Nicht alles sei optimal gelaufen, sagt Ralf Scharbach, Geschäftsführer des Spitalfonds Markdorf, mit Blick auf die politischen Entscheidungen seit Beginn der Corona-Pandemie vor mehr als eineinhalb Jahren. Inzwischen sieht er geradezu Gräben, die sich zwischen Geimpften und Nichtgeimpften auftun.

„Ich sehe aber auch, dass mit den bisherigen Mitteln der Weg raus aus der Pandemie nicht zu schaffen ist“, so Scharbach, der als Spitalfondschef auch das Alten- und Pflegeheim St. Franziskus in Markdorf führt. Grundsätzlich könne er die nun von der Politik beschlossene Einführung der Impfpflicht für Mitarbeiter in Pflegeberufen nachvollziehen, gehe es doch darum, insbesondere die vulnerablen Gruppen zu schützen.
„Manche haben einfach Angst vor der Impfung“
Lieber wäre Scharbach jedoch eine allgemeine Impfpflicht, statt nur einzelne Berufsgruppen in diese Pflicht zu nehmen. „Es ist schwierig abzuschätzen, wie Mitarbeiter damit umgehen werden“, sagt er. Konkret seien dies im Seniorenzentrum St. Franziskus weniger als eine Handvoll Mitarbeiter, mit denen man jetzt wohl ins Gespräch gehen müsse. Die überwiegende Mehrheit sei geimpft beziehungsweise bereits geboostert. „Und nicht alle, die sich nicht impfen lassen, sind Impfgegner. Sie haben ganz einfach Angst vor der Impfung“, weiß der Geschäftsführer.

Allerdings seien Mitarbeiter, die bisher noch Bedenken hatten, jetzt dabei, sich impfen zu lassen. „Grund für sie sind die aktuellen hohen Infektionszahlen. Nach einem Aufklärungsgespräch beim Arzt haben sie sich für die Impfung entschieden“, berichtet Scharbach. Wichtig ist ihm der Hinweis, dass alle Mitarbeiter des Spitalfonds ein sehr hohes Gefühl für die Sicherheitsvorkehrungen haben und Verantwortung zeigen würden. „Alle haben sich vorbildlich verhalten und waren sich immer der Gefahr bewusst.“
Stiftung Liebenau fordert Impfpflicht für alle
Die aktuelle Corona-Entwicklung mit exponentiell gestiegenen Infektionszahlen und knapp werdenden Intensivbetten beobachten auch die Verantwortlichen der Stiftung Liebenau mit großer Sorge. Schon seit längerem fordert die Stiftung Liebenau die Politik deshalb zu einem entschiedeneren Handeln auf, wozu in ihren Augen auch die Einführung einer Impfpflicht gehört. „Diese muss allerdings für alle Mitglieder der Gesellschaft gelten und nicht nur für spezielle Berufsgruppen“, heißt es dazu auf Anfrage aus der Vorstandsetage der Stiftung.

Impfpflicht
„Teams arbeiten verantwortlich, egal ob geimpft oder nicht geimpft“
Die Mitarbeitenden in den Einrichtungen der Stiftung Liebenau, zu denen auch die Häuser der Pflege in Wittenhofen im Deggenhausertal und in Oberteuringen gehören, seien sich der Verantwortung für die ihnen anvertrauten Menschen sehr bewusst, sagt Sven Krause, Mitarbeiter der Pflegegesellschaften der Stiftung Liebenau.

„Egal ob geimpft oder nicht geimpft, die Teams in unseren Häusern arbeiten verantwortlich, professionell und hoch engagiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner spüren aktuell kaum einen Unterschied in der Versorgung“, berichtet er. „Und auch mit der Impflicht werden wir alles dafür tun, dass die Bewohner unser Häuser keinerlei Nachteile verspüren.“
Furcht vor negativen Auswirkungen der berufsbezogenen Impfpflicht
Eine berufsbezogene Impfpflicht könnte sich allerdings negativ auswirken, wenn die Behörden die Beschäftigung von Nicht-Geimpften untersagen würden. „Es gibt in der Stiftung Liebenau schon Erfahrungen aus den Einrichtungen in Südtirol. Dort durften nach Einführung der Impfpflicht etwa fünf bis zehn Prozent der Mitarbeitenden nicht mehr beschäftigt werden. Angesichts des ohnehin bestehenden Fachkräftemangel keine guten Aussichten“, so die Einschätzung von Sven Krause.
Impfpflicht gilt nicht für häusliche Betreuungskräfte
Als Promedica-Berater ist Markus Ziegler aus Markdorf auf die Vermittlung von Rundum-Betreuungsdienstleistungen für Senioren in Privathaushalten spezialisiert. Zum Einsatz kommen bei dem Unternehmen Betreuungskräfte aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern.

Ziegler sieht die Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeberufen als Kompromiss im Gesundheitswesen. Aber auch ihm wäre die Impfpflicht für alle deutlich lieber. „Nichtsdestotrotz ist die Impfung ist ein Schutz für einen selbst, aber auch für die Schutzbefohlenen.“

Bereits jetzt sei es so, dass fast alle Familien nur geimpfte Betreuungskräfte für ihre Angehörigen wünschen, berichtet Ziegler über seine Erfahrungen. „Da die Impfbereitschaft in den osteuropäischen Ländern aber eher geringer ist als bei uns, haben wir bereits jetzt einen Engpass bei der Vermittlung“, stellt Ziegler fest. Von seinem Verband habe er jedoch Anfang der Woche die Mitteilung bekommen, dass die Impfpflicht ab März 2022 einrichtungsbezogen sei und nur für definierte Objekte wie Krankenhäuser oder Pflegeheime gelte. „Die Häuslichkeit unserer Kunden fällt nicht darunter“, informiert Ziegler über den aktuellen Stand der politischen Entscheidungen.