Einmal keinen neuen Abwärtstrend, keine weitere Verschlimmerung vermelden zu müssen, zählt für Günther Wieth inzwischen schon zu den guten Nachrichten. Der Leiter der Markdorfer Tafel hat jüngst seine „Kundenkartei“ durchforstet. Und nun kann er berichten, „dass aktuell 283 Tafelausweise im Umlauf sind“. Die werden in Markdorf von der Diakonie ausgegeben. Ihre Besitzer berechtigen sie zum Empfang der im Tafelladen ausgegebenen Lebensmittel. Vorausgesetzt, sie haben Anspruch auf Grundsicherung, Bürgergeld, beziehen andere Unterstützungsleistungen oder sie bekommen Asylbewerberleistungen oder aber sie haben einen Flüchtlingsstatus.
Ende 2024 waren noch 290 Tafelausweise im Umlauf. Insofern sei die Zahl der Kunden relativ konstant, erklärt Günther Wieth. Demgegenüber ist die Zahl seiner Kunden im Jahr davor stark angestiegen – um 23 Prozent. Verhältnismäßig stabil sei auch die Spendensituation, erklärt der Tafelleiter. Damit bezieht er sich allerdings auf die Gelder, die von Privatpersonen, von Vereinen, Gruppen oder von Unternehmen an die Tafel fließen. „Wir sind aber auch darauf angewiesen“, so Günther Wieth, „denn seitdem die Warenspenden, die wir vor allem von Discountern bekommen, drastisch zurückgegangen sind, müssen wir Lebensmittel zukaufen, damit keiner leer ausgeht, wenn er zu uns kommt.“

In Konkurrenz mit Foodsharing
Immer schwieriger werde die Lage für die Tafeln übrigens, seitdem sie sich die überschüssig produzierten Lebensmittel mit Initiativen wie „Foodsharing“ teilen müssen. Was Günther Wieth insofern sauer aufstößt, als die „Lebensmittelretter“ der Foodsharing-Bewegung ja vor allem gegen die Verschwendung ankämpfen, während es den 978 bundesdeutschen Tafeln inzwischen immer stärker um die ergänzende Versorgung von Bedürftigen gehen muss.
Und dies, so Günther Wieth, vor dem Hintergrund, dass in Deutschland rund 14 Millionen Menschen in Armut leben – das heißt: dass sie weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen. Dabei sei es durchaus auch ein erklärtes Ziel der Tafeln, gegen die Lebensmittelverschwendung anzukämpfen. Nur, dass der soziale Aspekt unterdessen immer stärker in den Vordergrund gerückt sei.

Sorgenvoller Blick auf die Politik
Trotz der derzeit in der Markdorfer Tafel relativ stabilen Situation macht sich Günther Wieth dennoch Sorgen. Je nachdem, wohin die Bürgergeld-Debatte führt, in welchem Umfang die Grundsicherung künftig gewährt wird, könnte das zu wieder ansteigenden Kundenzahlen in der Tafel führen. Und die jüngsten Zahlen aus der die Tafel-Berechtigung bearbeitenden Diakonie sind alles andere als geeignet, die Sorgenfalten zu glätten.
Noch betrachtet Wieth die aktuellen Turbulenzen der Aktienmärkte infolge der US-amerikanischen Zoll-Politik als „reine Psychologie“. Mit negativen Folgen für die Wirtschaft rechnet er aber doch. „Ich kann auch gar nicht ausschließen, dass demnächst wieder mehr Flüchtlinge zu uns kommen“, erklärt der Tafelleiter.
Und in beiden Fällen – bei einem Konjunktureinbruch wie bei neuen Flucht-Szenarien – stoße die Markdorfer Tafel dann an ihre Kapazitätsgrenzen. „Uns fehlt einfach der Platz.“ Eine echte gute Nachricht mag Günther Wieth dann aber noch vermelden. „Unsere Suche nach neuen Mitarbeitern war erfolgreich – jetzt sind wir insgesamt 77 Personen, die die Hilfe im Ehrenamt leisten.“