Herr Mutschler und Herr Achilles, Ihre Resolution an den Kreistag wurde im Gemeinderat befürwortet. Was verstehen Sie konkret unter Ihrer Forderung, die Stadt Markdorf solle an allen weiteren Entscheidungen zur Südumfahrung und auch am Baubeschluss „gleichberechtigt beteiligt“ sein?

Eine Kreisstraße wird grundsätzlich vom Landkreis geplant, gebaut, finanziert und unterhalten. Markdorf hat sich – ohne Zustimmung des Gemeinderates – in einem Vertrag aus dem Jahre 2013 mit dem Landkreis verpflichtet, die Hälfte der Baukosten abzüglich der Zuschüsse des Landes zu übernehmen. Die Kosten liegen derzeit für die Stadt bei ca. 8,5 Millionen Euro. Wir sind der Ansicht, dass die Stadt Markdorf das Recht haben sollte, bei diesem Projekt gleichberechtigt mit zu entscheiden. Das sieht die bestehende vertragliche Vereinbarung aber nicht vor. Gleichberechtigt heißt für uns, dass die Umfahrung nicht gegen den Willen eines der Vertragspartner, also auch nicht gegen den Willen der Stadt Markdorf, gebaut wird.

Das sagen Landratsamt und Stadt

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Joachim Mutschler ist Sprecher der Umweltgruppe (UWG) im Markdorfer Gemeinderat. Die UWG hat gemeinsam mit der Fraktion der SPD die ...
Joachim Mutschler ist Sprecher der Umweltgruppe (UWG) im Markdorfer Gemeinderat. Die UWG hat gemeinsam mit der Fraktion der SPD die Resolution zur Südumfahrung verfasst. | Bild: sk

Das heißt, es würde Ihnen nicht reichen, wenn die Stadt nur angehört würde?

Wir wollen nicht nur angehört werden. Die Formulierung im Vertrag, dass der Landkreis die „Planung, Ausschreibung, Bauüberwachung (...) im Benehmen mit der Stadt“ durchführt, schließt nach unserem Verständnis bereits die Möglichkeit zu einer Stellungnahme ein und dass diese vom Kreis vor seiner Entscheidung zumindest zur Kenntnis genommen wird. Nach unserer Auffassung soll die Stadt Markdorf nicht nur gehört werden, sondern wirklich mitentscheiden dürfen.

Die Resolution

Wie stellen Sie sich das konkret vor? Die Südumfahrung ist als Kreisstraße geplant, der Kreistag ist also das zuständige Gremium.

An der Zuständigkeit des Kreistags zum Bau einer Kreisstraße haben wir keinen Zweifel. Im Text unserer Resolution haben wir keine Vorgabe gemacht, wie der Kreistag eine Mitentscheidung der Stadt umsetzen könnte. Denkbar wäre für uns beispielsweise, dass der Landkreis mit der Stadt den bestehenden Vertrag dahin ergänzt bzw. ändert, dass eine zustimmende Stellungnahme der Stadt Markdorf vor einem Baubeschluss vorliegen muss.

Uwe Achilles ist Sprecher der SPD-Fraktion im Markdorfer Gemeinderat. Die SPD und die UWG wollen den Kreistag dazu bewegen, der Stadt ...
Uwe Achilles ist Sprecher der SPD-Fraktion im Markdorfer Gemeinderat. Die SPD und die UWG wollen den Kreistag dazu bewegen, der Stadt Markdorf das Recht auf Mitentscheidung über den Bau der Südumfahrung einzuräumen. | Bild: SK

Trotzdem: Wie wollen Sie die rechtliche Befugnis für die Stadt erhalten? Haben Sie das bereits juristisch prüfen lassen?

Uns ist bewusst, dass ohne ein positives Votum des Kreistages eine Mitentscheidung durch die Stadt nicht möglich sein wird. Nachdem unsere Resolution mit deutlicher Mehrheit und der Stimme des Bürgermeisters im Gemeinderat angenommen wurde, hoffen wir auf einen entsprechenden Beschluss im Kreistag. Einen juristischen Weg haben wir nicht geprüft und hoffen auf eine einvernehmliche Lösung.

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Sie wollen also mit Ihrer Resolution und der angestrebten Mitentscheidung den Baubeschluss für die Südumfahrung verhindern?

Mit der Resolution allein kann die Südumfahrung nicht verhindert werden. Es geht in erster Linie darum, dass Markdorf nach 13 Jahren – 2008 hat sich der Gemeinderat letztmalig mit dem Thema befasst – angesichts enorm gestiegener Kosten und der deutlich veränderten Rahmenbedingungen die Möglichkeit bekommt, erneut darüber zu entscheiden. Es geht dann natürlich auch darum, ob die Umfahrung mit ihren weitreichenden Auswirkungen auf Markdorf und Umgebung gebaut werden soll oder nicht. Wir halten es nach wie vor für einen Fehler, diese Straße zu bauen. Wir sind der Auffassung, dass der damalige Mehrheitsbeschluss zum Straßenbau in der Gesamtabwägung von Nutzen und Kosten sowie Verantwortung gegenüber Mensch, Natur und Klimaschutz nicht mehr passt.

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Rechtlich hat die Stadt gemäß des Vertrages vom Sommer 2013 zwischen Markdorfs Ex-Bürgermeister Bernd Gerber und Landrat Lothar Wölfle keinen Anspruch auf Mitbestimmung. In dem Vertrag heißt es lediglich, dass der Landkreis das Projekt Südumfahrung „im Benehmen“ mit der Stadt umsetzt. Wie interpretieren Sie den Begriff „im Benehmen“?

„Im Benehmen“ bedeutet nach unserem Rechtsverständnis, dass die Stadt Markdorf bzw. der Gemeinderat lediglich eine Stellungnahme abgeben kann und der Kreistag diese vor einem etwaigen Baubeschluss zur Kenntnis nimmt. Wir wollen aber, dass die Stadt nicht nur eine Stellungnahme abgeben kann, sondern auch mitentscheiden darf. Insofern hoffen wir, dass der Kreistag im Sinne unserer Resolution entscheidet.

Welches sind für Sie nun die nächsten Schritte und wie muss der Kreistag nun konkret in Ihren Augen verfahren? Der Baubeschluss ist Stand jetzt für den Herbst 2021 vorgesehen, der Zeitraum mit einem halben Jahr also denkbar knapp.

Unser Wunsch ist, dass sich der Kreistag möglichst schon bei seiner übernächsten Sitzung am 18. Mai mit der Resolution aus Markdorf befasst und Markdorf ein gleichberechtigtes Mitentscheidungsrecht einräumt. Bei einem entsprechenden positiven Beschluss gehen wir davon aus, dass der Landkreis und die Stadt eine geeignete Vorgehensweise finden bzw. abstimmen.