach dem Leitfaden des Landes erarbeitet wurde, vom Land mit 70 Prozent gefördert. Auch für eine etwaige Förderung von baulichen Maßnahmen gegen den Starkregen sind die Vorgaben des Leitfadens bindend. Vereinfacht gesagt, hatte das Büro Wasser-Müller zu Beginn seiner Arbeit in einer Voruntersuchung besonders starkregengefährdete Bereiche und deren Einzugsgebiete ermittelt. Anschließend wurde das gesamte Markdorfer Untersuchungsgebiet in mehrere Teilgebiete unterteilt, die nun auch in den neuen Karten dargestellt werden.

Oberteuringen steht noch ganz am Anfang
Das Büro Wasser-Müller erarbeitet im Übrigen auch das Starkregenkonzept für Oberteuringen. Das befindet sich allerdings erst noch im frühen Anfangsstadium. In diesem Jahr seien dort noch keine Ergebnisse zu erwarten, sagte Eberhard am Rande der Sitzung auf Nachfrage des SÜDKURIER.
Dass das Büro beide benachbarten Gemeinden analysiert und berät, ist durchaus ein Vorteil für beide Kommunen. Denn die Bereiche überlappen sich teils – und haben auch wechselseitige Auswirkungen, wie man bei dem Starkregen vor einem Jahr sehen konnte. Damals hatte sich eine Gewitterzelle über dem Gehrenberg entleert. Die Flutwelle, die auf ihrem Weg über Bitzenhofen den Kernort Oberteuringen überschwemmt hatte, hatte ihren Ausgang am Gehrenberghang auf Markdorfer Gemarkung.

Eigenvorsorge spielt zentrale Rolle
In der Sitzung wiesen Eberhard und Hepple mehrfach darauf hin, dass beim Starkregenschutz auch die Eigenvorsorge eine große Rolle spiele: Hauseigentümer, die in Risikobereichen wohnen, könnten Schächte höhersetzen lassen, druckdichte Kellerfenster einbauen oder Schotts vor tieferliegenden Öffnungen installieren. Denn: Gleich, welche Maßnahmen die Kommune selbst umsetze, einen gänzlichen Schutz werde es nicht geben. „Bauwerke für Rückhaltemöglichkeiten für mehrere tausend Kubikmeter sind in steileren Hanglagen wie in Markdorf sicherlich nicht realisierbar“, betonte Eberhard. In Markdorf werde es daher beim Handlungskonzept auch in erster Linie um die Schaffung besserer Abflussmöglichkeiten gehen.
Nutzen von Frühwarnsystemen fraglich
Klar ist, dass es beim Starkregenschutz einen langen Atem braucht: Die Gefahrenkarten seien die Grundlage, um die Situation über Jahre und Jahrzehnte hinweg stetig zu verbessern, sagte Eberhard. In ihrer Präsentation stellten Eberhard und Hepple auch Warnmeldesysteme vor, auf die manche Kommunen schwören würden. Doch auch die seien kostspielig und ihr tatsächlicher Nutzen oft fraglich. Denn auch hier spiele die Fließgeschwindigkeit eine zentrale Rolle. Auf die Frage von CDU-Fraktionschefin Kerstin Mock, ob das auch eine Option für Markdorf wäre, antwortete Eberhard: „Wenn die Messstelle oben am Gehrenberg Alarm schlägt, haben Sie unten in der Stadt schon nasse Füße.“