Susanne Blaser, die Leiterin des Betreuten Wohnens im Markdorfer Seniorenzentrum St. Franziskus, hatte jüngst berichtet, dass sich gerade Ältere in diesen Tagen einsam fühlen. Die strengen Kontaktauflagen während des Corona-Lockdowns lassen die Besuchshäufigkeit zurückgehen. Und mit Blick auf die Feiertage wachse die Angst vor dem Alleinsein, sagt Blaser.
In Markdorf startete der Rotary-Club nun in Zusammenarbeit mit dem Mehrgenerationenhaus, dem Spitalfonds und der Sozialstation eine Geschenktaschen-Aktion, um Senioren das Signal zu geben: Sie werden nicht vergessen. Doch werden mit diesen Geschenken – bei allem guten Willen – längst nicht alle Älteren erreicht, die unter Einsamkeit leiden.
Es sind auch nicht nur Senioren, die mit ihrem Alleinsein über Weihnachten und während der anschließenden stillen Tage schlecht zurecht kommen. Studien besagen, dass jeder Zehnte etwa unter Einsamkeit leidet. Kinderlose Alleinstehende sind besonders betroffen – mit Folgen für die psychische Gesundheit.
Kaum Begegnungsmöglichkeiten an den Feiertagen
Kein Kirchen-Café nach dem Gottesdienst, heißt es aus den Pfarrbüros. Der Sozialverband VdK musste auf seine traditionelle Weihnachtsfeier verzichten, bedauert Regine Franz, die Vorsitzende des Markdorfer VdK-Ortsverbands. Ohne Weihnachtsessen müssen auch die Kunden der Markdorfer Tafel auskommen.

„Seit Bernd Reutemann sein Hotel im Bischofsschloss dicht gemacht hat, räumt er zu Weihnachten auch nicht mehr seine Kühlschränke für uns leer“, berichtet Tafel-Leiter Günther Wieth, der seine Tafel-Kunden in den Tagen vor dem Fest regelmäßig zu einem opulenten Mahl einladen konnte. Ausgefallen ist aber auch der Seniorennachmittag in der Stadthalle, den Kirchen und Stadt Jahr für Jahr ausrichten – jedoch nicht im Corona-Jahr 2020.
Wenn das Fest aufs Gemüt schlägt
„Für viele Menschen waren und sind diese Zeiten der sozialen Isolation schwer zu ertragen“ schaut Pfarrer Tibor Nagy auf die Pandemiemonate zurück. Und der Geistliche befürchtet, dass sich diese Bedrückung an den Weihnachtstagen noch steigern könnte. „Egal, ob einsame Senioren, Familien mit Geldsorgen oder Alleinerziehende, die mit Job und Schule gleichzeitig jonglieren müssen“, es treffe besonders psychisch Kranke und Menschen, die auf eine medizinische Behandlung warten, so Nagy. „Für diese Menschen wollen wir weiterhin offene Türen und Ohren haben.“

Ohne die sonst üblichen Begegnungsmöglichkeiten – auch für die Seelsorger – bleibe nur wenig, um Einsame zu erreichen. Nagy nennt Aktionen wie „Briefe gegen die Einsamkeit“, eine Karte des Besuchsdienstes „oder einfach die wiederholte Ermutigung, sich bei uns telefonisch für seelsorgerische Gespräche oder in Notlagen zu melden“. Die nämlich sei „unglaublich wichtig“, auch wenn sie nur einzelne Menschen erreiche.
Soziale Begegnung ist jedem möglich
Pfarrer Ulrich Hund berichtet von vermehrt an ihn herangetragenen Beichtwünschen. Im Übrigen setze er auch auf die Begegnung auf der Straße. Wenn „mit Abstand natürlich“, wie er sagt, ein paar Worte gewechselt werden können. Und: „Das müssen nicht unbedingt schwerwiegende Themen sein.“ Hunds evangelische Amtskollegin, Pfarrerin Kristina Wagner, erklärt, „dass wir von Gemeindegliedern die Rückmeldungen bekommen haben, dass das Kirchenkaffee nach dem Gottesdienst als Raum für Begegnung und Gelegenheit für kurze Gespräche auch mit seelsorgerlichem Charakter inzwischen doch sehr vermisst wird“.
Insgesamt, sagt Kristina Wagner, würde sie unterdessen immer öfter längere Gespräche am Telefon führen. Häufiger als sonst besucht die katholische Gemeindereferentin Stefania Menga in diesen Wochen die Kranken aus der Seelsorgeeinheit, spendet auch öfter die Krankenkommunion. Sehr bewährt, so Menga, hätte sich auch die Aktion „Gute Worte“. Zwischen den Säulen der St.-Nikolaus-Kirche hängt eine Leine, an die jedermann Texte für andere Menschen heften kann. Texte zum Selbstabholen oder zum Mitnehmen für Einsame.
Gespräch und Trost per Telefon
„Wir sind auch über die Feiertage telefonisch zu erreichen“, erklärt Stefania Menga. Und Pfarrer Hund schlägt vor, noch aufmerksamer als sonst darauf zu achten, ob in der Nachbarschaft sich jemand einsam fühlen könnte. Ein offenes Auge und ein offenes Ohr bewirkten mitunter sehr viel. Bei größeren Schwierigkeiten bleibe dann die Telefon-Seelsorge. Die sei rund um die Uhr besetzt.