Nach 36 Jahren hört Peter Schmidt (CDU) mit der Arbeit im Gemeinderat auf. Einen besonderen Grund, mitten in der Amtsperiode aufzuhören, braucht er nach fast vier Jahrzehnten nicht. Wer mehr als zehn Jahre ehrenamtlich tätig war, darf laut Gemeindeordnung gehen. „Es ist Zeit für mehr junge Leute im Rat“, sagt Schmidt.
Schmidt, der sich schon immer für die Stadtgeschichte interessierte und engagierte, wurde vom damaligen Bürgermeister Rudolf Landwehr anlässlich der 1000 Jahrfeier der Stadt gefragt, warum er sich nicht für den Gemeinderat bewerbe. Die Tätigkeit im Rat habe ihn gereizt und so habe er sich 1989 zur Wahl gestellt. „Und wenn man erstmal in der Rolle drin ist, dann ist es sehr interessant“, sagt Schmidt schmunzelnd.
Großer Zeitaufwand für die Ratsarbeit
Er habe in den Jahren von Anfang an aus den unterschiedlichen Bereichen viel mitgenommen und gelernt, für später und auch für sich selber. „Der Zeitaufwand war schon heftig“, meint er rückblickend. In der Anfangszeit habe er als gelernter Kaufmann nebenbei drei Geschäfte in Radolfzell, Überlingen und Meersburg geführt. Zudem habe er parallel rund 400 Stadtführungen geleitet und 24 Jahre lang als „Fridolin“ auf der Bühne des bunten Schnabelgiere Allerlei gestanden.
„Die Bekanntheit als Fridolin hat mir anfangs auch im Gremium geholfen“, erzählt Schmidt. Denn als frischer Gemeinderat sei es schwierig, wenn einen keiner kenne. Den neuen Räten muss am Anfang erst alles gezeigt und erklärt werden. Man müsse sie an die Hand nehmen, befindet das Urgestein. Bis man mit der Ratsarbeit so richtig vertraut sei, vergehe schon ein gutes Jahr.

Im Laufe der Zeit habe sich die Gremiumsarbeit verändert, sagt Schmidt. „Früher haben wir bei wichtigen Dingen vorher mit den verschiedenen Parteien geredet.“ Das sei inzwischen weggefallen. Und früher habe man sich als Gruppe gegen die Verwaltung durchgesetzt. „Wir sind zu brav geworden“, ärgert er sich ein bisschen und er vermisse mehr Gemeinschaft. Den rauen Umgangston von damals vermisse er hingegen nicht. Auch wenn es heute ab und zu mal hitzig und lauter werde, die Schreierei von früheren Ratskollegen fand er nach eigenen Angaben immer furchtbar.
Affinität zu Meersburg und seinen Geschichten
Die schönsten Momente in seiner Amtszeit waren zumeist die Gelegenheiten, zu denen er als Bürgermeisterstellvertreter zu runden Geburtstagen gratulieren durfte, berichtet Schmidt. „Klar tut es gut, wenn man Gutes tun kann“, sagt er, aber er habe dabei viele Lebensgeschichten gehört. Gerade von alten Meersburgern – von Menschen, die sich für die Stadt eingebracht haben. „Die Stadt hat viele Geschichten, aber ich bin da auch sehr affin“, gibt er grinsend zu. Dass mit Julia Naeßl-Doms nun erstmals eine Frau Bürgermeisterstellvertreterin wird, findet er gut. „Sie hat einen feinen Charme und kann gut mit Menschen umgehen“, ist er überzeugt.
Bürgermeisterkandidatur niemals bereut
In seiner Zeit hatte er es mit fünf Bürgermeistern zu tun. 2009 stellte er sich selber für dieses Amt zur Wahl, unterlag aber knapp Martin Brütsch. Er habe sich damals gedacht: „Wenn ich was machen will, dann muss ich jetzt beginnen.“ So habe er etwas tun wollen, was ihm und anderen nutze. Er habe den Entschluss zu kandieren niemals bereut. „Es war eine hochinteressante Zeit“, sagt er rückblickend. „Ich habe einige Menschen ganz anders kennengelernt“, erzählt der 63-Jährige. Viele hätten ihn unterstützt und er sei am Wahlabend „wahnsinnig aufgeregt“ gewesen. „Es hat mich beruhigt, dass ich gut abgeschnitten habe.“
Schmidt hatte im ersten Wahlgang die meisten Stimmen, im zweiten Wahlgang 122 Stimmen weniger als Brütsch. Hätte er nur ein paar wenige Stimmen bekommen, wäre er weggezogen, sagt er heute. Doch da der gebürtige Meersburger die Stadt nie verlassen hat, klingt das unwahrscheinlich. „Hätte ich eine Ausbildung in Hamburg machen müssen, wäre ich gestorben“, witzelt er an anderer Stelle des Gesprächs. So groß ist Schmidts Liebe zu seiner Heimatstadt.
Für seine im Gemeinderat verbleibenden Kollegen wünscht er sich, dass die Sitzungen am Abend spätestens um 22 Uhr enden. Vor Kurzem sei eine nicht-öffentliche Sitzung erst um 2 Uhr morgens geendet und fast alle mussten am nächsten Morgen wieder zur Arbeit. Das gehe so nicht, findet er. An die Bürger gerichtet appelliert er, dass sie zu bestimmten Themen auch mal in die Sitzungen kommen sollten und nicht nur hinterher über Entscheidungen schimpfen. Dazu könnten sie das Element der Bürgerfragestunde nutzen. „Näher und besser geht es nicht.“

Über den Abschied in seiner letzten Sitzung habe er sich gefreut. Obwohl er ausdrücklich darum gebeten hatte, die Verabschiedung kurzzuhalten, hatte Fraktionskollege Sebastian Schmäh ein Gedicht geschrieben und Boris Mattes (SPD) sich im Namen des gesamten Gemeinderats für die leidenschaftlichen, aber nie unfairen Diskussionen bedankt. Bürgermeister Robert Scherer dankte auch Schmidts Frau Anita mit Blumen. Als Abschiedsgeschenk wünschte sich Schmidt eine Parkbank, die bereits mit Namen des Stifters auf dem Weg nach Riedetsweiler steht.