Der Vorgang ist bemerkenswert. „Es ist Zeit", sagte Salems Bürgermeister Manfred Härle, "dass die Bevölkerung mitbekommt, wie über Nachfragen nach Gewerbegrundstücken diskutiert wird“. Mit anderen Worten: Ihm stinkt's, wie hinter verschlossenen Türen bislang über Anfragen von potenziell neuen Arbeitgebern diskutiert wurde. Die Öffentlichkeit herzustellen, bedeutet so viel wie, dass sich Härle öffentlichen Druck wünscht, der auf die Gemeinderäte ausgeübt werden möge.
Bravo, der Bürgermeister hat verstanden, wie Demokratie funktioniert. Aber warum ging er diesen Schritt nicht schon viel früher? Als die Debatte in seinem Sinn verlief, war die kuschelige Atmosphäre von Ratsdebatten hinter verschlossenen Türen offenbar gerechtfertigt.
Nun aber zeigt die neue Offenheit, welchen Spielraum ein Bürgermeister hat. Die Herstellung der Öffentlichkeit ist laut Kommunalverfassung im Grundsatz zwingend, und nur in begründeten Ausnahmefällen ist die Bevölkerung von der Debatte auszuschließen. Rückblickend kommt Härles neue Öffentlichkeitsarbeit dem Eingeständnis gleich, dass bislang zu oft im Verborgenen diskutiert wurde. Doch befand er sich da mit vielen seiner Bürgermeisterkollegen in guter Gesellschaft. Schön, wenn er nun eine Kehrtwende einlegt.
Weiterer Spielraum bleibt
Natürlich hat Härle Recht, wenn er darauf verweist, dass der Regionalplan noch lange nicht das Papier darstellt, auf dem Industrie oder Gewerbe im Ort ungebremst Einzug halten können. Es wird auch künftig die Aufgabe des Gemeinderates sein, hier Regeln festzulegen und im Zweifel ganz abzulehnen.
Jetzt aber werden die Pflöcke eingerammt und das Gebiet abgesteckt, in dem künftig theoretisch eine weitere Versiegelung der Landschaft möglich ist. Welcher Zeitpunkt wäre geeigneter als der Wahlkampf für den neuen Gemeinderat, um den Wählern ein echtes Angebot zu schaffen? Noch versuchen manche Fraktionen und Parteien, zwischen den Lagern zu lavieren. Angesichts des vom Bürgermeister gewünschten öffentlichen Drucks wird es für sie so langsam Zeit, Farbe zu bekennen.