Samu Haber, Sie kommen am 28. Juni nach Meersburg. Kennen Sie den Bodensee?
Haber: Oh ja, es ist eine wunderschöne Gegend. Ich war schon einige Male in Bregenz und in Lindau und natürlich auch schon mal in Konstanz.
Meersburg liegt gegenüber von Konstanz und Sie werden direkt vor dem Schloss spielen.
Haber: Wirklich? Das ist ja herrlich. Ich mag die vielen tollen Orte dort.
Auf was dürfen sich die Besucher freuen?
Haber: Das ist jetzt wirklich keine Raketenwissenschaft: Es wird ein gemeinsamer wunderschöner Abend werden und das mit jeder Menge Rock ‚n‘ Roll. Ich freue mich auf eine tolle Sommernacht.
Auf Ihrem Tourplan ist zu sehen, dass Sie nach dem Konzert in Meersburg ein paar Tage nicht auf der Bühne stehen werden. Das würde sich doch anbieten, am Bodensee ein paar Tage Urlaub zu machen, oder?
Haber: Das ist eine gute Idee, aber wir bräuchten dann schon einen Guide, da wir uns nicht so auskennen (lacht). Da könnten wir uns dann ein Boot mieten und im wunderschönen klaren Wasser im Bodensee schwimmen.
Natürlich werden Sie die Lieder des aktuellen Solo-Albums „Me Free My Way“ spielen. Werden aber auch die großen Hits von Sunrise Avenue dabei sein?
Haber: Auf jeden Fall. Ich habe im vergangenen Herbst eine Clubtour gespielt, als ich das Album herausgebracht habe. Da standen natürlich auch diese Lieder im Fokus. Dieses Mal werde ich aber auf jeden Fall auch die großen Hits der Vergangenheit spielen.
Stimmt es, dass Sie die Musik von Jon Bon Jovi dazu bewogen hat, selbst Musik zu machen?
Haber: Das ist richtig. Ich war, glaube ich, acht Jahre alt und ging zu einem Freund. Dort lief im Fernsehen die „Chart Show“. Dort spielte Bon Jovi das Lied „You give love a bad name“. Ich weiß noch, wie ich wie gefesselt vor dem Fernseher stand und sagte: ‚Das will ich auch machen‘.
Sie sind vor allem in Deutschland sehr erfolgreich. Können Sie sich das erklären?
Haber: Ich habe keine Ahnung. Da müssen Sie die Deutschen fragen (lacht). Vielleicht liegt es daran, dass ich dort so viel Zeit wie in keinem anderen Land außerhalb Finnlands verbracht habe. Als ich mit Sunrise Avenue begonnen habe, hatten ich die Wahl für unseren Start zwischen Deutschland, Frankreich und Italien. Ich habe mich für Deutschland entschieden, weil ich Köln so mag.
Stimmt es, dass Sie bei mehr als 100 Verlagen vorgesprochen haben, bevor Sie Ihren ersten Plattenvertrag hatten, und ein Freund sein Haus verkaufte, damit Sie Ihr erstes Album aufnehmen konnten?
Haber: Das stimmt. Es waren exakt 102 Verlage. Und es ist wahr, dass ein Freund sein Haus verkaufte, um die Rechnungen für die Studios bezahlen. Es war ein langer Kampf, der aber auch sehr viel Spaß gemacht hat.

Hat Ihr Freund sein Geld wieder bekommen?
Haber: Nein, ich habe das Geld für mich behalten (lacht). Nein, ernsthaft, das hat er natürlich! Mehr als das. Er ist so etwas wie eine Beteiligung an Sunrise Avenue bekommen.
Einem noch breiteren Publikum sind Sie bekannt worden, als Sie 2013 als Coach in der Castingshow „The Voice of Germany“ eingestiegen sind. Wie kam es damals dazu?
Haber: Ich habe keine Ahnung, warum man mich damals gefragt hat – zumal ich kein einziges Wort Deutsch gesprochen habe. Ich denke, sie wollten nach zwei Staffeln neue Coaches. Da riefen sie meinen Manager an und er mich. Es war anfangs natürlich extrem schwer für mich. Heute aber bin ich so dankbar dafür und fühle mich geehrt und bin stolz, ein Teil dieser großartigen Jury zu sein. Es ist einfach super cool. Vielleicht haben sie damals einen billigen Gastarbeiter gesucht (lacht).
Für die Fans kam es 2019 doch ziemlich überraschend, dass Sie Sunrise Avenue aufgelöst haben. Was war der Grund?
