Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen – das gilt aktuell auch für die Gemeinde Meersburg. Denn seit kurzem gilt dort eine Haushaltssperre. Bürgermeister Robert Scherer hatte sie während der Sommerpause per Eilentscheidung verhängt, der Grund waren fehlende Einnahmen. Bei der Gemeinderatssitzung am 10. September soll das Thema öffentlich beraten werden.
Zu den Hintergründen äußerte sich Bürgermeister Robert Scherer auf SÜDKURIER-Anfrage nicht, sondern verweis auf die nun veröffentlichten Sitzungsunterlagen. Darin lässt sich nachlesen, wie diese Lücke im Haushalt zustande kommt. Demnach fehlen Einnahmen von mehr als 8 Millionen Euro. Diese bestehen aus nicht eingegangen Zuschüssen für die Schulbauförderung (rund 3 Millionen Euro), für fehlende Gelder für die Baumaßnahme am Lehrenweg (etwa 1 Million Euro) und ausbleibenden Erlösen aus dem Verkauf des Hämmerle-Areals (4,8 Millionen Euro).
Das sind die Hintergründe
In den Sitzungsunterlagen sind die Hintergründe näher erläutert:
- Bei der Schulbauförderung seien die förderungsbedürftigen Maßnahmen bewilligt, heißt es. „Zur Auszahlung des Zuschusses ist eine Abnahmebegehung durch das Schulamt notwendig. Diese konnte seitens des Schulamtes bisher noch nicht umgesetzt werden.“
- Zu den Zuschüssen für die Baumaßnahmen am Lehrenweg heißt es, dass diese noch geprüft werden. Ein beauftragtes Baubüro prüfe zudem noch Details. Außerdem sei noch ein Gemeinderatsbeschluss zum Bauprogramm notwendig.
- Zum Hämmerel-Areal heißt es: „Der jetzige Stand der Verhandlungen lässt noch keinen zeitnahen notariellen Abschluss und Bezahlung des Kaufpreises erkennen.“ Zur Änderung der Finanzierung sei für die kommende Sitzung der Erlass eines Nachtragshaushaltes geplant.
Neben diesen Punkten müssten unter anderem noch Zahlungen wegen Verlusten beim Freibad beglichen sowie Kosten für laufende Baumaßnahmen abgerechnet werden. Die Haushaltssperre gelte, „solange die Entwicklung der Erträge und Einzahlungen oder Aufwendungen und Auszahlungen es erfordert“, so der Wortlaut.
Kontostand im August: Minus 2 Millionen Euro
Wie es in den Sitzungsunterlagen heißt, hätten die Girokonten der Gemeinde Meersburg Mitte August einen Kontostand von minus 2,35 Millionen Euro gezeigt. Die Gesamtliquidität sei jedoch gesichert. Zum Jahresende werde eine gesetzlich verpflichtende Mindestliquidität notwendig. Diese liege für Meersburg bei 378.000 Euro, so die Unterlagen.
Die Entwicklung im Ergebnishaushalt verliefe dagegen planmäßig. Man rechne sogar mit „überplanmäßigen“ Gewerbesteuereinnahmen und stabilen Einnahmen durch die Eigenbetriebe. „Bis dahin ist es jedoch unumgänglich, im Kernhaushalt auf eine restriktive Haushaltspolitik zu wechseln und nur noch finanzielle Leistungen zu tätigen, zu denen die Stadt rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind“, heißt es.
„Haben uns selbst reinmanövriert“
Eine Umfrage unter den Gemeinderäten zeigt ein gemischtes Bild. Boris Mattes, SPD-Fraktionsvorsitzender, scheint wenig überrascht. Er wolle nicht altklug wirken, doch habe er diese Entwicklung kommen sehen. In diese Situation haben „wir uns selbst reinmanövriert“, sagt er. „Ich habe davor gewarnt und dafür geworben, einen Kredit zur Überbrückung aufzunehmen.“ Dennoch ist er optimistisch, die Situation lösen können: „Deshalb gehen die Lichter in Meersburg nicht aus.“
Kaum überrascht zeigen sich auch die Vertreter der Unabhängigen Meersburger Bürgerorganisation (Umbo): „Wenn geplante Einnahmen fehlen oder noch nicht bezahlt wurden, muss früher oder später damit gerechnet werden“, sagt Gemeinderätin Magdalena Malin im Namen ihrer Fraktion. Sie verweist darauf, dass man bereits in einer Stellungnahme zum Haushalt 2024 auf die Thematik hingewiesen habe. Darin hieß es: „Sollte das so nicht klappen bzw. sich noch weiter verzögern, werden wir uns spätestens im Sommer hier zu einer Sondersitzung treffen, um einen Nachtragshaushalt zu beraten.“ Nun sollte man die „finanzielle Disziplin“ wahren und eine stabile Haushaltspolitik betreiben. Den Teufel mal die Umbo-Fraktion aber nicht an die Wand: „Auch diese neue Herausforderung werden wir meistern“, heißt es abschließend.
Sebastian Schmäh, erster stellvertretender Bürgermeister und CDU-Fraktionsvorsitzender, gibt zu: „Ein kurzer Schreckmoment war da.“ Für die Bürger sei die Haushaltssperre möglicherweise ein schlechtes Signal. Mit Verweis auf die ausstehenden Gelder des Landes müsse man verstehen, „dass die Mühlen manchmal langsam mahlen“. Die Haushaltssituation sei zwar herausfordernd, man sollte nun aber Ruhe bewahren.
Markus Waibel äußerte sich stellvertretend für die Freie Wählervereinigung auf SÜDKURIER-Anfrage nicht zur Haushaltssperre.