Sanft, ruhig, elegant, geduldig – das sind Eigenschaften, die dem Hasen unter anderem zugeschrieben werden, Eigenschaften, über die aber offenbar auch Sabine Bergmann, Konditormeisterin, Schokoladen-Sommelière und Diplom-Ingeneurin für Lebensmitteltechnologie, in reichem Maße verfügen muss, fertigt sie doch Osterhasen in Handarbeit, „handgeschöpft“, wie es in der Handwerkssprache heißt.
Denn „die Liebe zum Handwerk ist unabdingar“, betont die Konditorin, weil viele Einzelschritte notwendig sind, bis ein Osterhase fertig im Verkaufsregal steht. Während die angelieferte Schokoladen-Rohmasse schonend eingeschmolzen wird, werden in den Hasen-Ausgussformen mit feinsten Haarpinseln Augen, Ohren, Nase, eventuell der Stummelschwanz mit verschiedenfarbigen Schoko-Massen ausmodelliert. „Schminken nennen wir das“, sagt Sabine Bergmann, das alles ist erkennbar sorgfältige und geduldige Handarbeit, „und deshalb wird schon bei diesen ersten Fertigungsschritten deutlich, dass es sich bei jedem Hasen um ein Individuum handelt.“
Und in der Tat: Mal schaut Meister Lampe aus Schokolade verschmitzt, mal verträumt, dann wieder neckisch, listig oder auch unternehmungslustig. Nach dem Verfestigen der „Schminke“ wird die flüssige Schokolade in die aufgeklappten geschminkten Hasenformen gegossen, diese werden verschlossen, aufrecht hingestellt und ein großer Teil der flüssigen Schokolade wird wieder ausgegossen, sodass eine dünnwandige Figur entstehen kann.
Nach dem Erkalten ist wieder handwerkliche Erfahrung gefragt, um den richtigen Zeitpunkt für das Öffnen, beziehungsweise die richtige Konsistenz, zu finden. Der Hase soll weder in sich zusammenfallen, noch zerbrechen.
Produktionsbeginn frühestens nach der Fasnet
Anders als die industriell hergestellten Osterhasen, die schon Ende Januar in ihren Stanniol-Uniformen in den Regalen der Supermärkte stehen, beginnt die Owinger Schokoladen-Sommelière mit ihrer Produktion „prinzipiell immer erst nach Fasnet“, wobei die Hauptarbeit in den letzten vier Wochen vor Ostern anfalle.
Dabei machen die Rohstoffpreise speziell in diesem Jahr Sorge: Missernten bei der Kakaobohne hätten die Preise explodieren lassen – um 50 bis teilweise 80 Prozent seien sie für die Schokoladen- Rohmasse gestiegen. „Aber Qualität bleibt im Gedächtnis, wenn der Preis schon längst vergessen ist“, zeigt sich Sabine Bergmann selbstbewusst und zufrieden. Beim diesjährigen ‚German Chocolate Award‘ der Deutschen Backakademie in Weinheim wurden ihre Pralinen-Kreationen zweimal mit Gold und viermal mit Silber ausgezeichnet.

Dabei kann sich die Konditormeisterin in gewisser Weise für ihr Wirken zu Ostern auf kulturgeschichtlich gesichertem Fundament bewegen. Denn wissenschaftliche Erwähnung fand der Osterhase – wen wundert es wirklich? – erstmals natürlich in den Grenzen des heutigen Baden-Württemberg.
1682 wurde der Frankfurter Arzt Johannes Richter in Heidelberg bei dem angesehenen Medizinprofessor Georg Franck von Franckenau mit seiner Dissertation „De ovis pauschalibus – von Oster-Eyern“ promoviert. Hier wurde der Brauch analysiert, einem angeblichen Hasen die Aufgabe zuzuweisen, zu Ostern Eier als Symbol der Auferstehung in Gesträuch und Gebüsch zu verstecken, zum Vergnügen der Kinder wie der Erwachsenen gleichermaßen.
Beim Verlassen der Owinger Osterhasen-Geburtsstation schlagen die Augen, um im Hasen-Jargon zu sprechen, unvermittelt einen Haken: Da stehen sie in leuchtendem Rot – Zuckerhasen in allen Größen. Auch sie werden hier mit der gleichen handwerklichen Akribie und Akkuratesse hergestellt wie ihre Schoko-Kollegen. Kindheitserinnerungen werden wach und die vage Vermutung flackert auf, dass der Osterhase möglicherweise aus Owingen stammt.