Es ist beachtlich, was die Stettheimer Narren in fünf Jahrzehnten alles auf die Beine gestellt haben. Bei einem Fototermin mit Jubiläumsplakat ist das eine oder andere Zunftratsmitglied selbst überrascht. Die Rede ist von zahlreichen Aktionen, die größtenteils bis heute das Dorfleben der kleinen Seegemeinde prägen. So zum Beispiel das Maibaumstellen, Flohmärkte oder das Aufführen der Sage vom Haslemann zu Fasnachtsbeginn. Auch heute noch wird das Werk um einen diebischen Besenbinder aufgeführt.

Die alte Sage um den Besenbinder

Von aufgebrachten Stettener Bauern wird er gestellt und dazu verdammt, im Haslacher Wald herumzugeistern. Zu jeder schaurig schönen Aufführung wird das Hasle Maale von den Waldgeistern zu seinem Gespensterleben erweckt.

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Weil die früheren Aufführungen akustisch nicht einwandfrei beim Publikum ankamen, wandten sich die damaligen Narren 1984 an den Häfler Optiker Werner Heine. In dessen privatem Tonstudio in der Burg Gießen hätten sie Musik und Stimmen fachmännisch aufgenommen. „Drei Zigarren habe ich vorab geraucht, um meine zu der Zeit junge Stimme tiefer klingen zu lassen“, erinnert sich der langjährige Zunftmeister und heutige Ehrenzunftmeister Rolf Weißenrieder lachend. Noch weiter als zum Burgstandort in Kressbronn ging die Reise, um der Waldgeistergruppe ihr heutiges Gesicht zu geben.

Die Holzmaske war eine Kompromisslösung

Trugen die Geister in Waldgrün zunächst Pappmaschee-Masken, bekamen sie nach mehreren Besuchen im Schwarzwald bei Holzbildhauermeister Heinz Faller schließlich handgeschnitzte aus Holz. „Es ist eine schöne Maske geworden -freundlich und teuflisch zugleich“, sagt Vizezunftmeister Alexander Cerny im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Was wenige wissen: Die Holzmaske war eigentlich eine Kompromisslösung. Weil Mitglied Günther Hierling unbedingt eine Hexengruppe nach Immenstaader Modell haben wollte, sei ihm der Vorstand mit der Holzmaske entgegengekommen, erinnert sich Weißenrieder.

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Waldgeister gab es schon vor der offiziellen Gründung

Bis in die Gegenwart besteht die Narrengemeinschaft aus besagten Waldgeistern, dem Zunftrat und der Gilde, den Bauern, der Einzelfigur Hasle Maale sowie den Narreneltern und der Narrenpolizistin. Die Gruppe der Waldgeister war sogar schon vor der offiziellen Gründung der Narrengemeinschaft da. „Wie unsere Mütter haben wir Jungs uns auch ein Motto zur Fasnet ausgedacht“, erzählt Weißenrieder von den Anfängen der Gruppe. Die Geister in Grün seien so gut angekommen, dass sie blieben.

Narren engagieren sich im und für das Dorf

Um die Originalsage vom Haslemann bei Stetten einzusehen, sei der Gründer der Narrengesellschaft, Fritz Förster, bis in die Klosterbibliothek nach St. Gallen gefahren. Bei der eigentlichen Gründungsversammlung am 3. Februar 1974 in der Gaststube „Grüner Baum“ meldeten sich dann laut Chronik spontan 57 Mitglieder an. Seither haben die Narren viel bewegt.

20 Jahre lang, bis 1992, organisierten sie ein Narrenfußballturnier auf Großfeld, an dem jährlich bis zu 26 Mannschaften teilnahmen. Zur 1250-Jahrfeier Stettens initiierten Weißenrieder und seine närrische Gemeinschaft einen Mittelaltermarkt. Drei Jahre später stellten sie zusammen mit dem Verein Seehaufen erstmals den später überregional bekannten mittelalterlichen Weihnachtsmarkt auf die Beine.

Obwohl der erste Markt verregnet war, hätten sie sich nachts entschieden, die Holzhütten für weitere Märkte aufzuheben, wie Zunftmeister Markus Greinwald sich entsinnt. Zehn Mittelaltermärkte später folgte der seit Jahren beliebte Dämmerflohmarkt im Herbst. Nach dem Umzug auf das Bauhofgelände wurde zusammen mit Feuerwehr und Bauhof ein Fest nach dem Motto „Wir drei an der Landstraße“ veranstaltet.

Beim Schmotzigen Dunschdig 1953 feierten die Stettener Mäschgerle noch ohne Zunft.
Beim Schmotzigen Dunschdig 1953 feierten die Stettener Mäschgerle noch ohne Zunft. | Bild: Narrengemeinschaft Hasle Maale

Närrisch-freundschaftliche Kontakte pflegt die Narrengemeinschaft seit Mitte der 80er-Jahre zu ihrer Patenzunft Schemmerhofen. Sogar Ehen gingen daraus hervor: Weißenrieder lernte seine erste Frau in Schemmerhofen kennen. Die Stettenerin Tilly Kaplan fand ebenfalls ihr Eheglück dort. Weil die Patennarren keinen Narrenbaum kannten, machten sich Weißenrieder plus Zimmermannsgilde nebst Narrenbaum per Tieflader und Bus auf in den Landkreis Biberach. „Wir waren immer sehr rege“, resümiert der Ehrenzunftmeister nicht ohne Stolz.