Im Gebäude der Stephan-Brodmann-Schule in Immenstaad führen die Grundschüler und eine ausgelagerte Klasse der Schule am See in Friedrichshafen-Fischbach seit mehr als zehn Jahren eine Art Parallelleben. Die Begegnungsmöglichkeiten zwischen den Schülern werden derzeit aber immer mehr ausgebaut.
„Meine Kolleginnen haben die Tür aufgestoßen, schon bevor ich zum Kollegium gehört habe“, schildert Stefanie Lamparski, Klassenlehrerin der ausgelagerten Klasse. „Und jetzt schieben wir sie immer ein Stückchen weiter auf.“ Ein Zirkusprojekt im März war ihr zufolge ein großer Schritt von „wir sind hier“ zu „wir gehören dazu“.
Bei einer ausgelagerten Klasse handelt es sich um keine Inklusionsklasse – letztlich findet hier einfach parallel Unterricht im selben Gebäude statt. Doch mehr und mehr entsteht aus der bloßen Anwesenheit der Schüler der Fischbacher Schule etwas Inklusiveres, erzählt die Lehrerin.
„Katharina Grieshaber, eine Lehrerin der Stephan-Brodmann-Schule, hat vor ein paar Jahren ein Musikprojekt gestartet“, schildert Lamparski. Bei diesem Projekt musizierten die Schüler der ausgelagerten Klasse gemeinsam mit einer vierten Klasse der Grundschule. „Weil das Gebäude nicht barrierefrei ist, muss das immer im Erdgeschoss stattfinden“, benennt die Lehrerin eine konkrete Hürde im Schulalltag.
Schöner wäre es natürlich, wenn sich die Kinder auch mal gegenseitig besuchen könnten oder sich generell die Schüler der Schule am See alle frei im gesamten Gebäude bewegen könnten; auch zum Beispiel mit Rollstuhl oder einer Gehhilfe. „Da entstehen dann ganz natürlich mehr Begegnungen, auch einfach auf dem Flur“, so Lamparski. Einziger Begegnungsort, an dem derzeit spontan Schüler zusammenkommen könnten, sei der Pausenhof.
„Man sieht es auf dem Pausenhof“
Und dann war da das gemeinsame Zirkusprojekt im März, bei dem die Schüler der ausgelagerten Klasse ebenso dabei waren wie die Immenstaader Grundschüler. „Ich musste mir die Aufnahme der Aufführung ganz genau angucken, um unsere Schüler zu erkennen, weil sie da ganz normal wie alle anderen mitgemacht haben“, sagt Lamparski. Und die Wirkung der gemeinsamen Projektarbeit hält auch einige Wochen danach noch an: „Man sieht es auf dem Pausenhof, dass die Kinder sich jetzt mit Namen ansprechen, weil sie beim Zirkus in derselben Gruppe waren.“ Da finde jetzt deutlich mehr Austausch statt.
Auch sonst habe sie durchweg positive Rückmeldungen bekommen. Bei einer allgemeinen Umfrage unter den Schülern, die beim Projekt dabei waren, habe eine Zweitklässlerin sogar etwas zur Zusammenarbeit geschrieben: „Sie schrieb, dass es toll war, dass auch Schüler der Schule am See dabei waren.“ Das habe sie sehr gefreut, erzählt die Lehrerin.
Mehr gemeinsame Projekte und Barrierefreiheit
In Zukunft hofft sie auf mehr gemeinsame Projekte, bei denen auch ihre Schüler dabei sein können – ohne Extragruppe und ohne große Sonderbehandlung: „Natürlich muss in Sachen Barrierefreiheit auf Schüler im Rollstuhl geachtet werden.“

Eines sei auch schon sicher: Grieshabers Musik-Kooperation wird weitergehen, auch wenn die aktuellen Viertklässler auf eine weiterführende Schule wechseln. Es wird eine neue Klasse geben. „Darauf freuen wir uns schon“, sagt Lamparski. Solche gemeinsamen Projekte seien für beide Seiten ein Gewinn: „Es stärkt das Sozialverhalten aller beteiligten Kinder.“
Das sagt der Immenstaader Schulleiter
Burkhard Zapkau ist Rektor der Stephan-Brodmann-Schule in Immenstaad.
Herr Zapkau, was sagen Sie zu einer barrierefreien Schule?
Zapkau: Die Kooperation mit der Schule am See besteht über zehn Jahre. Das hat sich im Laufe der Zeit zu einer immer engeren Zusammenarbeit entwickelt. Bei den Umbauplänen sind sie natürlich auch involviert. Danach soll die Schule komplett barrierefrei sein, die ausgelagerte Klasse in den ersten Stock ziehen. Die heutige Schularchitektur schreibt Barrierefreiheit vor, da muss niemand mehr nachfragen, das sollte selbstverständlich sein. Dann ist auch Inklusion möglich, mehr als eine ausgelagerte Klasse.
Woran scheitert es dann in Immenstaad?
Zapkau: Es hängt an der Finanzierung, da ist das Land involviert. Wir für unseren Teil haben mit der Raumkonzeption unsere Hausaufgaben längst gemacht.
Das hört sich an, als brauche es da Geduld.
Zapkau (lacht): Das ist aber vorsichtig formuliert. Als ich 2017 hier angefangen habe, hat mir Jürgen Beisswenger, der Vorgänger unseres aktuellen Bürgermeisters, gesagt, das neue Schulgebäude stehe in zwei Jahren.