Alleinstehende und einsame Menschen fühlen sich in der Zeit um Weihnachten oft besonders allein. Der Wunsch, Teil eines Weihnachtsidylls zu sein, verstellt oft die Sicht darauf, dass nicht jede Gemeinschaft so glitzert, wie es scheint.
Corona verschlimmert die Situation noch
Und die Corona-Pandemie verschärft diese Situation nun das zweite Jahr in Folge. „Wir erleben, dass soziale Vereinsamung noch stärker geworden ist, die Menschen leiden deutlich mehr“, weiß auch Tibor Nagy, evangelischer Pfarrer in Markdorf. Die Kollateralschäden würden größer, die Vereinsamung stärker und die Möglichkeiten, Gemeinsamkeit zu erleben noch schwieriger, sagt er.

Um dem ein wenig entgegenzuwirken, möchte das Mehrgenerationenhaus aller Corona-Widrigkeiten zum Trotz einen Nachmittag in Gemeinsamkeit anbieten. „Vorausgesetzt, die Corona-Lage verschärft sich nicht, wird es am Montag nach Weihnachten einen Spielenachmittag geben“, berichtet Jasmin Sedlatschek.
Ein Spielenachmittag im Mehrgenerationenhaus
Die junge Frau aus Sipplingen studiert Soziale Arbeit in Weingarten, macht ihr Praktikum im Mehrgenerationenhaus und plant diesen Nachmittag. „Zusammen mit einigen Achtklässlern, die mich unterstützen, werden wir Karten- und Brettspiele anbieten und es gibt Kaffee und Kuchen“, erzählt Sedlatschek. Aber die Leute dürften natürlich auch einfach nur da sein und reden. „Wir wollen die Türen öffnen, dass Menschen irgendwohin kommen und der Einsamkeit entfliehen können. Wenigstens für ein paar Stunden“, sagt die Studentin. Willkommen sei jeder.
Briefe gegen die Einsamkeit
Eine andere Form, der Einsamkeit zu entkommen, sind Briefe gegen die Einsamkeit. „Eigentlich gibt es diese Möglichkeit das ganze Jahr über“, erzählt Stefania Menga, Gemeindereferentin der katholischen Kirche, die diese Aktion betreut. Aber gerade vor einigen Tagen habe eine einzige Frau über 20 Briefe geschrieben. „Die verteile ich jetzt zu Weihnachten an bedürftige Menschen“, sagt Menga. Jeder, der möchte, könne Briefe schreiben, jeder, der sich einen Brief wünsche, dürfe sich bei ihr melden, erklärt Menga das Prinzip, und dies nicht nur zu Weihnachten.

Auf die Frage, was in solchen Briefen denn so geschrieben werde, kann Menga jede Menge Anekdoten erzählen. „Manche Menschen schreiben Gedichte, andere berichten Alltagsgeschichten und wieder andere erzählen sehr persönlich aus ihrem eigenen Leben“, weiß die Gemeindereferentin. Immer wieder sei es infolge solcher Briefwechsel dann auch zu echten Kontakten zwischen Schreibenden und Empfängern gekommen, manches Mal habe sich gar eine Freundschaft entwickelt. „Das sind dann echte Hoffnungsgeschichten“, sagt Menga.
Weihnachtstüten von der Markdorfer Tafel
Günther Wieth, Vorsitzender der Markdorfer Tafel, bedauert sehr, dass die Tafel kein Weihnachtsessen mehr anbieten kann. „Seit vor vier Jahren das Hotel Bischofschloss zugemacht hat, haben wir keinen Sponsor mehr“, berichtet er. Umso mehr freue er sich über die Spenden zweier Markdorfer Firmen und der neuapostolischen Kirche. „Es wurden ganz viele langlebige Lebensmittel wie Kaffee, Nudeln und Schokolade gespendet und Toiletten- und Hygieneartikel wie Shampoo, Deo, Zahnpasta.“ So habe er in der Adventszeit zwei Mal Weihnachtstüten an rund 90 Familien verteilen können, die regelmäßig donnerstags in die Tafel kämen.

„Wir hatten die Idee, die Menschen bei einem kleinen Essen zusammenzubringen, ein wenig Gemeinschaftserleben für Einzelne, aber jetzt liegt wieder alles auf Eis“, sagt Pfarrer Nagy. Gemeinsame Weihnachtsessen, wie es sie in der Vergangenheit immer wieder gab, seien in diesem Jahr aber kaum möglich.

Leider keine gemeinsamen Weihnachtsessen mehr
Strengere Regeln und nötige Kontrollen, fehlende Räumlichkeiten und Sponsoren seien nur einige Gründe, warum sowohl die Kirchen in Markdorf, die Markdorfer Tafel und auch der Sozialverband VdK ihre geplanten Weihnachtsessen abgesagt hätten, bestätigen auch Wieth von der Tafel und Regina Franz vom Sozialverband VdK-Ortsverband Markdorf.

„Unsere Mitglieder gehören fast ausschließlich der Risikogruppe an und ehrlich gesagt, war auch mir das Risiko, dass sich doch irgendwer anstecken könnte, zu groß“, erklärt Franz. Viele ihrer Mitglieder hätten ihr gegenüber signalisiert, dass sie selbst Angst hätten, sich anzustecken und deshalb lieber auf die Gemeinsamkeit verzichten würden. „Also versuchen wir weiterhin, vor allem übers Telefon den Kontakt zu unseren Mitgliedern zu halten und sie auf diese Weise vor und zu den Feiertagen zu betreuen“, sagt Franz.