Meersburg Seit dem Lesebeginn im vorjährigen Herbst ist das neue Keltereigebäude des Winzervereins Meersburg im volllaufenden Betrieb. In dem hochmodernen mit neuester Technik ausgerüstetem Neubau in der Oberstadt können in diversen Tanks bis zu insgesamt eine Million Liter Wein ausgebaut werden. Produziert werden dabei Rot-, Weiß- und Roséweine aus den verschiedensten Rebsorten.
„Schon bei der Traubenannahme kann der Kellermeister per Tastendruck entscheiden, in welche Presse und Fässer der Traubensaft anschließend geleitet werden soll“, erklärt Martin Frank, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft. In der „Kommandozentrale“ – der mit Traktoren und Hängern gut anfahrbaren Traubenannahmestelle – werden die Trauben gewogen und vermessen, die Programmierung legt dann ihren weiteren Weg fest. „So können wir noch genauer, präziser und differenzierter arbeiten“, beschreibt Frank die Vorgänge. „Das Ziel der Modernisierung, eine schonende Traubenverarbeitung zu ermöglichen, wurde erreicht.“
Von der Annahmestelle aus gelangen die Trauben in die vier Pressen. Drei der Pressen sind fest installiert, die vierte und kleinste, etwa 1000 Liter fassende Korbpresse ist mobil. „Diese ermöglicht kleine Chargen exquisit auszubauen“, erläutert der Geschäftsführer. Ein Pressvorgang in der auch Handpresse genannten Presse dauere etwa acht Stunden. Die großen, bis zu 8000 Liter fassenden fest montierten Pressen brauchen nur etwa zwei Stunden. Vorstandsvorsitzender Georg Dreher ergänzt: „Die Korbpresse ist eines der ältesten Systeme.“ Sie sei sozusagen die „Ur-Presse“. In der modernen Kellerhalle steht dabei aber kein altes Teil mit Holzaufbau, sondern eine mit modernster Technik ausgerüstete Edelstahlpresse. Sollten zukünftige Erweiterungsoptimierungen notwendig sein, wurde Platz für eine weitere Presse mit eingeplant. „Durch die Klimaveränderungen wird das Lesefenster verkürzt, die Arbeit wird kompakter und wir brauchen eine höhere Schlagkraft.“ Früher konnte die Kelterei gar nicht so schnell arbeiten, wie die Winzer anliefern konnten. In der neuen Kelterei gibt es keine Mengenbegrenzung bei gleichzeitig schonendem Umgang mit den
wertvollen Trauben.
Für die Rotweine wurden die Kapazitäten der Gärtanks erweitert. In sechs großen Tanks kann die Maische vergären. Fruchtzuckerabbau, Farb- und Alkoholgewinnung können reguliert werden. „Unser Kellermeister Valentin Wagner ist sehr experimentell aufgestellt“, lobt Frank. Mal leicht beschwingt, mal elegant fruchtig, mal spritzig oder geschmeidig – seine Handschrift schmeckt man und das vielfach ausgezeichnet.
An seiner Schaltzentrale kann der Kellermeister jeden Tank einzeln ansteuern. Vorsitzender Georg Dreher erklärt dazu, dass zielgerichtet jedem Tank eine andere Note gegeben werden kann. Im Gegensatz zu Großkellereien, welche Supermärkte beliefern und dadurch große Mengen in gleicher Qualität liefern müssen, könne die Winzergenossenschaft verschiedenste Geschmäcker bedienen. So könne jeder Tank auch separat angezapft und umgefüllt werden.
Die neue Abfüllanlage funktioniert ebenfalls vollautomatisch. Während früher in der alten Kellerhalle in der Unterstadt noch etwa fünf Personen notwendig waren, können nun ein bis zwei Mitarbeiter die Anlage bedienen. Von der Flaschenaufnahme bis zur Folierung der fertigen Paletten werden dank modernster Technik nur wenig Handgriffe benötigt. „Das ist eine große Entlastung für uns“, freut sich Dreher, denn die Abfüllung laufe nicht kontinuierlich über das ganze Jahr.
