Geahnt haben wir es schon immer, nun beweist es uns kein Geringerer als Donald Duck: Die Menschen am Bodensee haben einen besonders engen Bezug zu ihrer Heimat. Den Ansturm auf die Nummer 15 des alle zwei Wochen erscheinenden Micky-Maus-Heftes, die ab dem 5. Juli in den Zeitschriftenregalen lag, war – und ist – riesig. Auf dem Titel prangt die alte Meersburg und die Schlagzeile verspricht ein spannendes Abenteuer der weltberühmten Ente: „Top-Comic: In geheimer Mission am Bodensee“.

„Die Nachfrage war im Bodenseeraum deutlich überdurchschnittlich, was uns in dieser Dimension nicht nur gefreut, sondern auch überrascht hat“, sagt Jörg Risken auf SÜDKURIER-Anfrage. Er ist „Publishing Director Magazines“ in der Geschäftsleitung des Comic-Verlages Egmont Ehapa Media.

Jörg Risken ist in der Geschäftsleitung der Egmont Ehapa Media unter anderem verantwortlich für das Micky-Maus-Heft.
Jörg Risken ist in der Geschäftsleitung der Egmont Ehapa Media unter anderem verantwortlich für das Micky-Maus-Heft. | Bild: Nadine Stenzel

Kioskbetreiber besorgen Hefte über die Familie

Im Kiosk in der Meersburger Unterstadt, den die Familie Dreher seit über 70 Jahren betreibt, hatte man so was noch nicht erlebt: Der Comic war sofort ausverkauft. „Sogar das Personal von den Bodenseeschiffen hat bei uns nachgefragt, ob wir noch welche hätten“, beschreibt Lukas „Luki“ Dreher. „Das ist ein Wahnsinnsding!“ Und da hätten sein Vater Maximilian und er sich überlegt, wie sie noch möglichst viele Hefte herbekommen könnten.

So aktivierten sie familiäre Verbindungen, auch die Familie von Lukis Freundin wurde eingespannt. Bis Norddeutschland verbreiteten sie ihre Parole: „Kauft diese Micky-Maus-Hefte und schickt sie uns runter!“ Große Stückzahlen kommen da allerdings nicht zusammen. „Momentan habe ich zehn und von der Familiy meiner Freundin bekomme ich nochmal zehn – und dann kriege ich noch ein paar, vielleicht so 25 bis 28 Stück.“

Wovon der Erfolg regionalisierter Storys abhängt

Wenn Donald Duck und sein Vetter Dussel in Meersburg und am Bodensee hinter der raffinierten Hexe Gundel Gaukeley herjagen, ist das nicht die erste regionalisierte Story in der Micky Maus. Damit begonnen, reale Orte in die Comicgeschichten einzubeziehen, habe der Verlag „vor einigen Jahren“, beschreibt Jörg Risken. Dabei hänge der Erfolg immer sehr stark davon ab, wie stark sich die Bewohner einer Region mit ihrer Heimat beziehungsweise ihrem Wohnort identifizierten. „Im Bodenseeraum ist das absolut der Fall.“

Donald und Dussel Duck rasen in der motorisierten Gummiente über den Bodensee.
Donald und Dussel Duck rasen in der motorisierten Gummiente über den Bodensee. | Bild: Disney/Egmont Ehapa Media

Auch Österreicher und Schweizer sind scharf auf das Heft

Micky Maus Heft 15 mit der Story, die am Ende auch noch nach Vorarlberg in die Burg Hohenbregenz führt, liegt laut Egmont Ehapa im bundesweiten Trend „im guten oberen Mittel“. Die starke Nachfrage im unmittelbaren Bodenseeraum sei indes nicht nur bei den Händlern in Deutschland, sondern auch in Österreich und in der Schweiz zu verzeichnen gewesen.

