Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben arbeitet derzeit anlässlich seiner Planungsoffensive zum Ausbau von Windkraft und Solar an einem Teilregionalplan Energie. Dies im Auftrag der Landesregierung, die beschlossen hat, dass in jeder Region des Landes zwei Prozent der Flächen für den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik auszuweisen sind.

Daran erinnerte Eva Glöggler, Sachbearbeiterin für das Klimaschutzmanagement im Markdorfer Rathaus, im Gemeinderat. Auf der Tagesordnung stand die zweite Offenlage des Teilregionalplans Energie. Der Regionalverband hatte seinen ersten Entwurf im Frühjahr 2024 öffentlich gemacht, damit Gemeinden und Institutionen, aber auch Bürger dazu Stellung nehmen konnten.

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Regionalplaner reagieren auf Einwände aus Markdorf

Was die Stadt Markdorf dann auch im April 2024 getan hatte. Sie brachte sowohl gegen die beiden vom Regionalverband vorgeschlagenen Vorbehaltsgebiete für Freiflächen-Photovoltaikanlagen als auch gegen das vorgeschlagene Vorranggebiet für Windenergieanlagen auf dem Gehrenberg ihre Bedenken vor.

Genauere Untersuchungen zur Bodenbeschaffenheit am Gehrenberg werden erst zu einem späteren Zeitpunkt unternommen. Die bisherigen ...
Genauere Untersuchungen zur Bodenbeschaffenheit am Gehrenberg werden erst zu einem späteren Zeitpunkt unternommen. Die bisherigen Annahmen stützen sich nur auf allgemeine Daten. Dieses Foto ist ein Archivbild vom Sommer 2024. | Bild: Jörg Büsche

Die Planer haben diesen Bedenken offenbar Rechnung getragen haben. Denn ihr nun vorgelegter zweiter Planentwurf hat die am Gehrenberg ausgewiesene Windkraftfläche um ein Drittel auf jetzt nur noch 96 Hektar reduziert. „Die steileren Hanglagen und die rutschungsgefährdeten Böden werden in der neuen Abgrenzung stärker berücksichtigt“, heißt es in der Stellungnahme des Regionalverbands zu den Einwendungen aus Markdorf. Ebenfalls verringert wurden die für die Freiflächen-Photovoltaik ausgewiesenen Bereiche. Eine Fläche bei Wangen fiel völlig heraus und die Flächen bei Ittendorf und im Süden Markdorfs schrumpften.

Stadträte folgen der Verwaltung nicht

Vor diesem Hintergrund wollte die Verwaltung jetzt keine weitere Stellungnahme in der seit April laufenden zweiten Beteiligungsrunde mehr abgeben. Zumal sich die Stadt ohnehin bloß noch auf solche Inhalte beziehen darf, die sich gegenüber dem ersten Offenlageentwurf verändert haben. Die Beratungsunterlage für die Räte schlug deshalb lediglich eine Kenntnisnahme vor.

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Doch dabei blieb es nicht. Stattdessen geht jetzt beim Ravensburger Regionalverbandsbüro ein Brief der Stadt mit einer neuerlichen Anregung ein: Die geologischen Gegebenheiten am Gehrenberg, insbesondere die Gefahr von Hangrutschungen, seien im weiteren Planungsprozess „angemessen zu berücksichtigen“.

Alleingang im Rathaus? Brief sorgt für Diskussionen

In der Sitzung hatte dieses neue Schreiben zuvor für Turbulenzen unter den Fraktionen gesorgt. Dass es den Räten vom Rathaus bereits fertig formuliert vorgelegt wurde, hatte Uwe Achilles, Fraktionssprecher von SPD und Grünen, verwundert. Ebenso wie der Umstand, dass der Brief auf einen Antrag von FDP und Freien Wählern (FW) zurückging, der erst kurz vor Sitzungsbeginn vorlag, aber nicht mit dem sonst üblichen längeren Vorlauf.