Neben den großen Edelstahltanks wird vorwiegend Rotwein, aber auch weiterhin in Holzfässern für den sogenannten Barrique-Ausbau gelagert. Für diese edlen Tropfen wurde extra ein abgetrenntes Lager geschaffen. Dort, wo auch die drei Jubiläumsfässer des Winzervereins stehen, wird es demnächst Weinproben für angemeldete Gruppen geben. „Es sind zukünftig auch regelmäßig öffentliche Kellerführungen für jedermann geplant“, erklärt Martin Frank. Einen offenen Weinverkauf für Laufkundschaft bietet das Betriebsgebäude nicht an. „Unsere Weine sind wie bisher im Wein- und Kulturzentrum am Kreisverkehr und im Kellereiverkauf in der Unterstadt erhältlich.“ Die unteren Räume im alten Keltereigebäude in der Unterstadt bleiben im Eigentum des Vereins, doch ein Umbau sei noch Zukunftsmusik, so Frank.
Die Winzerfamilie feiert ihren Neubau
Meersburg Die 30 Winzerbetriebe des Winzervereins laden zur offiziellen Eröffnung Freunde und Interessierte am Sonntag, 18. Mai, zum Tag der offenen Tür ein. „Von 10 bis 16 Uhr bieten wir spannende Blicke hinter die Kulissen, anregende Winzer-Gespräche und Verkostungen unserer feinen Meersburger Weine“, verspricht Martin Frank, Geschäftsführer des Meersburger Winzervereins. Bodenseeweinprinzessin Lena Frank, Bürgermeister Robert Scherer und Georg Dreher, Vorstandsvorsitzender des Winzervereins, begrüßen um 11 Uhr die Gäste. Der anschließende Winzer-Frühschoppen wird von der Stadtkapelle Meersburg begleitet, die Freiwillige Feuerwehr lädt zum Mittagstisch. Nachmittags werden die Gäste von den Winzer-Familien mit selbstgemachten Kuchen verwöhnt. Das Wein- und Kulturzentrum in der Kronenstraße 19 bietet an diesem Tag neben Parkplätzen einen rabattierten Wein-Sonderverkauf. Beim Weintreff am See in der Unterstadt spielt ab 15 Uhr die „Seán Treacy Band“.
Vor dem sonntäglichem Familienfest startet am Freitag, 16. Mai, ab 18 Uhr die Jungwinzer-Party, zu der DJ Peter S. auflegen wird. „Es wird fetzig, aber keine Technoparty“, verrät Frank. Je nach Publikum wird es House-Music und Hits aus den 1980er/1990er Jahren geben. Für das leibliche Wohl wird unter anderem mit Käsewürfeln oder Burgern gesorgt. Bier wird nicht ausgeschenkt, aber verschiedenste Weincocktails. Jungwinzer Andreas Mohr war bei der Auswahl dabei und selber erstaunt, „welch große Auswahl an Möglichkeiten“ es nur auf Weinbasis gäbe. Babara Felder, zuständig für Vertrieb und Außendienst, erklärt zur Jungwinzer-Party, dass es sich dabei um eine Auftaktveranstaltung handelt. „Wir wollen den Keller auch in Zukunft für solche Veranstaltungen öffnen.“
Geschäftsführer Frank ergänzt: „Wir wollen ein offenes Haus sein und Wein erlebbar machen. Dafür soll es wie gehabt regelmäßig Führungen geben, ebenso angedacht sind beispielsweise offene Winzer-Treffs.“ Gerne möchte der Winzerverein auch vermehrt Einblicke in die Wein-Kelterei und das dortige Handwerk gewähren. Georg Dreher betont: „Meersburg, der Winzerverein und unsere feinen Meersburger Weine gehören seit 1884 untrennbar zusammen.“ Seinerzeit wurde der Meersburger Winzerverein als zweitältester in ganz Baden gegründet. Heute sind es 30 Winzerfamilien, die seit Generationen im Weinbau tätig sind und ihre Trauben auf rund 65 Hektar in besten Meersburger Höhenlagen anbauen. Erstmals wird an dem Wochenende auch der Prinzessinnenwein der diesjährigen Bodenseeweinprinzessin ausgeschenkt.