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Entscheidung über Regionalisierung fällt im Redaktionsteam

„In den vergangenen Jahren haben wir eine oder zwei solcher Highlight-Geschichten mit regionalem Bezug pro Jahr umgesetzt.“ Die Entscheidung, die Handlung aus der imaginären Welt Entenhausens in die reale Welt zu versetzen, falle im Berliner Redaktionsteam „zumeist im Rahmen einer längerfristigen Jahresplanung“, erläutert der Verlagsdirektor. An der Bodenseestory war ein aus der Region stammender Micky-Maus-Redakteur beteiligt, wie schon unmittelbar nach Veröffentlichung des Heftes bekannt wurde.

Johannes Kanty stammt aus Hohentengen im Kreis Sigmaringen. Er wird auf der ersten Seite des Comics als Story-Verantwortlicher genannt. Als im Verlag die Entscheidung für den Bodensee diskutiert wurde, sei er sofort Feuer und Flamme gewesen. Er habe sofort gerufen: „Super! Unbedingt! Ich suche noch ein paar Bilder raus“, zitiert ihn der Südwestrundfunk.

Sogar die Brücke in die alte Meersburg mit dem Wasserrad ist in der Story zu sehen.
Sogar die Brücke in die alte Meersburg mit dem Wasserrad ist in der Story zu sehen. | Bild: Disney/Egmont Ehapa Media

Für den 32-jährigen Luki, der Micky Maus und SÜDKURIER im Meersburger Unterstadtkiosk verkauft, ist es der richtige Weg, „öfter mal echte Orte reinzubringen“. Er glaube, das sei für die Generation jetzt spannender. „Früher hatte man mehr Fantasie, heute ist das gut, wenn man die Stadt kennt.“ Ihn würden auch andere reale Szenarien interessieren: „Wenn Donald jetzt in Hamburg unterwegs wäre, würde ich mir auch so ein Heft kaufen.“

So sieht sie aus, die Titelseite des Micky-Maus-Heftes Nummer 15 mit der alten Meersburg.
So sieht sie aus, die Titelseite des Micky-Maus-Heftes Nummer 15 mit der alten Meersburg. | Bild: Egmont Ehapa Media GmbH

Wenn Meersburgs Bürgermeister Robert Scherer und die Touristiker der Region sich über die Werbewirkung freuen, wird das von den konkreten Zahlen gestützt, die deutlich höher liegen als jene allgemeinen, die Scherer im Internet entdeckt hatte. Die Micky-Maus-Ausgabe mit dem Bodensee-Comic wurde laut Risken in einer Auflage von 120.000 Exemplaren gedruckt. Die durchschnittliche Reichweite einer Micky Maus-Ausgabe liegt laut dem repräsentativen „Kinder Medien Monitor“ 2023 bei 446.000 Leserinnen und Lesern im Alter von sechs bis 13 Jahren. „Auf Basis eigener Erhebungen gehen wir davon aus, dass wir eine Gesamtreichweite von 900.000 bis 1 Million Leserinnen und Lesern über alle Altersgruppen hinweg haben.“

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Auf Schwedisch ist Kalle Anka am Bodensjön unterwegs

Donald Duck wirbt auch als Anders And in Dänemark oder als Kalle Anka in Schweden für den Bodensjön – wie der Bodensee auf Schwedisch heißt. „Die Story erscheint etwa gleichzeitig bei unseren Egmont Partnerverlagen in Dänemark, Schweden und Norwegen sowie in Finnland“, erläutert Risken. In Skandinavien liege die Druckauflage bei etwa 250.000 Exemplaren.

Und die Story könnte noch weitere Kreise durchs Disney-Imperium ziehen. „In der Regel werden die von uns produzierten Comics dann auch zeitversetzt von anderen Partnerverlagen veröffentlicht, insbesondere in den Niederlanden und in Frankreich“, erläutert Risken. Konkretes sei ihm zum Bodensee-Comic aber bislang nicht bekannt. Denn dieser Prozess werde über das globale Büro in Kopenhagen koordiniert.