Ein Hangabriss am Gehrenberg, direkt nach dem Starkregen im Juni 2024. Freie Wähler und FDP pochten auf eine neue Stellungnahme der ...
Ein Hangabriss am Gehrenberg, direkt nach dem Starkregen im Juni 2024. Freie Wähler und FDP pochten auf eine neue Stellungnahme der Stadt, die die Erosionsgefahr vor dem Hintergrund der Unwetterereignisse betont. | Bild: Jörg Büsche

Bürgermeister Riedmann: War ein Missverständnis

„Mich hat das sehr befremdet“, wandte sich Achilles an FW-Chef Dietmar Bitzenhofer. Vor diesen stellte sich dann aber Bürgermeister Georg Riedmann. Die missliche Situation habe er selbst verursacht, erklärte er. FDP und Freie Wähler wollten ursprünglich eine Vertagung beantragen, damit der Rat über eine zweite Stellungnahme der Stadt beraten und abstimmen könne. Davon ausgehend, dass die mit dem Antrag verbundene Stellungnahme „glatter durchgeht“ und breite Akzeptanz finde, habe er noch am Sitzungstag im Bauamt die Argumente des Antrags zur städtischen Position ausformulieren lassen, sagte Riedmann.

„Uns geht es nicht um Windkraft ja oder nein, uns geht es um die Lage am Gehrenberg, ganz ohne alle Ideologie“, sagte FW-Chef Dietmar ...
„Uns geht es nicht um Windkraft ja oder nein, uns geht es um die Lage am Gehrenberg, ganz ohne alle Ideologie“, sagte FW-Chef Dietmar Bitzenhofer. | Bild: Jörg Büsche

Starkregen-Rutsche am Gehrenberg als Warnsignal

Die Argumentation von FDP und Freien Wählern stellte anschließend Dietmar Bitzenhofer vor. „Uns geht es nicht um ‚Windkraft ja oder nein‘, uns geht es um die Lage am Gehrenberg, ganz ohne alle Ideologie.“ Nach den Unwettern im Juni 2024 habe das Regierungspräsidium selbst von einer Katastrophe dort gesprochen. Mit Blick auf die massiven Hangrutschungen nach den Regenfällen sei die Erosionsgefahr am Gehrenberghang als ein neuer Inhalt zu betrachten, der bei der ersten Offenlage noch nicht bekannt war. Ähnlich drückte es Rolf Haas (FDP) aus: „Wir wollen nur unsere Befürchtungen aussprechen und niemandem Sand in die Augen streuen.“

Ebenfalls ein Foto vom Juni 2024: Hier haben die Wassermassen des Starkregens ein ganzes Wegstück fortgerissen. Stadtförster Jörn Burger ...
Ebenfalls ein Foto vom Juni 2024: Hier haben die Wassermassen des Starkregens ein ganzes Wegstück fortgerissen. Stadtförster Jörn Burger (im Foto) war seinerzeit tagelang am Gehrenberg unterwegs, um die Schäden zu dokumentieren. | Bild: Jörg Büsche

CDU-Chefin Kerstin Mock hielt diese Argumentation für nachvollziehbar: „Wir stimmen einer zweiten Stellungnahme zu.“ Sie ergänzte: „Unsere Begeisterung für Windräder hält sich in engen Grenzen“, doch die Vorgaben des Landes seien klar.

„Wir schauen ganz schön dumm aus der Wäsche, wenn Stuttgart die Super-Privilegierung durchsetzt“, warnte UWG-Rat Martin Roth.
„Wir schauen ganz schön dumm aus der Wäsche, wenn Stuttgart die Super-Privilegierung durchsetzt“, warnte UWG-Rat Martin Roth. | Bild: UWG

„Wir schauen ganz schön dumm aus der Wäsche“, warnte in diesem Zusammenhang Martin Roth von der Umweltgruppe, „wenn Stuttgart die Super-Privilegierung durchsetzt“ und Windräder ohne Beteiligung der Kommunen überall dort errichtet werden dürfen, wo sie genehmigungsfähig seien. FW und FDP sei es um etwas Anderes gegangen, antwortete Bitzenhofer: „Stellung nehmen, weil uns das guttut und im öffentlichen Interesse ist“ – und weil man damit den „Blick auf die Gefahren am Gehrenberg“ richte.