Haber: Ich denke, es war einfach an der Zeit. Die Chemie in der Gruppe stimmte nicht mehr. Es war nicht mehr wie zu Beginn, als die Band zusammenkam. Es hat sich am Ende nicht mehr richtig angefühlt. Wir haben versucht weiterzumachen, doch die Stimmung passte nicht mehr. Dann ist es eben besser, es zu lassen.
Das hört sich nach einer einfachen Entscheidung an?
Haber: Das war es überhaupt nicht. Im Gegenteil: Es war unglaublich hart. Ich weiß nicht, wie viele hundert Kilometer ich in Helsinki und auch in Bregenz gelaufen bin, um die Situation zu verstehen. Am Ende fühlte es sich eben richtig an, diese Entscheidung zu treffen.
Im selben Jahr wurden Sie Pate für die Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, zu der auch die Peter-Thumb-Schule in Hilzingen gehört. Sie waren aber noch nie da, oder?
Haber: Leider nicht. Ich weiß noch, wie die Aktion startete und einiges geplant war, doch dann kam die Pandemie und alles wurde auf Eis gelegt. Deshalb gab es bis heute keine Besuche der Schulen.
Dann würde sich ein Urlaub am Bodensee nach dem Konzert doppelt anbieten, denn Hilzingen ist nur 50 Kilometer von Meersburg entfernt.
Haber: Dann müssen wir mal schauen, was unser Zeitplan hergibt. Ich würde die Schule sehr gern mal besuchen.
Vergangenes Jahr sind Sie ganz offen damit umgegangen, dass Sie in Therapie sind, und haben es als Ihr bestes Investment in sich selbst bezeichnet. Wann und wie haben Sie erkannt, dass das notwendig ist?
Haber: Das war sicher ein Prozess. Ich bin ein emotionaler und sensibler Mensch. Ich habe immer versucht, mit mir selbst und ohne Hilfe klarzukommen und meine Schwächen und Probleme zu verstecken. Wenn du erfolgreich bist, dann kannst du dich nicht mit schnellen Autos, Flugzeugen und Partys behandeln. Als ich an den Punkt kam, dass ich merkte, dass mir eine neue Uhr oder eine neue Gitarre nichts mehr gab, habe ich mich dazu entschlossen, einer Therapie eine Chance zu geben.
Wie haben Sie sich damals gefühlt?
Haber: Ich habe mich wirklich sehr niedergeschlagen und allein gefühlt. Und ich war enttäuscht von mir selbst, weil ich ja erfolgreich war, mich aber dennoch nicht gut fühlte.
Glauben Sie, dass das Showbusiness dieses Gefühl verstärkt hat?
Haber: Das weiß ich nicht. Ich denke, es wäre auch passiert, wenn ich Politiker oder Geschäftsmann geworden wäre. Das hat sicher auch mit dem Älterwerden zu tun. Wenn man jung ist, dann denkt man nicht über solche Dinge nach. Man lügt sich selbst an und flüchtet sich in irgendwelche Dinge. Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem man merkt, dass man monatelang nicht mehr gut geschlafen hat und depressiv ist.
Haben Sie einen Weg aus dieser Situation gefunden?
Haber: Ich habe nun fast sechs Jahre Therapie mit fünf verschiedenen Therapeuten hinter mir. Und ich bin so glücklich, dass ich diesen Weg gegangen bin, obwohl ich wirklich große Angst davor hatte. Es hat mir aber so unglaublich geholfen, mich zu verstehen und zu akzeptieren, wie ich bin. Ich kann diesen Schritt nur jedem empfehlen.
Was hat sich in Ihrem Alltag seit der Therapie verändert?
Haber: Ich denke, ich bin ein bisschen mehr bei mir selbst. Ich verbringe etwas mehr Zeit allein. Ich suche mir die Leute mittlerweile sehr gut aus, mit denen ich Zeit verbringe. Und ich sage nein zu vielen Dingen, was nicht immer einfach ist, weil man von mir so viel erwartet. Ich sage aber zu fast allem nein, außer zur Musik. Für mich macht dies mein Leben aber ein bisschen einfacher.
Wie bereiten Sie sich auf das Konzert in Meersburg vor, haben Sie eine Routine?
Haber: Das kommt darauf an, wie und wann wir nach Meersburg kommen. Normalerweise mache ich vor dem Soundcheck ein bisschen Sport, wie Boxen oder Yoga. Nach dem Soundcheck etwas essen und ein bisschen schlafen bis etwa 18 Uhr. Dann bereite ich mich auf den Auftritt vor und gehe mit einem offenen Herzen auf die Bühne.