Die EU hat das weitgehende Aus für Verbrennermotoren bis 2035 beschlossen. Die Automotive-Branche setzt das gewaltig unter Druck: Sie steht vor dem größten Umbruch ihrer Geschichte. In Markdorf mittendrin: Die Albert Weber GmbH, Kernunternehmen der Weber Holding.

Bei der Transformation weg vom klassischen Automotive-Zulieferer und hin zum Anbieter von Komponenten für die neuen Technologien drücken die Verantwortlichen kräftig auf das Gaspedal: Im Unternehmen hat man das Ziel ausgerufen, bis 2040 ausschließlich Produkte für emissionsfreie Anwendungen herzustellen. Das ist mehr als sportlich, denn aktuell macht Weber den allergrößten Teil seiner Geschäfte noch mit klassischen Verbrennertechniken, zum Beispiel mit Kurbelgehäusen oder Zylinderköpfen.

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CFO Stroetmann zum Umbau: „Es ist ein Kraftakt“

In der Chefetage spricht man von einer großen Herausforderung. Extrem ambitioniert, aber machbar, sagt CFO Hubertus Stroetmann: „Es ist ein Kraftakt an der Schmerzgrenze, da wird viel von uns gefordert.“ Auf dem Weg heraus aus der seit Jahren von hohem Kostendruck geprägten Automotive-Zulieferbranche seien erst einmal immense Investitionen nötig. Vor zwei Jahren bereits stieg Weber beim Schweizer Biogas-Spezialisten Renergon ein, vor wenigen Monaten gründete man mit anderen Partnern das Start-up TYNe, das seit Juli in China einen vollelektrischen Mini-Transporter für den europäischen Markt produziert und Ende Juni übernahm man die Mehrheit an der Baienfurter CellForm Holding GmbH, die Bipolarplatten für Brennstoffzellen produziert.

Mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigt die Weber Holding inzwischen in ihren Unternehmen, davon rund 230 in Markdorf. Weber ist der ...
Mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigt die Weber Holding inzwischen in ihren Unternehmen, davon rund 230 in Markdorf. Weber ist der größte Arbeitgeber in der Gehrenbergstadt. | Bild: Albert Weber GmbH

Eine Menge Holz also. Und die Kosten für die Beteiligungen stellen nur einen Teil der nötigen Aufwendungen dar. Auch das eigene Portfolio muss umgestellt werden, neue Techniken und Produkte müssen entwickelt und Geld in den Maschinenpark gesteckt werden. „Die Investitionen sind massiv, aber wir müssen in Vorleistung gehen“, macht Stroetmann deutlich, dass es auch für Weber keine Alternative zur Transformation gibt.

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Ohne Verbrenner geht es noch lange nicht

Alternativlos bleibt für Weber bis 2035 aber auch die Verbrennertechnik. Denn sie, das betont Stroetmann, finanziert den Umbau des Unternehmens mit. „Wir brauchen auch künftig unsere Automobilkunden, um das Geld zu verdienen“, sagt der Finanzchef. Die Frage laute daher: Wie lassen sich auch mit den Bestandskunden in den kommenden Jahren noch bestmögliche Aufträge an Land holen? Schließlich gehe es auch darum, die Arbeitsplätze zu sichern. Dafür müsse und wolle Weber der Metallbearbeitung treu bleiben. „Unser Ziel ist es, dort immer auf dem neuesten Stand zu sein“, sagt Gesellschafterin und Gründer-Enkelin Gina Weber.

Blick in die neue Produktionshalle der Albert Weber GmbH. Dort wird in Bälde ein Großauftrag von BMW für Antriebsgehäuse vom Band laufen.
Blick in die neue Produktionshalle der Albert Weber GmbH. Dort wird in Bälde ein Großauftrag von BMW für Antriebsgehäuse vom Band laufen. | Bild: Grupp, Helmar

Dafür hat Weber vor wenigen Wochen einen weiteren Zukauf gestemmt: Die Ritter Leichtmetallguss GmbH in Weinstadt wurde übernommen, rund 150 Mitarbeiter und 40 bis 45 Millionen Euro Jahresumsatz. Sie firmiert nun als Weber Weinstadt und soll die Kernkompetenz von Weber im Aludruckguss weiter ausbauen helfen. „Es ist wichtig, dass wir uns mit diesem Werk im Stuttgarter Raum und nahe zu Mercedes strategisch platziert haben“, sagt Stroetmann. Denn der Umstieg vom Verbrenner zu E-Antrieben sorgt auch dafür, dass die Gussbauteile größer und komplexer werden.

Bei Weber in Markdorf werden künftig auch Gehäuse für den BMW-E-Antrieb eDrive Gen5 produziert. Der Antrieb ist inzwischen in allen ...
Bei Weber in Markdorf werden künftig auch Gehäuse für den BMW-E-Antrieb eDrive Gen5 produziert. Der Antrieb ist inzwischen in allen E-Fahrzeugen von BMW im Einsatz. | Bild: BMW Group Werk Steyr

Großauftrag von BMW füllt neue Halle

Bestes Beispiel ist der jüngste Großauftrag von BMW, für Weber einer der wichtigsten Bestandskunden: Weber wird die Gehäuse für den neuesten BMW-E-Antrieb eDrive Gen5, der inzwischen in allen E-Fahrzeugen von BMW verbaut wird, produzieren. Dafür wird zurzeit die neue Produktionshalle umgebaut – ein Zeichen, dass man in Markdorf von einem langjährigen Auftrag ausgeht. Bislang produziert BMW in seinem österreichischen Werk Steyr die Gehäuse selbst. Doch dort reichen die Kapazitäten nicht mehr aus, weshalb die Bayern einen Teil des Volumens nach draußen vergeben haben.

Ein Stück weit scheint das überraschend, denn die inländische Nachfrage nach E-Fahrzeugen ist nach dem Auslaufen der Subventionen stark zurückgegangen. Andererseits zehren die Hersteller noch von ihren vollen Auftragsbüchern. Und mit rund 12 Prozent an der Gesamtflotte hat BMW den höchsten E-Fahrzeuganteil aller deutschen Hersteller. „Die E-Mobilität erlebt einen rasanten Anstieg und den spüren wir auch bei uns im Hause“, bestätigt Benedikt Fischer, bei BMW Sprecher unter anderem für das Lieferantennetzwerk. Stückzahlen, Umfang und Auftragsdauer wollen weder BMW noch Weber kommentieren. Doch Stroetmann verhehlt nicht, dass man bei Weber stolz darauf ist, diesen lukrativen Auftrag bekommen zu haben.

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Grundsätzlich, sagt er, sei man froh über alle Aufträge aus dem Verbrennerbereich, sei es von BMW, Mercedes oder AMG. Dafür werde man auch weiter in die Maschinen investieren. Maximal automatisieren, lautet dabei die Formel. Denn erstens kämpft man auch bei Weber mit dem Fachkräftemangel. Zweitens wolle man den Mitarbeitern auch „Zukunftsarbeitsplätze“ bieten, sagt Gina Weber. So rasant sich das Umfeld auch wandelt, die Metallbearbeitung wird bei Weber aber auch künftig im Fokus bleiben, sagt die Gesellschafterin: „Auch in den neuen Technologien werden wir unserer strategischen Kernkompetenz nahe bleiben.“