Wo bis zum 23. März eine ganze Familie und 65 Mitarbeiter gut eingespielt zusammengearbeitet haben, ist nun erst mal Schicht im Schacht. „Wir mussten von jetzt auf sofort 50 belegte Plätze räumen und alle Campinggäste nach Hause schicken“, erzählt Maria Wirth, die zusammen mit ihren beiden Söhnen Claudius und Andreas den Familienbetrieb führt. Bis zu diesem Tag seien Urlaubsgäste mit ihren Campingmobilen auf dem Platz gewesen, denn Markdorf und der Wirthshof seien auch als Ganzjahresdestination sehr beliebt. „Und über Nacht war plötzlich alles anders“, erinnert sich Andreas Wirth an diese Ausnahmesituation.
Mitarbeiter sind aufgrund der Schließung in Kurzarbeit
Jetzt steht die Familie ohne Plan da, denn vonseiten der Politik gibt es noch keine konkreten Ansagen. 65 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. „Wir haben keine Ahnung, wie es nun weitergehen soll“, sagt Maria Wirth. Einerseits, weil es keinerlei Informationen gebe, andererseits, weil sie um ihre Angestellten bange, um die Alleinerziehenden, denen ein Kurzarbeitergeld von 68 Prozent nicht ausreiche und die eine Perspektive bräuchten.
Claudius Wirth betont: „Wir wollen unbedingt alle Mitarbeiter halten.“ Denn es sei ein tolles, ein perfekt eingespieltes Team. Aber je länger die Schließung andauere und je länger man mit dieser Ungewissheit leben müsse, desto eher befürchte er, die Mitarbeiter könnten sich anderweitig orientieren. „Und wenn wir irgendwann wieder eröffnen können, fehlen uns die Leute.“

Es sei eine Tragödie sondersgleichen, egal wie man es drehe und wende. An der Rezeption seien derzeit zwei Mitarbeiter im Dauereinsatz damit beschäftigt, die unzähligen Anrufe zu beantworten, während die Mailbox überlaufe. „Die Gäste, die ihren Urlaub gebucht haben, sind ebenso verunsichert wie wir selbst“, sagt Claudius Wirth. „Und wir können ihnen noch nicht einmal eine Antwort geben, wie lange das noch so gehen wird.“
Grünflächenvermietung nicht mit Vorschriften vereinbar
Den Gästen fehlt ein konkretes Datum für einen Neustart, den Wirths derweil der Umsatz. „Wir haben hier als Campingbetrieb keine Chance, irgendwie Umsatz zu generieren“, sagt Andreas Wirth. Viele Ideen hätten sie bereits gesammelt und durchdacht. Wie etwa, einige Stellplätze für Menschen ohne Garten als Grünflächen für Mittagspausen oder kleine Auszeiten zu vermieten, um darauf Picknick machen zu können.
„Dann hätten wir auch Take-away-Essen angeboten“, ergänzt Bruder Claudius im Konjunktiv. Denn das Abstandsgebot wäre dabei nicht das Problem gewesen, sofern nur jeder zweite Platz besetzt worden wäre. „Aber die Vorschriften...“, sagt Claudius Wirth.

Aller Resignation und allen Wirrungen zum Trotz sind sie kreativ, die Wirths. Dennoch sind die Prognosen düster: „Wenn wir bis zum Sommer nicht öffnen können, dann können wir auch gleich zulassen“, sagt Maria Wirth. Noch hoffen sie aber darauf, dass das Geschäft bis zu den Pfingstferien ganz langsam wieder anlaufen kann. Mit strengen Auflagen, wie etwa geschlossenen Sanitäranlagen. Zunächst – und optimistisch gedacht – ab dem 4. Mai für die Dauercamper.
In der zweiten Phase, also ab Ende Mai, könnte es, so Maria Wirth, dann möglich sein, auch Touristen wieder auf dem Platz begrüßen zu dürfen. Aber das seien immer nur Empfehlungen, die die Tourismusverbände aussprechen können. Dass sie dies mit Bedacht tun, betont sie mit Nachdruck. Darüber entschieden wird indes auf höherer Instanz.
Familie steht vor Dilemma: wem absagen, wem nicht?
Ohne Frage, der Betrieb wird in diesem Sommer ein anderer sein. „Wir werden vermutlich nur jeden zweiten Platz belegen können aus Gründen der Abstandsregeln“, erklärt die Geschäftsführerin. Was im Umkehrschluss bedeuten würde, auch nur den halben Umsatz zu machen. „Das größte Dilemma liegt darin, dass wir seit Ostern für das ganze Jahr ausgebucht sind“, sagt Maria Wirth. Was also tun, sofern es zu einer Lockerung kommen sollte?
Bleibt für die Wirths nur eines: Vielen, die bereits den Sommerurlaub gebucht haben, absagen, meint Sohn Andreas. Aber wer will schon die Entscheidung darüber treffen? „Die langjährigen Dauergäste müssten wir auf jeden Fall bevorzugt behandeln“, betont Wirth.

Hilfestellung erhalten die Familie und alle anderen Camping- und Beherbergungsbetriebe aktuell von der Dehoga, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, sowie dem BVCD, dem Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland. „Das sind zwei sehr starke Partner“, sagt Maria Wirth. Sie fühle sich von beiden gut betreut und mitgenommen. Fast jeden zweiten Tag gebe es Online-Konferenzen mit der Dehoga. Dabei würden gemeinsam Ideen gesammelt, welche der Verband dann bündele und als Empfehlung an die Landes- oder Bundesregierung weitergebe. Was damit und danach allerdings passiert? „Wir wissen es nicht“, sagt Maria Wirth und zuckt mit den Schultern.