Die Stadt Meersburg will dem wachsenden Wohnungsmangel entgegentreten: mit einem Bündel an „baulandpolitischen Grundsätzen“ sowie einer Satzung, die die Zahl an Zweitwohnungen möglichst verringern soll. Der Gemeinderat stimmte dem Paket geschlossen zu.

Keine neuen Ferienwohnungen mehr

Ferienwohnungen sollen unter bestimmten Bedingungen weiterhin ermöglicht werden. Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen will die Stadt aber Ferien- und Zweitwohnungen grundsätzlich ausschließen. Wenn neue Wohnbauflächen entstehen, dann soll – bei Vorhaben mit über 300 Quadratmetern Geschossfläche – auf 30 Prozent der Geschossfläche geförderter Wohnungsbau mit einer Bindungsdauer von mindestens 25 Jahren entstehen. Außerdem behält sich die Stadt ein Belegungs- und Benennungsrecht vor: je zehn neu ermöglichter Wohneinheiten „im Umfang von einer Mietwohnung im geförderter Wohnungsbau“.

Bürgermeister Robert Scherer und Tourismuschefin Iris Müller (Archivbild) sind stolz auf die schöne Meersburger Altstadt. Doch die Stadt ...
Bürgermeister Robert Scherer und Tourismuschefin Iris Müller (Archivbild) sind stolz auf die schöne Meersburger Altstadt. Doch die Stadt leidet, wie viele Seegemeinden, unter dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum, dem sie mit ihren neuen baupolitischen Grundsätzen entgegentreten will. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Soziale Kriterien beim Verkauf städtischer Grundstücke

Die jetzt verabschiedeten Grundsätze regeln auch den Verkauf von städtischen Grundstücken, den Abschluss städtebaulicher Verträge, den Umgang mit Bauanträgen und die Ausübung von Vorkaufsrechten. So will die Stadt von Letzteren künftig vermehrt Gebrauch machen. Das Vorkaufsrecht kann abgewendet werden, wenn sich ein – anderer – Käufer verpflichtet, auf dem Grundstück binnen drei Jahren ein Bauvorhaben zu verwirklichen, das den Baurechten und den Vorgaben der Stadt entspricht. Beim Verkauf städtischer Grundstücke sollen soziale Kriterien und die Interessen der örtlichen Bevölkerung berücksichtigt werden („Einheimischenmodell“).

Einstimmigkeit nach mutmaßlich heißer Diskussion im Hintergrund

Hinter verschlossenen Türen muss es lange und intensive Diskussionen gegeben haben, wie Bemerkungen in der öffentlichen Sitzung zu entnehmen war, in der das Gremium dem komplexen Paket ohne große Diskussion und in ungewohnter Einmütigkeit zustimmte. Doch davor hatte es immer wieder heftige Debatten gegeben: über bezahlbaren Wohnraum, die Ausweisung von Bauland und regelmäßig über die Grundsatzfrage, wie viele Ferien- und Zweitwohnungen die 6000 Einwohner zählende Stadt zum einen braucht, zum anderen verkraftet.

Städtische Flächen sind knapp. Dennoch schuf Meersburg im Gebiet „Allmendweg-Erweiterung“ acht Bauplätze für einheimische ...
Städtische Flächen sind knapp. Dennoch schuf Meersburg im Gebiet „Allmendweg-Erweiterung“ acht Bauplätze für einheimische Familien. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Zu viel oder zu wenig Tourismus in Meersburg?

Kritikern, die ein Zuviel beklagten, standen immer auch Stimmen gegenüber, die betonten, dass Meersburg vom Fremdenverkehr lebe und Ferienwohnungen benötige, zumal die Zahl der Hotelbetten in den vergangenen Jahren rückläufig sei. So meinte Magdalena Malin (Umbo) nun, es sei wichtig, dass man jetzt den Schwarzen Peter nicht generell den Ferienwohnungen zugeschoben habe. „Wir sind eine Tourismusgemeinde und wollen hochwertigen Tourismus.“ Es sei gut, dass man zwischen Zweit- und Ferienwohnungen differenziert habe.

Nichts gegen Ferienwohnungen im Grundsatz

Reinhard Sparwasser, Freiburger Jura-Professor und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, hat die Stadt Meersburg und den Gemeinderat bei der Erstellung der Grundsätze beraten. Er unterstrich, ebenso wie zuvor Bürgermeister Robert Scherer: „Es geht nicht darum, Ferienwohnungen insgesamt zu entfernen“, sondern hochwertige, neue zu schaffen. Und so würden alte Ferienwohnungen vielleicht auch wieder in erschwingliche Dauerwohnungen umgewandelt, so Sparwasser.

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Diesen Trend könne man teilweise jetzt schon beobachten, meinte Martin Brugger (CDU). Boris Mattes (SPD) betonte: „Es geht nicht ums Verschwinden. Aber es soll nicht jedes Loch zur Ferienwohnung werden. Wir wollen Rollladensiedlungen verhindern und unsere Infrastruktur mit Leben füllen. Die Einwohner interessiert das.“

Bürgermeister Robert Scherer meinte zu den jetzt verabschiedeten Grundsätze, über deren Durchführung die Verwaltung den Rat jährlich unterrichten will: „Es wird eine Aufgabe und eine Herausforderung für uns alle hier. Aber wir sind bereit.“

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Sparwasser, der für seine Beratung Beifall erhielt, betonte, die Entscheidungen habe der Rat getroffen, der auch für das „Finetuning“ verantwortlich sei. Das jetzt beschlossene Papier sei eine „sehr differenzierte Regelung“. Man habe es nicht einfach aus Stuttgart oder Berlin abgekupfert, unterstrich der Experte.

Was tun bei Widerstand in der Bevölkerung?

Abstand nimmt die Stadt derzeit noch von restriktiven Maßnahmen gegenüber privaten Besitzern, die dem Ziel dienen sollen, die städtebauliche Entwicklung zu fördern. So hält die Stadt Baugebote gegenwärtig für nicht erforderlich. Auch will man momentan nur beobachten, wie sich die Gesetzeslage weiter entwickelt, nach der künftig die Ausweisung von Bauland nicht mehr am Widerstand einzelner Eigentümer scheitern kann. Das könne „bis hin zur Enteignung“ gehen, wie Reinhard Sparwasser betont.